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(GZ-7-2023)
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► BKG-Umfrage zum Bayerischen Krankenhaustrend 2023:

 

Drohender Versorgungsengpass

 

Bund und Länder arbeiten derzeit intensiv an einer umfassenden Krankenhausreform. Zwar ist die konkrete Ausgestaltung derzeit offen; dass die Pläne auch die stationäre Versorgung im Freistaat verändern werden, scheint jedoch unausweichlich. Wie die Verantwortlichen in den bayerischen Krankenhäusern auf die Vorschläge der Regierungskommission für eine Krankenhausreform blicken und wie die aktuellen Hilfsinstrumente wirken, geht aus der Umfrage zum 14. Bayerischen Krankenhaustrend (BKT) hervor, deren Ergebnisse im Münchner Presseclub vorgestellt wurden. Zudem erhob die BKG auch in diesem Jahr die derzeitige wirtschaftliche Situation der bayerischen Krankenhäuser sowie umfangreiche Daten zur Lage in den Krankenhäusern.

Laut BKG-Umfrage rechnen 89 Prozent der Kliniken in Bayern mit zum Teil immensen Verlusten in Millionenhöhe. Für 2022 erwarten 71 Prozent ein Defizit, das Jahr zuvor hatte etwa jedes zweite Krankenhaus im Freistaat rote Zahlen geschrieben und die Höhe der Defizite durch pandemiebedingte Ausgleichszahlungen einigermaßen in Grenzen halten können.

Personalmangel führt zu eingeschränkten Behandlungsmöglichkeiten

Die Befragten gaben an, dass aufgrund von Personalmangel ca. 7.400 Betten nicht betrieben werden können; auf Bayern hochgerechnet wären dies über 11.000 Betten, also nahezu jede siebte Behandlungsmöglichkeit. Davon sind 800 Intensivbetten und 600 Betten auf pädiatrischen Abteilungen betroffen.

Auf die Frage, ob die angekündigte Krankenhausreform zu einer qualitativ besseren Versorgung führt, antworteten 63 Prozent der Befragten mit „nein“, 33 Prozent mit „teils/teils“, und 4 Prozent mit „ja“. Dass eine umfassende Krankenhausreform ohne hohe zusätzliche Finanzmittel gelingen kann, glauben 2 Prozent der Befragten, während 84 Prozent dies verneinten.

Steigende Betriebskostendefizite

75 Prozent der bayerischen Krankenhausverantwortlichen schätzen die wirtschaftliche Situation ihrer Einrichtungen in den kommenden zwei bis drei Jahren als „eher schlecht bis sehr schlecht“ ein. Als größte Herausforderungen der nahen Zukunft sehen Bayerns Klinikmanager vor allem den Fachkräftemangel, weiter steigende Betriebskostendefizite, eine permanente Unsicherheit durch politische Rahmenbedingungen, eine ausufernde Bürokratie, mangelnde Investitionsmittel sowie den Digitalisierungsstau.

„Bayerns Krankenhauslandschaft ist gefährdet. Fehlender Inflationsausgleich der Betriebskosten, Fachkräftemangel und eine Verunsicherung durch die Bundespolitik treiben unsere Kliniken im ganzen Freistaat in eine dramatische Situation und gefährdet die Versorgung“, unterstrich Landrätin Tamara Bischof, 1. Vorsitzende der Bayerischen Krankenhausgesellschaft. „Wenn 89 Prozent der Krankenhäuser Defizite verkraften müssen, ist dies ein völliges Versagen des Finanzierungssystems und nicht die Schuld der Verantwortlichen vor Ort. Jetzt gilt es, die Finanzierung der Kliniken zu sichern, um Insolvenzen und dramatische Versorgungslücken zu vermeiden. Dann gilt es, eine Reform zu entwickeln, die die Interessen der Patientinnen und Patienten sowie der Beschäftigten in den Kliniken in den Mittelpunkt stellt. So ein Reformprozess bedarf mehr Zeit und eine breitere Einbindung der Verantwortlichen in den Kliniken“, betonte Bischof. Dass die Träger dauerhaft Millionenverluste ausgleichen, sei keine Option. Bereits jetzt müssten Landkreise und Städte Investitionen beispielsweise in Schulen zurückstellen, um Klinik-Defizite auszugleichen.

Gemeinsame Reformziele

Aus Sicht der BKG sollte vor einer Detailausarbeitung von Leveln, Leistungsgruppen und einer völlig neuen Finanzierung zunächst eine gemeinsame Basis zu den Zielen der Reform mit Einbindung der Praktiker gefunden werden. „Die enorme Komplexität wird derzeit von der Regierungskommission unterschätzt und die Auswirkungen der theoretischen Reformideen auf die Versorgungspraxis nicht ausreichend bedacht“, machte die Landrätin deutlich.

Der Geschäftsführer der Kliniken Dr. Erler Nürnberg, Markus Stark, der als 1. Vorsitzender des Verbandes der Privatkrankenanstalten in Bayern e. V. (VPKA) zugleich als Vertreter vieler Klinikverantwortlichen in ganz Bayern spricht, machte darauf aufmerksam, dass die fest vom Bund versprochenen Finanzhilfen zum Ausgleich der horrenden Energiepreise und Inflationskosten nicht bei den Krankenhäusern ankommen. „Aus dem sogenannten Härtefallfonds wurden im vierten Quartal 22 nur weit unter 10 Prozent der für diesen Zeitraum vorgesehenen Mittel an die Kliniken aufgrund falscher Bezugsdaten und komplizierter Detailregelungen ausbezahlt. Die Hilfsfondsgelder müssen schnellstmöglich wie versprochen vollständig in den Kliniken ankommen.“

Defitzit monatlich über 100 Millionen Euro

Wegen des fehlenden Inflationsausgleichs und der Probleme mit dem Hilfsfonds des Bundes summieren sich derzeit die Defizite in nahezu allen Krankenhäusern. Bayernweit beträgt das Defizit bereits monatlich über 100 Millionen Euro.

„Auf vage Aussagen aus der Bundespolitik können wir uns nicht mehr verlassen. Wir haben kein Vertrauen mehr, weil blumigen Worten bisher nicht die passenden Taten folgen. Die Kliniken müssen verbindlich ihre Rechnungen bezahlen und ihre Beschäftigten auch entlohnen können“, unterstrich BKG-Geschäftsführer Roland Engehausen.

Reformpapier schafft neue Versorgungsengpässe

Die Verantwortlichen in den Krankenhäusern seien von der Notwendigkeit einer grundlegenden Krankenhausreform und Neuordnung der Klinikfinanzierung überzeugt. Das von der Regierungskommission vorgelegte Reformpapier würde aber keine Probleme lösen, sondern neue Versorgungsengpässe – insbesondere im ländlichen Raum – schaffen sowie die Aus- und Weiterbildung in den Kliniken gefährden. Der kalte Strukturwandel werde nicht gestoppt, sondern allenfalls durch einen technokratischen Strukturwandel nach einer starren bundesweiten Schablone ersetzt. „Die Krankenhäuser in Bayern fordern einen bedarfsgerechten Strukturwandel, der die regionale Versorgungssituation berücksichtigt“, hob Engehausen hervor und ergänzte: „Wir hoffen auf deutliche Nachbesserungen in den laufenden Bund-Länder-Gesprächen.“

Forderungen an den Freistaat

Die Krankenhäuser in Bayern richten ihre Forderungen im diesjährigen Bayerischen Krankenhaustrend nicht nur an die Bundespolitik, sondern auch an die Landespolitik. Konkret erwarten sie neben einem Entbürokratisierungsprogramm die weitere Beschleunigung der Anerkennungsverfahren für Fachkräfte aus dem Ausland, eine Erhöhung der regulären Investitionsmittel im Freistaat auf 900 Mio. Euro jährlich sowie gezielte Förderprogramme für Nachhaltigkeitsmaßnahmen und ein breites Aktionsprogramm zur Fachkräftegewinnung im Krankenhaus- und Gesundheitswesen.

DK

 

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