Michael Salomo, Bürgermeister von Haßmersheim und Sprecher der jungen Bürgermeister*innen und Henning Witzel, Leiter des Hauptstadtbüros des Netzwerks, informierten über die Aktivitäten der vergangenen und die Planungen für die nächsten Monate.
Große Herausforderungen
Die anschließende Diskussion eröffnete Bürgermeister Salomo mit einem Impuls. An acht Punkten machte er die Herausforderungen fest, vor denen die Kommunen jetzt stehen. Er sieht die Wiederbelebung des Vereinslebens als sozialen und emotionalen Anker für viele Bürger. Auch die Auswirkungen der Pandemie auf die Innenstädte und ein zu befürchtender Anstieg der Insolvenzen werde viele Kommunen stark beschäftigen, erwartet Salomo. Bezahlbares Wohnen, Kinderbetreuung und Sozialarbeit dürfen nicht vernachlässigt werden.
„Das würden die Menschen nicht verstehen, wenn man in diesen Feldern keine Lösung anbietet, aber zugleich Unternehmen oder Fluglinien mit Milliardenaufwand rettet“, betonte Salomo. Auch die Digitalisierung von Schulen und Verwaltung bleibe eine Daueraufgabe. „Es reicht ja nicht, Tablets über dem Schulhof abzuwerfen“ machte Salomo deutlich. Dazu komme, dass der Fachkräftemangel in den Verwaltungen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels vielerorts immer dramatischere Folgen hat.
Gewalt gegen Kommunale
Abschließend ist es die zunehmende Bedrohung und Gewalt gegen Kommunale, die die Arbeit erschwert. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte dazu Ende April das Online-Portal „Stark im Amt“ freigeschaltet, bei dessen Entwicklung und Präsentation auch das Netzwerk eingebunden war.
Die Kommunalpolitik ist nahe an den Bedürfnissen der Menschen. In ihren Dörfern, Städten und Landkreisen erleben sie emotionale Heimat. Hier wird demokratisch geprägtes Zusammenleben praktiziert.
Kompliziert, langsam und ineffizient
Doch dazu müssen Kommunen besser ausgestattet werden. Es geht nicht primär um mehr Geld, es geht um Handlungsfähigkeit. Salomo verwies hier auf klare gesetzliche Regelungen, die die Aufgabenfelder von Kommunen, Bund und Ländern definierten – allerdings gibt es immer mehr bürokratische Hürden, so seine Kritik.
Seine Forderung: „Man muss sich zusammensetzen und grundsätzlich über die Aufgabenteilung und die Finanzierung der staatlichen Ebenen neu reden.“ Besonders im Fokus standen dabei die Förderprogramme von Bund und Ländern.
„Im Ergebnis kompliziert, langsam und ineffizient“ so die Zusammenfassung von Thomas Kling, Oberbürgermeister in Calw; sein Kollege Daniel Bullinger, Bürgermeister der Gemeinde Oberrot im Landkreis Schwäbisch
Hall pflichtete ihm bei: „So geht es nicht weiter!“ Annika Popp, 1. Bürgermeisterin im oberfränkischen Leupoldsgrün wies darauf hin, dass Kommunen oft auf Folgekosten gutgemeinter Förderprogramme sitzen blieben, wenn zum Beispiel die IT-Administration von geförderten Laptops für Schulen bei den Kommunen Zusatzkosten verursacht. Noch gebe es in Bund und Ländern viele Fördertöpfe für unterschiedliche Bereiche. Nach Corona wird sich das ändern, weil Bund und Länder sparen, so die Befürchtung der jungen Rathauschefs.
Vorbildfunktion
Bürgermeister Daniel Iliev aus Heringen (Werra) verwies in der Diskussion auch auf die Vorbildfunktion, die gerade junge Rathauschefs haben. So sitzen im Magistrat seiner Kommune seit der letzten Kommunalwahl in Hessen seit langem wieder einmal auch Berufstätige oder Menschen mit kleinen Kindern. Die Arbeit eines jungen Bürgermeisters macht vielen erst wieder deutlich, dass man als junger Mensch etwas bewegen kann und es sich lohnt, sich für seine Kommune zu engagieren.
Digital die Welt retten
Über sein digitales Rathaus berichtete Wertheims Oberbürgermeister Herrera Torrez im Rahmen des folgenden Schwerpunktthemas „Breitband“. Anschließend ging es zum gemeinsamen Mittagessen zum Wahrzeichen Wertheims, der Burg. Am Nachmittag stellte der Unternehmer, Autor, Entwickler und Aktivist Jörg Heynkes unter der Überschrift „Zukunft 4.1 – warum wir die Welt nur digital retten, oder gar nicht“ mögliche Entwicklungen des digitalen Wandels auf die Kommunen vor. Auch Heynkes warb für Entbürokratisierung und eine Föderalismusreform, damit unser Gemeinwesen den vor uns liegenden Herausforderungen der vierten industriellen Revolution gewachsen ist.
Über das Netzwerk
Im September 2019 hat sich das Netzwerk Junge Bürgermeister*innen als eigenständiges Netzwerk unter dem Dach des Innovators Club, der kommunalen Ideenschmiede des Deutschen Städte- und Gemeindebundes gegründet. Mitmachen können alle, die bei ihrer jüngsten Wahl jünger als 40 Jahre alt waren. In Deutschland sind dies zur Zeit über 550 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aller demokratischen Parteien sowie Parteilose.
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