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(GZ-4-2021)
Neues von Sabrina
 

Ernsthaft nachhaltig

Wie beweist man die Ernsthaftigkeit seiner Nachhaltigkeitsstrategie? Nachdem die Stadtwerke sich an einem regionalen Solarpark beteiligen wollen, wird dem Bürgermeister „Greenwashing“ vorgeworfen.

„Ein neues Gespenst geht um in unserer Betroffenheitsgesellschaft: Greenwashing.“ Mein Chef, der Bürgermeister, war ziemlich ungehalten darüber, dass unseren Stadtwerken Greenwashing vorgehalten wurde, weil sie sich an einem Solarpark in der Region beteiligt haben.

Greenwashing oder Greenwash ist wieder so ein unklarer Anglizismus, der sich prächtig für Schmutzkampagnen und Verleugnungen, vor allem im Netz eignet. Würde man das schöne deutsche Sprachbild „sich ein grünes Mäntelchen umhängen“ benutzen, wäre gleich viel klarer, dass es sinnvoll ist zu unterscheiden, ob sich ein Unternehmen bemüht, auf ökologischere und nachhaltigere Geschäftsmodelle zu setzen oder ob es nur darum geht, der Öffentlichkeit durch den Verweis auf Nebenkriegsschauplätze ökologisches Bewusstsein vorzugaukeln – so die eigentliche Bedeutung von Greenwashing.

Man kann sich sicherlich lange und ausgiebig darüber streiten, wo die Grenze zwischen beidem verläuft. Beispiel Plug-in-Hybride als Dienstwagen oder in der Fahrbereitschaft. Klar, wenn jemand einen Plug-in-Hybrid als Dienstwagen erhält, der im Grunde nur lange Überlandfahrten zu absolvieren hat, dann wäre der Umwelt mehr geholfen, wenn er einen sauberen Diesel oder sparsamen Benziner fahren würde. Wenn aber der durchschnittliche Aktionsradius innerhalb der gut 40 bis 50 Kilometer bleibt, die man Hybride rein elektrisch fahren kann und wenn neben der Tankkarte auch noch der Ladestrom vom Betrieb finanziert wird, ist eine Hybrid-Flotte kein Greenwashing, sondern ein sinnvoller Beitrag zur Luftreinhaltung.

Natürlich wäre es auch besser, wenn man weniger geschäftlich oder privat fliegen würde. Aber wenn man es muss oder will, kann man bei vielen Airlines seinen CO2-Fußabdruck kompensieren, indem ein Ticketaufschlag erhoben wird, der in Aufforstungsprojekte im Regenwald fließt. Ist das „nur“ ein grünes Mäntelchen?

Nein, es ist die Alternative zwischen nur fliegen mit dem Schnäppchenticket und fliegen mit dem Schnäppchentickt plus einem konkreten Beitrag zum Schutz oder zur Regenerierung des Regenwaldes.

Auch bei den Stadtwerken oder anderen Kommunalunternehmen muss man immer fragen, wie ernst es mit der Hinwendung zu ökologischen und nachhaltigen Modellen wirklich ist. Kein städtischer Versorger kann von heute auf morgen aus der konventionellen Stromerzeugung aussteigen, will er nicht die Versorgungssicherheit gefährden.

Aber er ist auf dem richtigen Weg, wenn er peu à peu in nachhaltigere, nichtfossile Stromerzeugung einsteigt. Kein Busbetrieb kann von heute auf morgen seine Dieselbusse verschrotten und auf Elektrobusse umsteigen. Aber wenn Elektro auch in den Fuhrpark nach und nach integriert wird, sind die Signale richtig gestellt.

Leider aber haben wir es mit einer zum Teil hysterischen, dafür aber umso artikulationsfähigeren Verbands- und Aktivistenszene zu tun, die auf dem Altar des Umwelt-, Klima- oder Naturschutzes alles und vor allem alles auf einmal opfern will. Natürlich ist der Mensch der größte Feind der Umwelt, wenn man diese in ihren ursprünglichen Zustand zurückbefördern will.

Aber seit der Mensch vom bloßen Jäger und Sammler zum Ackerbauern und Viehzüchter, zum Städtegründer und Handwerker wurde, gestaltet er die Umwelt. Da gab es immer wieder mal Fehlentwicklungen, die zu korrigieren waren und immer noch sind, aber wir werden als homo sapiens die Welt immer gestalten und umgestalten. Und beides sind Prozesse, die Zeit brauchen. Entscheidend ist doch, dass wir heute die Weichen für die Zukunft richtigstellen. Deshalb sollte auch der Vorwurf des Greenwashings nur noch diejenigen treffen, die ihre schmutzigen Geschäfte grün bemänteln und nicht diejenigen, die ein ernsthaftes Umsteuern anstreben.

Mein Chef, der Bürgermeister, schluckt seinen Ärger über die unberechtigten Vorwürfe erst mal runter und will mit Sachinformationen zur Nachhaltigkeitsstrategie der Stadtwerke in die Öffentlichkeit gehen. Getreu dem Motto des großen Journalisten Gerd Bacher: „Ein Gramm Information wiegt schwerer als tausend Tonnen Meinung“.

Ihre Sabrina

 

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