Gastbeiträgezurück

(GZ-3-2022)
Gastbeiträge
GZ-Plus-Mitgliedschaft

► Serie „Kommunale Entwicklungspolitik anders denken“:

 

Teil 12 - Fazit:
Wie funktioniert der Paradigmenwechsel in der Entwicklungszusammenarbeit?

 

Wie kann in der kommunalen Entwicklungszusammenarbeit einerseits die Unterteilung in Geber- und Nehmerländer aufgelöst und andererseits der nachhaltige Aufbau globaler Partnerschaften gefördert werden? Im Rahmen der Serie der Bayerischen GemeindeZeitung „Kommunale Entwicklungspolitik anders denken“ setzte sich unsere Autorin Anja Guthardt mit dieser Frage auseinander. Dazu hat sie mit verschiedenen Akteuren gesprochen und erfahren, was eine erfolgreiche Zusammenarbeit ausmacht. Im letzten Teil dieser Serie werden die Aussagen der Beteiligten herausgestellt: Neben Motivation und persönlichen Begegnungen hängt der Erfolg künftiger Zusammenarbeit vom Aufbau gemeinsamer Netzwerke sowie vielfältiger finanzieller Unterstützung – auch durch die Bayerische Staatsregierung – ab.

GZ-Autorin Anja Guthardt. Bild: Anja Guthardt
GZ-Autorin Anja Guthardt. Bild: Anja Guthardt

Der aktuelle Entwicklungsfahrplan, die „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“, wurde im Jahr 2015 von den Vereinten Nationen geschaffen und bricht die herkömmliche Unterteilung zwischen Entwicklungs- und Industrieländern auf. So wird die Bereitstellung globaler öffentlicher Güter wie Frieden, die Durchsetzung der Menschenrechte, der Erhalt der Umwelt und des Weltklimas als Anpassungsleistung auch vom Globalen Norden erwartet, z. B. durch nachhaltigen Konsum oder Stadtentwicklung.

Die Agenda 2030 beinhaltet zudem die Einbeziehung der lokalen Ebene in der Kommunalen Entwicklungszusammenarbeit (KEZ) als eine zentrale Forderung an die Weltgemeinschaft. Seitdem wächst der Druck auf die Kommunen, das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung in der Bevölkerung mithilfe der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) zu verankern. Dass es im Rahmen der KEZ immer mehr ein Bewusstseinswandel kommt, der Sinn und Nutzen im kontinuierlichen Austausch auf beiden Seiten verankert, zeigt die stetige Beteiligung an der Gemeinschaftsinitiative „1.000 Schulen für unsere Welt“. So erhalten Kommunen durch ihre Beteiligung einerseits einen ersten Zugang zur KEZ und andererseits die Chance, weitere gemeinsame Handlungsfelder zu erschließen, auf deren Grundlage die Entwicklung kommunaler Partnerschaften gestärkt werden soll.

Einfluss der Kultur

Unsere Autorin Anja Guthardt ist der Frage nachgegangen: Welche Bedeutung und Einfluss besitzt dabei die Kultur? Die KEZ hängt maßgeblich von der finanziellen Ausstattung – sei es von privaten Spendern oder öffentlicher Förderung – ab, aber auch vom individuellen Einsatz einzelner Akteure. Im Folgenden werden die Gespräche mit den Beteiligten der Gemeinschaftsinitiative zusammengefasst und einzelne Aussagen herausgestellt.

Stefan Rößle, Landrat und Landesvorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV), nannte als große Erkenntnis aus dem Projekt, dass die KEZ nur funktioniere, wenn das Ganze von den Menschen vor Ort gelebt werde:

„Nur so gewinnt die Zusammenarbeit Überzeugungskraft und hat die größte Akzeptanz – von beiden Seiten. Es ist vielen Kommunen noch gar nicht bewusst, dass Entwicklungszusammenarbeit zwar vom Gesetz her Aufgabe des Bundes ist, aber funktionieren wird sie nur, wenn sie von den Menschen in den Kommunen gelebt wird.“

Motivation und persönliche Begegnungen

Pia Schmitz-Formes, Projektmanagerin der Stiftung FLY&HELP und Ansprechpartnerin für die Kommunen im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative, betonte die Bedeutsamkeit persönlicher Begegnungen:

„Ganz wichtig ist es, ins Gespräch zu gehen. Zuhören und Hinhören, was ist den Menschen wichtig, was sind ihre Wünsche und Werte. Dadurch bekommt man ein Gespür für ihr Leben in Afrika. Wenn man sich ihnen zuwendet, für sie interessiert, sind sie auch sehr aufgeschlossen und freuen sich unendlich, dass man ihnen – auf Augenhöhe – begegnet. Ich sehe es als unsere Aufgabe, dahingehend auch bei uns Aufklärungsarbeit zu leisten, damit man lernt, sich gegenseitig besser zu verstehen – auch in den Gemeinden, Landkreisen und Städten.“

Peter Ranzinger, Klimaschutzbeauftragter des Landkreisamtes Passau und in verschiedene Klimaschutzprojekte in der kommunalen Entwicklungspolitik involviert, stellte heraus, dass zunächst die Willigen in einer Gemeinde gefunden werden müssten:

„Wer sich engagiert muss das nämlich aus Überzeugung machen und einen Sinn dahinter sehen. Nur dann begegnen sich Partner auch auf Augenhöhe.“

Dieser Ansicht ist auch Meinolf Spiekermann, der drei Jahrzehnte für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) gearbeitet hat und aktuell Kommunen in der Entwicklungszusammenarbeit berät:

„Motivation ist das Wichtigste und die Bereitschaft zuzuhören.“ Dazu bereitet Ethnologe Dr. Thomas Hüsken Akteure in der KEZ im Rahmen interkultureller Trainings darauf vor, Diversität auszuhalten und auch auf Diversität neugierig zu sein: „Sie sollen lernen, in eine echte Auseinandersetzung zu gehen.“

Glaube als Stütze

Anton Weber, Gründer des gemeinnützigen Vereins HILFE FÜR TOGO e.V., erkannte im Rahmen seines bereits drei Jahrzehnte andauernden Engagements: Hilfe hat einen messbaren Effekt:

„Wenn wir Wasserprojekte umsetzen, Frauengruppen unterstützen, Schulen bauen oder Handwerker ausbilden, dann sehen wir den Erfolg. Oft steckt der Glaube dahinter – unabhängig von der Religion – ist er für die Menschen eine wahre Stütze. Sie wollen ihren Ahnen beweisen, dass sie ihr Leben beherrschen.“

Christian Springer, Kabarettist und Gründer des Vereins Orienthelfer, plädierte für eine starke kommunale Zusammenarbeit, deren Basis ein geteiltes Verständnis von Werten sei: „Menschen arbeiten erfolgreich zusammen, wenn sie ein Gespür für das Werte- und Orientierungssystem hier und dort haben. Das zu vermitteln ist eine unabdingbare Aufgabe, aber sehr schwer, weil es Menschen mit und ohne Empathie gibt.“

Aufbau von Expertennetzwerken

Michael Wörle, Bürgermeister der Stadt Gersthofen, richtete einen klaren Appell an Verantwortliche in Regierung und Kommunen:

„Es müssen Anreize für Städte und Kommunen geschaffen werden und ein Netzwerk, um Erfahrungen auszutauschen. Ein wichtiger Punkt ist zudem, dass die Staatsregierung für diese wichtigen Projekte ausreichend Gelder bereitstellt, bei der Kontaktaufnahme zu fernen Regionen hilft sowie den Kontakt zu einem Expertennetzwerk aufbaut.“

So werden auch in Zukunft mitunter einzelne Personen durch ihr Engagement dafür verantwortlich sein, welches Gehör und Gewicht die Aufarbeitung der gemeinsamen Geschichte sowie die Auseinandersetzung mit geteilten Zukunftsperspektiven erhalten. Nicht vernachlässigt werden darf eine entsprechende personelle Ausstattung zur Koordination und Prozessbegleitung der Zusammenarbeit durch Fachpersonal in den Kommunen.

Anja Guthardt

 

1. Teil der Serie...
2. Teil der Serie...
3. Teil der Serie...
4. Teil der Serie...
5. Teil der Serie...
6. Teil der Serie...
7. Teil der Serie...
8. Teil der Serie...
9. Teil der Serie...
10. Teil der Serie...
11. Teil der Serie...

 

Dieser Artikel hat Ihnen weitergeholfen?
Bedenken Sie nur, welche Informationsfülle ein Abo der Bayerischen GemeindeZeitung Ihnen liefern würde!
Hier geht’s zum Abo!

GemeindeZeitung

Gastbeiträge

GZ Archiv

Kolumnen & Kommentare aus Bayern

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung