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(GZ-20-2021)
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► Weniger kompliziert, weniger streitanfällig:

 

Zuspruch für Bayerns Grundsteuerreform

 

Im Unterschied zum Gesetzespaket des Bundes wählt Bayern einen anderen Weg in der Grundsteuerreform. Ob und wie ein solches Gesetz das Ziel einer unbürokratischen Fortentwicklung der Grundsteuer erreicht, besprachen Juristen, Vertreter von Städten und Gemeinden sowie Steuer- und Immobilien-Sachverständige mit den Mitgliedern des Haushaltsausschusses und stellten Bayerns geplante Reform bei der Grundsteuer auf dem Prüfstand: Die überwiegende Zahl der Experten befürwortete die Regionalisierung und Bayerns abweichenden Weg vom Bundesmodell.

Eine Neuregelung der Grundsteuer war notwendig geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht 2018 die geltende Grundsteuerregelung für verfassungswidrig erklärt hatte, weil die Grundstückswerte veraltet seien und gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandelt würden. Aufgrund einer Öffnungsklausel können die Länder nun die Grundsteuer selbst regeln.

Bayern plant die Grundsteuer ab 2025 auf Basis der Grundstücks- und Gebäudeflächen sowie deren Nutzung zu berechnen. Im Detail bedeutet das: vier Cent pro Quadratmeter Grundstücksfläche sowie 50 Cent pro Quadratmeter Wohn- und Nutzfläche. Dieser Messbetrag wird dann mit dem Hebesatz, den jede Gemeinde individuell bestimmt, multipliziert. Der Wert des Grundstücks spielt dann – anders als im Modell des Bundesfinanzministeriums – keine Rolle. Damit entfällt eine aufwendige Neubewertung sämtlicher Immobilien alle sieben Jahre.

Weniger kompliziert, weniger streitanfällig

Zudem ist es unerheblich, ob ein Grundstück in einer teuren Stadt oder auf dem Land liegt. Der Leiter der Steuerabteilung im Finanzministerium stellte in der Expertenanhörung im Haushaltsausschuss des Bayerischen Landtages heraus, dass das so genannte Flächenmodell Bayerns weniger kompliziert und weniger streitanfällig als ein wertabhängiges Modell sei. Für den Vertreter des Finanzministeriums ein fundierter Entwurf, der eine tragfähige Grundlage bilde.

Im Verlauf der Diskussion äußerten die Experten auch Kritik und unterbreiteten Änderungsvorschläge. Die Vertreter der Kommunen verwiesen auf die große Bedeutung der Grundsteuer für die Kommunalfinanzen. Bernd Buckenhofer, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Bayerischen Städtetags, sprach von einer der wichtigsten Einnahmequellen. Im Jahr 2019 lag das Aufkommen bei 1,83 Milliarden Euro. „Die Grundsteuer ist konjunkturunabhängig, berechenbar für jeden und unverzichtbar“, so Buckenhofer.

Allerdings fehle im Entwurf die Grundsteuer C als Instrument der Baulandmobilisierung. Mit der Grundsteuer C, könnte baureifes Land stärker besteuert werden, wenn es nicht zeitnah bebaut wird. Unterstützung bekam er von Hans-Peter Mayer, Direktor des Bayerischen Gemeindetags und Harald Riedel, Stadtkämmerer der Stadt Nürnberg. Sie bekräftigten, damit werde die Chance vergeben, flächendeckend neuen Wohnraum zu schaffen und an Ortsrändern einen Beitrag zum Flächensparen zu leisten.

Buckenhofer, Mayer und Riedel sprachen sich gegen eine Zonierung aus, also die Möglichkeit für die Kommunen, unterschiedliche Hebesatzgebiete zu bestimmen. Sie befürchteten, dass der Grundsteuermessbetrag zu niedrig sei und die Kommunen deshalb gezwungen wären, höhere Hebesätze zu generieren. So verwies Riedel am Beispiel der Stadt Nürnberg darauf, dass dort der Hebesatz um 50 Prozent angehoben werden müsste, um dasselbe Aufkommen wie zuvor zu erreichen. Da sei Streit vorprogrammiert. Ebenso, wenn innerhalb einer Kommune verschiedene Hebesätze festgelegt würden.

Keine Abschreckung von Spekulanten

Gegen die Einführung einer Grundsteuer C sprachen sich die Immobilien-Sachverständigen deutlich aus. Dr. Ulrike Kirchhoff, Vorständin Haus & Grund Bayern zeigte sich ebenso wie der Vorstand Zentraler Immobilien Ausschuss (ZIA), Sven Behrends, überzeugt davon, dass Bauspekulanten dadurch nicht abgeschreckt würden. Kirchhoff erklärte:

„Die Grundsteuer C trifft private Eigentümer, nicht Spekulanten, denn die geben die Kosten weiter beim Verkauf, das wird einfach draufgeschlagen.“ Der Vizepräsident des Bund der Steuerzahler in Bayern, Klaus Grieshaber, und Günter Helmhagen, Vizepräsident und Schatzmeister der Steuerberaterkammer München, lobten das Flächenmodell, hielten allerdings die Grundsteuer C vor allem in Ballungsgebieten für nicht umsetzbar.

Eine Umkehrung der Besteuerung forderte Prof. Clemens Richarz. Der erste Vizepräsident der Bayerischen Architektenkammer appellierte an die Abgeordneten dafür zu sorgen, dass bebaute Grundstücke niedrig, unbebaute dagegen hoch besteuert werden müssten. Boden sei eine beschränkte Ressource und das müsse der Gesetzgeber deutlich machen. Mit dem Entwurf werde die Bebauung jedoch nicht gefördert. Aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht lobte Dr. Florian Neumeier den Entwurf für das bayerische Flächenmodell. Der Leiter der Forschungsgruppe Steuer- und Finanzpolitik am Ifo-Institut sprach von einem verlässlichen Instrument, das einfach zu handhaben sei und keine großen Belastungsverschiebungen mit sich bringe.

Die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft würdigte den beherrschbaren Bürokratieaufwand und verwies auf den Vorteil, dass nicht – wie beim Bundesmodell – wiederholt neue Bewertungen der Grundstücke nötig werden.

Gleichheitsgrundsatz

Unterschiedlich beurteilten die Juristen den Entwurf. Während Prof. Klaus-Dieter Drüen, von der Ludwig-Maximilians-Universität München ebenso wie seine Kollegin, Prof. Johanna Hey, Direktorin des Instituts für Steuerrecht an der Universität zu Köln, keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken beim Flächenmodell hatten, beurteilte der Potsdamer Jurist Professor Thorsten Ingo Schmidt den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes als nicht ausreichend berücksichtigt.

„Entscheidend ist, dass das Gesetz verfassungsmäßig ist“, erklärte CSU-Politiker Michael Hofmann in der Aussprache und knüpfte daran die Frage, ob eine Übermaßbesteuerung drohen könne. Drüen verwies darauf, dass es in Deutschland ein Viel-Steuerrecht gebe. Aber er schränkte ein: „Die Grundsteuer bringt bei der Belastung das Fass nicht zum Überlaufen.“

Tim Pargent, finanzpolitischer Sprecher von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, stellte das Äquivalenzprinzip in Frage und wollte wissen, warum unbebaute Grundstücke überhaupt besteuert werden. Die Eigentümer zögen keinen Nutzen aus der gebotenen kommunalen Infrastruktur. Für Juristin Hey kein Argument, denn Steuern seien nie geeignet, individuelle Kosten und Nutzen abzubilden.

CSU sieht Anhörung als Bestätigung

Ausschuss-Vorsitzender Josef Zellmeier (CSU) sieht Bayerns Weg durch die Stellungnahmen der Experten bestätigt: „Dies ist ein konsequenter Schritt in Richtung Steuervereinfachung. Gerade im wirtschaftlich erfolgreichen Bayern würden die Pläne von Grünen und SPD wegen der steigenden Immobilienwerte zu laufenden Steuererhöhungen führen.“

Michael Hofmann, der Berichterstatter der CSU-Fraktion für das Bayerische Grundsteuergesetz, ergänzte: „Entscheidend für mich ist, dass wir mit unserem verfassungskonformen Modell in der Summe keine größeren Belastungen schaffen als bisher. Wir lehnen eine verkappte Vermögensteuer ab. Durch die Experten haben wir weitere wertvolle Hinweise bekommen.“
Der Gesetzentwurf zur Grundsteuer wird derzeit im Haushaltsausschuss beraten. Der Bayerische Landtag wird das Gesetz voraussichtlich noch vor Weihnachten verabschieden.

 

 

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