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(GZ-24-2021)
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► Serie „Kommunale Entwicklungspolitik anders denken“:

 

Teil 10: Der Glaube ist eine wahre Stütze

 

Anton und Barbara Weber reisen seit über 30 Jahren nach Togo und sind von den Ritualen und dem Spirit im Land fasziniert. Mit ihrem gemeinnützigen Verein HILFE FÜR TOGO e.V. aus Waldstetten im Ostalbkreis engagiert sie sich dort seit 1994. Im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative „1000 Schulen für unsere Welt“ ist nun – auch mit Unterstützung der Bayerischen GemeindeZeitung – die Eröffnung einer weiteren Schule für März 2022 geplant. Im Interview erklärt Anton Weber, was ihn früher und nach drei Jahrzehnten der Zusammenarbeit bewegt, immer wieder in das westafrikanische Land zu reisen und mit den Menschen gemeinsam Projekte umzusetzen.

Die alte Schule in Alenou. Die neue bekommt ein isoliertes Dach und ordentliche WCs. Die Energie für das Gebäude liefert die Sonne. Bild: Barbara Weber
Die alte Schule in Alenou. Die neue bekommt ein isoliertes Dach und ordentliche WCs. Die Energie für das Gebäude liefert die Sonne. Bild: Barbara Weber

GZ: Im März 2022 ist im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative „1000 Schulen für unsere Welt“ die Einweihung einer neuen Schule in Togo geplant. Wie wird die neue Schule aussehen und wie finanzieren Sie das Projekt?

Anton Weber: Die alte Schule zählte zu den sogenannten Prüfungszentren in Togo, doch das Gebäude hatte kein richtiges Dach und die Schüler mussten während ihrer Prüfungen teilweise im Freien sitzen.

Als wir das erste Mal vor Ort waren, hat uns die Herzlichkeit im gesamten Umfeld der Schule begeistert und auch das Engagement der Elternschaft vor Ort beeindruckt, die ihre Unterstützung für das Bauprojekt zugesagt haben. Daraufhin haben wir Angebote für die Erneuerung der Schule eingeholt und die Finanzierung geprüft.

Die Schule wird mit einer WC-Anlage, isoliertem Dach und einer Solaranlage ausgestattet. Das ist uns wichtig, weil die Schüler durch die Nähe zum Äquator sonst ab circa 18 Uhr im Dunkeln lernen müssten. Hinzu kommt ein Wasserprojekt mit solarbetriebener Brunnenanlage inkl. Wasserturm und der Verlegung von Wasserleitungen in das nächste Dorf, so dass die Kosten für das Schulbauprojekt rund 86.000 Euro betragen. 15.000 Euro werden dabei von der Firma Bosch sowie 21.000 Euro von der Bayerischen GemeindeZeitung übernommen. Den Rest finanzieren wir über den Verein.

Die bisherige Wasserversorgung ist höchst problematisch. Künftig wird eine solarbetriebene Brunnenanlage inkl. Wasserturm Schule und Dorf mit sauberem Trinkwasser versorgen. Bild: Barbara Weber
Die bisherige Wasserversorgung ist höchst problematisch. Künftig wird eine solarbetriebene Brunnenanlage inkl. Wasserturm Schule und Dorf mit sauberem Trinkwasser versorgen. Bild: Barbara Weber

GZ: Wie lautet Ihr Rat für interessierte Kommunalpolitiker und Akteure – was sind im Rahmen des Schulbauprojektes die größten Herausforderungen und wie kann man sich auf die Zusammenarbeit vorbereiten?

Weber: Es gibt praktische Fragen in Bezug auf das Bauprojekt und organisatorische Aspekte, die als Grundvoraussetzungen beachtet werden sollten.

Natürlich spielt auch die Kultur eine Rolle, die mich seit 30 Jahren begeistert. Viele Menschen haben kein Bankkonto und keine Konsumgüter und sie strahlen trotzdem so viel Lebensfreude und Freundlichkeit aus. Dankbarkeit und Großzügigkeit sind unglaublich. Selbst wenn die Menschen nicht viel besitzen: Jeder bietet Ihnen Wasser und Mahlzeiten an.

Bei der Einrichtung der Baustelle muss unbedingt darauf geachtet werden, dass das Baumaterial rechtzeitig transportiert wird und vorrätig ist. Denn die Straßenverhältnisse sind schwierig und die Straßen können teilweise nur während der Trockenzeit passiert werden.

Chancen für Frauen und Mädchen

Im Rahmen des Schulbauprojektes ist es zudem sehr wichtig, dass die Schulverwaltung die Bereitstellung und Finanzierung von Lehrern garantiert. In diesem Zusammenhang zählt für uns zu den Voraussetzungen, dass mindestens zwei Lehrerinnen eingestellt werden. Damit verfolgen wir das Ziel, dass im Laufe der Zeit der Anteil der Mädchen an der Schule bei mindestens 60 Prozent liegt. Ich habe mich auch bei den Ministerien dafür eingesetzt, dass diese Zielvorgabe – die Einstellung von weiblichen Lehrkräften – bei der Finanzierung von Schulbauprojekten als Grundvoraussetzung festgelegt wird. Denn viele Mütter haben dadurch mehr Vertrauen und schicken ihre Töchter zur Schule, wenn dort auch Frauen unterrichten.

GZ: In der kommunalen Entwicklungszusammenarbeit ist es teilweise schwierig, den persönlichen Kontakt zu Akteuren im globalen Süden zu pflegen, viele Prozesse laufen über den Schreibtisch. Wie sollten Kommunen vorgehen, wenn sie die Bildung von Partnerschaften anstreben?

Weber: Zunächst ist es wichtig, sich auf ein Land festzulegen. Dabei ist entscheidend, diejenigen zu finden, die sich ehrenamtlich engagieren – denn dann ist das Engagement oft am größten.

Ausgaben müssen kontrolliert werden

Das zweite ist, dass die Kommunen den Geldtransfer über ein eigenes Konto regeln sollten. Dazu muss festgelegt werden, wer Zugriff auf das Konto hat. Bei uns haben nur der Leiter des Ausbildungszentrums, den ich seit 30 Jahren kenne, und ich Zugriff auf das Konto. Damit die Ausgaben kontrolliert werden können, zahlen wir ausschließlich mit Schecks. Unterstützung bietet dabei auch die Botschaft.

Mindestens zwei Menschen sollten zudem regelmäßig vor Ort sein und auch die Sprache des Landes sprechen. Dieser Kontakt ist ganz wichtig und der entsteht auch oft durch Urlaubsreisen in die jeweiligen Länder.

GZ: Im November reisten Sie zum 39. Mal nach Togo – was bewegt Sie und ihren Verein HILFE FÜR TOGO, sich in diesem Land seit über drei Jahrzehnten zu engagieren?

Weber: Am Anfang wollte ich verstehen, warum es so arme und kranke Menschen gibt, die überhaupt nichts besitzen, und sich trotzdem aus ihrem tiefsten Inneren so freuen können. Da war sicherlich eine große Portion Neugierde.

Hilfe hat einen Effekt

Wie kann das sein, dass man lachen kann, obwohl man bettelarm ist? Mittlerweile weiß ich, dass es auch sehr reiche Menschen gibt, die die Armen nicht unterstützen. Doch ich habe erkannt: Hilfe hat einen Effekt! Wenn wir Wasserprojekte umsetzen, Frauengruppen unterstützen, Schulen bauen oder Handwerker ausbilden, dann sehen wir den Erfolg. Oft steckt der Glaube dahinter – unabhängig von der Religion – ist er für die Menschen eine wahre Stütze.

Die Begeisterung spüren und daraus neue Kraft schöpfen

In Togo – übrigens der Wiege des Voodoo – wollen die Menschen ihren Ahnen beweisen, dass sie ihr Leben beherrschen und meistern. Ich durfte einmal dabei sein, als Voodoo-Priester ihre Prüfung ablegten. Die Annährung an diese Kultur war eine unglaubliche Erfahrung. Der Glaube der Menschen, ihre tiefe Verbundenheit mit einer Kraft, die wir Gott nennen und die innere Stärke, die ihnen daraus erwächst sind das, was meine Frau und mich motiviert. Diese Begeisterung spüren wir auch bei unseren Vereinsmitgliedern und sie bewegt uns immer wieder aufs Neue, Projekte in Togo anzustoßen und umzusetzen.

Anja Schuchardt

 

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