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(GZ-5-2023)
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► Klimaschutz im Gebäudebereich:

 

Umstrittener Gesetzentwurf

Ab dem 1. Januar 2024 sollen neue Heizungen mit einem Anteil von 65 Prozent erneuerbare Energien betrieben werden. Das geht aus einem aktuellen Referentenentwurf der Bundesregierung zum Gebäudeenergiegesetz hervor. Der Einbau von Heizungsanlagen, die ausschließlich mit Erdgas- und Öl betrieben werden, soll demnach nicht mehr erlaubt sein. Die bayerische Staatsregierung kritisierte ein geplantes Verbot neuer Öl- und Gasheizungen durch die Bundesregierung als „Energiepolitik mit der Brechstange“.

Die Pläne von Wirtschaftsminister Robert Habeck benachteiligten und überforderten viele Menschen, vor allem im ländlichen Raum, erklärte Bayerns Staatskanzleichef Florian Herrmann und bezeichnete die Pläne als „ideologische Kopfgeburt. „Egal womit sich ein Grüner beschäftigt, es kommt am Ende immer ein Verbot heraus“, stellte Herrmann fest.

Erhebliche Belastungen

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger kritisiert insbesondere, dass die Betriebsdauer von bestehenden Öl- und Gasheizungen auf 30 Jahre begrenzt werden soll. „Einmal mehr will die Bundesregierung die Bürger in diesem Land vor vollendete Tatsachen stellen. Ein erzwungener Heizungsaustausch bedeutet für tausende Immobilienbesitzer erhebliche finanzielle Belastungen. Es bleibt dabei vollkommen unklar, wie das Ganze auch für einkommensschwächere Bevölkerungsschichten bezahlbar bleiben soll. Zuerst werden die Ersparnisse vieler Haushalte aufgrund der hohen Inflationsrate aufgefressen. Und danach sollen dieselben Bürger sich neue Heizungen anschaffen. Diese Rechnung wird nicht aufgehen. Anstatt auf Anreize setzt der Bund wieder auf Zwangsmaßnahmen und Regulierung.“

Ungewollte Vollbremsung

Eine ungewollte Vollbremsung beim Klimaschutz für Bestandsgebäude befürchtet der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) und sieht dementsprechend erheblichen Verbesserungsbedarf im Gesetzentwurf. Laut VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing „spielt der Gebäudesektor beim Klimaschutz eine entscheidende Rolle. Um die ambitionierten Klimaschutzziele im Gebäudesektor sozialverträglich zu erreichen, müssen aus Sicht von Stadtwerken und kommunalen Energieversorgern machbare Wege gesucht und deshalb die gesamte Breite der verfügbaren Technologien genutzt und lokale Gegebenheiten berücksichtigt werden.“

Die geplanten Regelungen für neue Heizungen glichen indes einer ungewollten Vollbremsung, fuhr Liebing fort. Sie führten sowohl bei Gebäudeeigentümern als auch bei Energieversorgungsunternehmen zu enormen Unsicherheiten. „Denn die erlaubten Heizungstechnologien werden sich so, gerade im Bestand, nicht 1:1 und schon gar nicht sofort realisieren lassen.“

Steigende Kosten für Gebäudeeigentümer

Dagegen werde die effiziente Nutzung kommunaler Gasnetze, ein wichtiges Asset der Energie- und Wärmewende mit Millionen angeschlossenen Kunden, de facto von vornherein ausgeschlossen. „Die Konsequenz: Steigende Kosten für Gebäudeeigentümer und Zurückhaltung von klimapolitisch dringend erforderlichen Investitionen“.

Pläne, dass ab 2024 gasbasierte Heizungen nur noch eingebaut werden dürfen, wenn diese sofort mit Biomethan oder grünen Wasserstoff betrieben werden, ignoriert Liebing zufolge die Möglichkeit einer schrittweisen und bedarfsgerechten Transformationsplanung kommunaler Gasnetze. Der aktuelle Gesetzentwurf laufe somit de facto auf ein Einbauverbot von gasbetriebenen Heizungen ab 2024 hinaus, da in Deutschland zu diesem Zeitpunkt nirgendwo grüner Wasserstoff oder Biomethan in ausreichenden Mengen aus dem Gasverteilnetz beim Endkunden ankommen werden. „Wenn die Option ‚grüne Gasheizung‘ ernst gemeint ist, dann muss es hier zwingend ausreichende Übergangsfristen für die Versorgung mit Wasserstoff und Biomethan geben“, machte der VKU-Hauptgeschäftsführer deutlich.

Additive Erfüllungsoptionen bleiben unberücksichtigt

Auch die im Gesetzentwurf angelegte Variante hybrider Heizungen aus Wärmepumpen und Wasserstoffthermen eröffnet aus seiner Sicht Lösungsräume und könnte bei flexiblerer Nutzung auch den immer wieder befürchteten fossilen Lock-In vermeiden. Leider sei der Gesetzentwurf auch hier viel zu eng und sehe zum Beispiel vor, dass Hybridheizungen nur in Kombination mit einem Wärmepumpenanteil betrieben werden dürfen.

Alternative Technologiekombinationen wie etwa Solarthermie und H2-ready-Gaskessel sowie additive Erfüllungsoptionen blieben unberücksichtigt, technologische Spielräume und je auf das Gebäude passgenaue Wärmeversorgungskonzepte würden eingeschränkt. Dies führe bei Gebäudeeigentümern zu steigenden Kosten.

Sollte der §71 des GEG-Entwurfs an diesen Stellen nicht nochmals in Richtung einer tatsächlichen Technologieoffenheit angepasst werden, „wird es in diesem Jahr zu massiven Lock-In-Effekten beim Einbau von Erdgasthermen kommen“, um diesen Verpflichtungen noch kurzfristig zu entgehen, mahnte Liebing. „Damit hätte der Gesetzgeber genau das Gegenteil dessen erreicht und für die nächsten 20 Jahre festgeschrieben, was er ursprünglich beabsichtigt hatte.“

Transformationsplan angemahnt

Die Vorgabe, dass Transformationspläne der Wärmenetzbetreiber bereits 2030 einen Anteil von mindestens 50 Prozent aus erneuerbaren Energien und Abwärme aufweisen, gehe über die Anforderungen der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) geförderten Transformationspläne hinaus und sei vor allem in großen Fernwärmenetzen nur schwer zu erreichen. Entscheidend sollte sein, dass ein Transformationsplan vorliegt, welcher die Klimaneutralität im Netz bis spätestens 2045 aufzeigt.

Der Hauptgeschäftsführer erinnerte daran, dass 2022 60 Prozent der abgesetzten Heizungen Gaskessel gewesen seien. Die nunmehr geplanten Regelungen seien aktuell weder im Markt umsetzbar noch sozialverträglich. „Aus VKU-Sicht wäre es besser, auf Basis der kommunalen Wärmeplanung örtlich optimale Transformationsstrategien zu entwickeln.“

DK

 

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