Kommunalverbändezurück

(GZ-13-2017)
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► Dr. Gerd Müller zu Gast bei KPV-Sondersitzung:
 
Partnerschaftsideen und Hilfsprojekte  

 BGZ KPV

Landrat Stefan Rößle und Bundesminister Dr. Gerd Müller. RED 

Über die „Nachhaltige Bekämpfung der Fluchtursachen durch kommunale Entwicklungszusammenarbeit“ berichtete in einer Sondersitzung des KPV-Landesvorstandes und Hauptausschusses mit CSU-Landräten und Oberbürgermeistern Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller, MdB. KPV-Vorsitzender Landrat Stefan Rößle konnte hierzu zahlreiche Mandatsträger willkommen heißen.

Die Kommunen stemmten nach Müllers Darstellung nun schon seit langem die tägliche Aufgabe, Flüchtlinge unterzubringen und zu integrieren. Sie leisteten Großartiges und gelangten häufig an die Grenzen ihrer Kapazität. Auch die Kommunalpolitische Vereinigung der CSU mit ihren zahlreichen Mandatsträgern spiele in der kommunalen Entwicklungszusammenarbeit eine wichtige Rolle.

Binnenvertriebene im eigenen Land

„Dabei sind fast 90 Prozent der weltweit 65 Millionen Flüchtlinge gar nicht zu uns gekommen“, bemerkte der Minister. Der größte Teil lebe als Binnenvertriebene im eigenen Land oder in angrenzenden, meist nicht weniger armen Ländern. Das bedeute enormen zusätzlichen Druck auf Müllentsorgung, Energieversorgung oder Wassermanagement. Viele Aufnahmekommunen seien überfordert.

Allein acht Millionen Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak befänden sich noch in der Region. Jordanien und der Libanon leisteten hier ganze Arbeit, jedoch bräuchten diese Länder dringend Unterstützung. Die Abfallberatung des AWV aus dem Kreis Donau-Ries für eine jordanische Stadt steht exemplarisch für das stetig wachsende kommunale Engagement.

Die Menschen wollen in ihrer Heimat bleiben

Zwar sei es richtig, sich auf die eine Million Flüchtlinge in Deutschland zu fokussieren, betonte Müller; darüber dürfe aber nicht vergessen werden, noch mehr als bisher die Herkunftsländer in den Blick zu nehmen. Da die meisten Menschen in der Nähe ihrer Heimat bleiben wollen, sei die Hilfe vor Ort am wirksamsten. „Ein Euro, den wir in den Herkunftsländern der Flüchtlinge einsetzen, bringt das 50-fache gegenüber dem Einsatz hierzulande“, betonte der Minister. Deutschland investiert 30 Mrd. Euro in die Integrationsarbeit. Mit viel weniger Geld könne man jedoch den Menschen eine Bleibeperspektive in ihrer Heimat ermöglichen. Müller zufolge „brauchen wir Entwicklungspolitik in neuen Dimensionen. Und dafür benötigen wir auch die Kommunen und ihre Unternehmen!“ Unterstützung beim

Aufbau von Infrastruktur

Die Mehrzahl der Flüchtlinge im Libanon und in Jordanien lebt nicht in Camps, sondern in Dörfern und Kleinstädten. Die Bundesregierung unterstützt die aufnehmenden Gemeinden deshalb vor allem beim Aufbau der Infrastruktur, bei der Wasser- und Abwasserentsorgung sowie im Bereich Schule und Ausbildung. Wie Müller berichtete, werden beispielsweise Gemeinden aus seinem Wahlkreis Lindau mit einer Partnergemeinde im Libanon im Bereich Infrastrukturaustausch kooperieren.

Mit Blick auf das Projekt Klinikpartnerschaften riet der Minister: „Jede deutsche Klinik sollte eine Partnerschaft mit einer Krisen- oder Konfliktregion eingehen.“ Mit dem THW seien bereits Strukturen – zumindest in der Notversorgung – geschaffen worden. Die Win-win-Situation sei immens.

Bereits im September vergangenen Jahres habe sein Ministerium hierzu die „Initiative Klinikpartnerschaften – Partner stärken Gesundheit“ ins Leben gerufen. Gemeinsam mit der Else KrönerFresenius-Stiftung finanziert das BMZ Partnerschaftsprojekte zwischen deutschen Organisationen des Gesundheitssektors und Partnern in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen.

Neben der finanziellen Förderung werden die Projekte auch begleitend beraten. Das BMZ hat bereits seit einer Dekade Erfahrung mit der Förderung von institutionellen Klinikpartnerschaften. Die Else Kröner-Fresenius-Stiftung bringt als Kooperationspartner mehr als zehn Jahre Erfahrung in der Förderung humanitärer Gesundheitsprojekte in die Initiative ein. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stehen der Initiative beratend zu Seite und sind in alle konzeptionellen und strategischen Fragen eingebunden. Weitere erfahrene Partner wie Engagement Global und das Kreditinstitut für Wiederaufbau (KfW) unterstützen beim Auswahlprozess und tragen damit zur Qualitätssicherung bei.

Marshallplan mit Afrika

Eine dezentrale und bürgernahe Energieversorgung für die ländlichen Räume Afrikas ist das Ziel einer weiteren Initiative, die Gerd Müller auf den Weg bringen will. Die Initiative „Grüne Bürgerenergie für Afrika“ im Schulterschluss mit Genossenschaften, Kommunen und der Privatwirtschaft konkretisiert die bereits in den Eckpunkten für einen „Marshallplan mit Afrika“ vorgeschlagenen Reformideen für den Bereich der Energieversorgung. Partnerschaftsideen und Hilfs...

Im Rahmen der Energieinitiative sollen unter anderem 100 Bürgerenergiepartnerschaften gegründet werden, bei denen deutsche Bürger und Kommunen ihr Wissen mit afrikanischen Partnern teilen können. Über dezentrale Energielösungen könnten auch in entlegeneren Dörfern Medikamente und Lebensmittel gekühlt werden, Handwerksbetriebe ihre Produktivität steigern oder Landwirte solarbetriebene Pumpen für die Bewässerung ihrer Felder einsetzen. Grundsätzlich, so Müller, gilt: „Wer gibt, dem wird gegeben.“ Der Nutzen für die hiesigen Kommunen sei beträchtlich.

Partnerschaft auf Augenhöhe

Dabei geht es dem Bundesminister nicht nur um Hilfe, sondern letztlich um „Partnerschaft auf Augenhöhe“. Ziel müsse es sein, Kooperationen auch auf geschäftlicher Basis umzusetzen. Als möglich erachtete Müller dabei folgendes Szenario: „Der Abfallwirtschaftsbetrieb Donau-Ries investiert in einer marokkanischen Stadt und baut dort beispielsweise eine Verbrennungsanlage mit auf. Aber es muss dann ein Geschäftsbetrieb sein. Wir müssen die gesetzlichen Grundlagen dafür schaffen, dass Kommunalbetriebe in solchen Bereichen tätig sein dürfen.“

Als erfreulich und „wichtig für die Kommunen“ wertete Müller einen Grundlagenbeschluss im Rahmen der jüngsten Ministerpräsidentenkonferenz, wonach die Bundesländer Entwicklungszusammenarbeit künftig zu ihrer Aufgabe machen. Darauf hätten sich die Regierungschefs verständigt. Bayern habe sich entschlossen, schwerpunktmäßig im Libanon und in Tunesien tätig zu sein. „Sinnvoll wäre jetzt eine Gesamtstrategie. Es gilt, regional und sektoral zu handeln.“

Zur Stärkung lokaler Strukturen vor Ort in Kooperation mit den Schwellen- und Entwicklungsländern gehört nach Müllers Ausführungen auch der Aufbau von Staatlichkeit und Verwaltungsstrukturen. Die afrikanischen Länder sollten ihr Augenmerk hierbei auf den Aufbau von Steuerverwaltungen legen und Eigeneinnahmen stärken. Damit das Geld nicht in korrupten Kanälen landet, hat das BMZ ein Programm aufgelegt, das genau jene Reformländer, die Korruption bekämpfen und wirtschaftlich erfolgreich sind, weiter stärken soll.

Müllers Wunsch ist es in diesem Zusammenhang, „dass sich aus dem Erwerbsleben ausscheidende Verwaltungsbeamte engagieren und die Verwaltung in einer Gemeinde mit aufbauen. Bei den Landkreisen oder den IHKs sollte man hierzu eine entsprechende Eingangsstelle installieren.“

Bislang konnten sich im Rahmen des Senior Experten Service (SES) vor allem ältere Menschen, die bereits im Ruhestand sind, mit ihrem Erfahrungsschatz und Know-how einbringen. Mit dem neuen Weltdienst 30+ können laut Müller jetzt auch Jüngere ihr Wissen teilen. Damit sind Fachleute, die noch im Berufsleben stehen, in der Lage, ihr Knowhow im Rahmen von mehrwöchigen oder mehrmonatigen Einsätzen in Schwellen- und Entwicklungsländern weiterzugeben.

Wie Gerd Müller erläuterte, „benötigen viele unserer Partnerländer für spezielle Herausforderungen eine spezielle Expertise“. Deutschland verfüge über großartige Experten zum Beispiel für Wasserversorgung, Photovoltaik, ökologischen Anbau oder medizinische Versorgung. Dies ist umso erfreulicher, „brauchen wir für unsere Projekte doch die gesamte Bandbreite der Berufsfelder“.

Ansprechpartner für interessierte Kommunen ist die staatliche Gesellschaft „Engagement global“, ein Service für Entwicklungshilfen, der dem BMZ unterstellt ist. Alle Kommunen, die sich aktiv in die Entwicklungszusammenarbeit einbringen wollen, sollten sich Müller zufolge an diese Behörde wenden.

DK

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