Kommunalverbändezurück

(GZ-15/16-2024 - 1. August)
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► Modernes Bauen:

 

Auswege aus der Krise im Wohnungsbau

Gemeinsame Veranstaltung von Bayerischem Städtetag und BBIV

 

Die aktuellen Rahmenbedingungen sind für Baubranche und Investoren herausfordernd: immer weiter steigende Grundstückskosten, gefolgt von einem Engpass an Bauprodukten und massiv erhöhten Baukosten. Gleichzeitig erreichten die Bauzinsen im November 2023 einen schon lange nicht mehr gekannten Höchststand. Im Rahmen einer gemeinsamen Fachtagung von Bayerischem Städtetag und Bayerischem Bauindustrieverband in München zeigten hochrangige Experten nun Wege auf, wie Wohnungsbau gelingen kann.

Deutschlandweit sank die Zahl der genehmigten Wohnungen im Februar 2024 gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr um 18,3 Prozent, in Bayern gar um 18,5 Prozent, stellte das Geschäftsführende Vorstandsmitglied des Bayerischen Städtetags, Bernd Buckenhofer, in seiner Begrüßung fest. Dabei sei Wohnen ein unverzichtbares Grundbedürfnis, Lebensmittelpunkt, Basis für gesellschaftliche Teilhabe, Rückzugsort. Für die Städte und Gemeinden und für den Staat gehöre es zu den wichtigsten Aufgaben, dass Wohnungen für alle Bürgerinnen und Bürger zu angemessenen Preisen zur Verfügung stehen. Das Fehlen eines ausreichenden und bezahlbaren Wohnraumangebots führe zu sozialen Spannungen. Für Menschen am Existenzminimum berge das Fehlen bezahlbaren Wohnraums die Gefahr, in die Wohnungslosigkeit abzurutschen.

Bund muss handeln

Laut Buckenhofer fordert der Deutsche Städtetag in einem Positionspapier ein entschiedenes Handeln des Bundes. Dieser stelle den Ländern zwischen 2022 und 2027 insgesamt 18,15 Milliarden Euro für die soziale Wohnraumförderung zur Verfügung. Positiv sei, dass der Freistaat Bayern die Bundesmittel vollständig für die Wohnraumförderung verwende und die soziale Wohnraumförderung mit einem intensiven Mitteleinsatz kofinanziere. Leider erfolgten die Mittelzusagen jedoch nur von Jahr zu Jahr. „Eine für die Wohnungswirtschaft notwendige Planungssicherheit konnte seit dem Wohnungspakt 2016 nicht mehr hergestellt werden“, bemängelte Buckenhofer.

Um die Situation für den Wohnungsbau zu verbessern, verlangt der Kommunalverband noch ein Bündel an investiven und regulatorischen Maßnahmen durch den Bund, darunter Erleichterungen im Vergaberecht. So sollten Generalplanervergaben unter Wahrung des KMU-Schutzes erleichtert oder der EU-Schwellenwert für Vergaben von Bauleistungen auf 10 Millionen Euro erhöht werden. Zusätzlich müsse der EU-Schwellenwert für Planungsleistungen deutlich angehoben werden. Dieser liege aktuell bei 221.000 Euro und werde nach der Streichung des § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV regelmäßig bereits bei Planungsleistungen für Bauvorhaben ab 1 Million Euro gerissen.

Ein weiterer bestimmender Faktor des deutschen Vergaberechts ist Buckenhofer zufolge der Grundsatz der losweisen Vergabe. Indem große Auftragsvolumen mengenmäßig und fachlich aufgeteilt werden, wird mittelständischen und kleineren Unternehmen der Zugang zu Vergaben der öffentlichen Hand erleichtert. Auch sichert die Los-
aufteilung den Bestand und die Qualität der vielfältigen Professionen des Handwerks.

Ausnahmen im Vergaberecht

Jedoch lasse das Vergaberecht, so der Geschäftsführer, auch Ausnahmen von diesem Grundsatz zu, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. So stoße die klassische Trennung von Planungs- und Bauphase an Grenzen, wenn mit Modulen, vielleicht aus Holz, gebaut und die zeitgerechte Anlieferung anderswo hergestellter Module zum zentralen Gegenstand der Planung wird. Zudem gebe es weitere berechtigte Interessen der Bauherren, von dem Grundsatz abzuweichen.

Fazit: Die Zusammenfassung von Losen, die Vergabe an Generalunternehmer, Generalübernehmer, Totalübernehmer usw. ist kein Allheilmittel. Sie löst nicht alle aktuellen Probleme. Und sie ist auch nicht per se billiger, im Gegenteil: Die Dienstleistung, die unterschiedlichen Gewerke zu koordinieren, lässt sich ein Generalunternehmer bezahlen. Gleiches gilt für die übernommenen Risiken. Gleichwohl ist sie ein legitimes Mittel, eine legitime Gestaltungsmöglichkeit, die in bestimmten Fällen die Aufgabenerfüllung mit dem limitierten Personal in den Kommunen erleichtern kann.

Norbert Peine, Vizepräsident des Bayerischen Bauindustrieverbands, verwies in seiner Begrüßung insbesondere auf ein aktuelles Papier des Bauindustrieverbands „Bauen statt Streiten“ – Partnerschaftsmodelle am Bau, während Frank Thyroff, Geschäftsführer der wbg Nürnberg, die aktuellen Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau aus Sicht eines kommunalen Wohnungsunternehmens skizzierte.

Bewertungsprobleme

Laut Thyroff wird statt fehlender Grundstücke und langer Genehmigungsverfahren die betriebswirtschaftliche Bewertung von Neubauprojekten zum Problem. Die Sichtweisen von Kommunen, Investoren und Wirtschaftsprüfern drifteten auseinander und führten zu erschwerten Investitionsentscheidungen. Der Wohnungsneubau sei jedoch in vielen Städten weiterhin dringend erforderlich, ansonsten werde sich die Situation auf den ohnehin schon angespannten Wohnungsmärkten weiter verschärfen.

Darüber hinaus führten steigende Kosten für Klimaschutz im Mietwohnungsbestand zu schwindenden Eigenkapitalreserven der kommunalen Wohnungsbaugesellschaften. Liquiditäts- oder eigenkapitalstärkende Maßnahmen wie Gesellschaftereinlagen oder der Verkauf von Beständen wären dann erforderlich, um Wohnungsneubau weiterhin zu ermöglichen.

Notwendig seien vertretbare Mietsteigerungen im Bestand, ebenso eine deutlich verbesserte Bundes- und Landesförderung für den Wohnungsbau sowie eine verbesserte Einschätzung der Banken und keine Verschärfung durch EU-Taxonomie. „Die bisher geübte Beschaffungspraxis, in welcher der öffentliche Auftraggeber, gegebenenfalls mit Unterstützung von Planungsbüros, plant und Bauunternehmungen lediglich die Ausführung übernehmen, wird den aktuellen Erfordernissen im öffentlichen Bau in vielen Fällen nicht gerecht“, stellte Robert Huber vom Bayerischen Bauindustrieverband fest. Deshalb biete die Bauindustrie im Rahmen ihrer Modellvielfalt, die auch weiterhin die Fach- und Teillosvergabe umfasst, zusätzliche partnerschaftliche Beschaffungsvarianten, sog. Partnerschaftsmodelle, für öffentliche Auftraggeber an, in denen insbesondere Planung und Bau integrativ gedacht werden.

Kombination einzelner Projekte

Gerade bei komplexen Projekten ließen sich so einzelne Projektphasen miteinander kombinieren – von der Gesamtvergabe einer Bauleistung über Design-and-Build-, Partnering- und Zwei-Phasen-Modelle (Kopplung von Planung und Bau auf Basis einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm nach § 7c VOB/A) bis hin zu Bauteam-Verfahren sowie Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP). Partnerschaftsmodelle sollten zum einen in Abhängigkeit von personellen und finanziellen Ressourcen sowie dem vorhandenen Know-how auf Auftraggeberseite, und zum anderen mit Blick auf die Projektkomplexität ausgewählt werden, um die individuell passgenaue und wirtschaftlichste Lösung zu erhalten.

„Dadurch, dass in den allermeisten Fällen in Fach- und Teillosen ausgeschrieben wird, kommen Anbieter mit modularen und seriellen Konzepten nur selten zum Zug, da deren Lösungen zumeist nur bei funktionalen Ausschreibungen ihre Vorteile ausspielen können“, betonte Huber. Durch funktionale Ausschreibungen habe der öffentliche Auftraggeber ebenfalls die Möglichkeit, Vergaben im 2-Phasen-Modell durchzuführen und so Zugang zu Bietern mit modularen und seriellen Konzepten zu erhalten.

Standardisiertes Bauen

Durch standardisiertes Bauen könne der öffentliche Auftraggeber in Bayern in vielen Fällen deutlich schneller, qualitativ hochwertiger und preisgünstiger bauen. Der Einsatz serieller und modularer Konzepte biete sich vor allem beim kommunalen Wohnungsbau, bei Schulen und Kindergärten, Kliniken, Wohneinrichtungen für Pflegekräfte, Bundeswehr, universitären Gebäuden und Forschungseinrichtungen an. „In all den Fällen, bei denen bei öffentlichen Bauvorhaben eine individuelle architektonische Lösung aus städtebaulichen oder sonstigen übergeordneten Gesichtspunkten nicht zwingend notwendig erscheint, sollte der mögliche Einsatz von seriellen und modularen Konzepten standardmäßig geprüft werden“, unterstrich Huber.

Rechtsanwalt Bernhard Stolz ordnete im Anschluss unterschiedliche Ausprägungen und Begrifflichkeiten der Zusammenfassung von Losen ein und erläuterte deren Voraussetzungen. Mit einem Blick in die Praxis schloss die Fachtagung. Während Dirk Müller, Geschäftsführer KEC-Architekten, modulare Systeme der Zech-Bau Gruppe zeigte, referierte Daniel von Schamann, Mitglied der Geschäftsleitung der Münchner Wohnen, über wesentliche Erfolgsfaktoren für den sozialen Wohnungsbau.

Stabile Neubauzahlen bei kommunalen Wohnungsunternehmen

Bayerns kommunale Wohnungsunternehmen trotzen der Baukrise. Die im VdW Bayern organisierten Wohnungsunternehmen haben laut Verbandsdirektor Hans Maier 2023 fast 2.500 Wohnungen gebaut. Für das aktuelle Jahr ist die Fertigstellung von 2.184 Wohnungen geplant. Die kommunalen Wohnungsunternehmen haben einen Bestand von 242.802 Wohnungen und vermieten diese für durchschnittlich 7,05 Euro pro Quadratmeter.

Die 111 kommunalen Wohnungsunternehmen in Bayern seien die maßgeblichen Akteure, wenn es um den Bau öffentlich geförderter Wohnungen geht. Schließlich sei die Daseinsvorsorge ihr Satzungszweck, so Maier. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen sei es den städtischen Wohnungsunternehmen gelungen, die Neubauzahlen stabil zu halten. Von den derzeit bewilligten 18.000 neuen geförderten Wohnungen im Freistaat werden in den kommenden Jahren 15.000 durch die Verbandsmitglieder errichtet.

DK

 

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