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(GZ-19-2022)
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► Klausurtagung der CSU-Landtagsfraktion in Kloster Banz:

 

Bayern zukunftsstark

Coronabedingt erstmals seit 2019 traf sich die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag wieder zu ihrer traditionellen Herbstklausur im oberfränkischen Kloster Banz. Unter dem Motto „Bayern zukunftsstark“ widmeten sich die Abgeordneten u. a. den Bereichen Wirtschaft, Sicherheit, Arbeit und Soziales, Digitalisierung, sowie Energie und Landwirtschaft. Vor dem Hintergrund einer drohenden Energie- und Wirtschaftskrise unterstrich der Parteivorsitzende, Ministerpräsident Dr. Markus Söder, die Aufgabe der CSU, als „Stabilitätsanker Nummer 1“ der „Chaosampel“ etwas entgegenzusetzen.

In seiner Grundsatzrede forderte Söder von der Bundes-Ampel „vernünftige Rettungsschirme“. Bayern wolle zudem eigene Hilfspakete und einen Härtefall-Fonds auflegen – insbesondere, um mittelständischen Unternehmen, Vereinen und sozialen Einrichtungen unter die Arme zu greifen. „Wir wollen nicht nur warme Worte senden, sondern auch Hilfe leisten“, machte der Parteichef deutlich.

Längere Laufzeiten bei Atom- und Kohlekraftwerken

Um der Gefahr eines Energieengpasses im Winter vorzubeugen, bekräftigte er seine Forderung nach längeren Laufzeiten bei Atom- und Kohlekraftwerken. Auch eigene Initiativen bei Wasserkraft und Pipelines seien denkbar. Zudem prüfe Bayern eine Klage gegen den Länderfinanzausgleich. Bayern sei derzeit „der barmherzige Samariter von Deutschland“. Er zahle 60 Prozent aller Mittel, insgesamt knapp neun Milliarden Euro. Dies sei nicht akzeptabel. Es brauche eine Deckelung auf einen Höchstbetrag und Verwendungsnachweise für bayerisches Geld. Im Durchschnitt zahle der bayerische Steuerzahler ca. 1200 Euro pro Jahr für einen Bremer Bürger.

„Ein Jahr vor der Landtagswahl steht Bayern gut da“, konstatierte Söder. Die zentralen Vorgaben des Koalitionsvertrages seien trotz fundamentaler Krisen zuverlässig umgesetzt worden. Bei erneuerbaren Energien sei der Freistaat bundesweit auf Platz zwei, bei Zubau, installierter Leistung und bei der Grundlastfähigkeit sogar auf dem ersten Platz. Dabei setze Bayern anders als die Links-Ampel im Bund auf eine „bayerische Koalition“ mit Landräten, Bürgermeistern und den Bürgern. Zudem verwies Söder auf die Hightech-Agenda, die die Zukunftsfähigkeit Bayerns sichert. „Sie ist die mit Abstand wichtigste Förderung und die Einladung an die Welt, bei uns zu investieren“, so der Ministerpräsident. „Apple, Microsoft, Google, all die Großen kommen zu uns, weil bei uns das technische Know-how ist.“ Bayern wolle weiter daran arbeiten, die Hightech-Agenda über das ganze Land auszurollen.

Gespräche mit Wirtschaftsvertretern

Das derzeit alles überragende Thema der explodierenden Energiepreise stand insbesondere beim Austausch mit Wirtschaftsgrößen wie dem Vorstandsvorsitzenden des Münchner Agrarkonzerns BayWa AG, Prof. Klaus Josef Lutz, dem Vorstandsvorsitzenden der Bayernwerk AG, Dr. Egon Leo Westphal, sowie dem Handwerkskammerpräsidenten Hans-Peter Wollseifer im Fokus. In der einstimmig beschlossenen Resolution „Energiekrise: Bürger und Betriebe entlasten, Versorgung sicherstellen“ verlangten die Abgeordneten von der Bundesregierung umgehend entsprechende ordnungspolitische Maßnahmen, um die Energiepreisspirale zu stoppen.

Rettungsschirm für kommunale Versorger

Konkret wird vom Bund ein Rettungsschirm für die kommunalen und kleinen Energieversorger gefordert. Gleichzeitig müssten Anreize für Energieeffizienzsteigerungen, Energieeinsparungen und die Substitution von Erdgas erhalten bleiben. Die Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß sei sofort umzusetzen. Zudem seien die Einführung eines Industriestrompreises, eine Absenkung der Energiesteuern auf Heizöl, Kraftstoffe und Erdgas auf das europäische Mindestmaß sowie die Sicherstellung eines umfangreichen und unbürokratischen Carbon-Leakage-Schutzes erforderlich.

Gegen ideologische Verweigerungshaltung

„Die ideologische Verweigerungshaltung der Grünen und Bundesminister Habeck betrifft nicht nur die Atomkraft. Die Wiederinbetriebnahme von Kohle- und Ölkraftwerken als kurzfristige Alternative zur Stromerzeugung aus Gas wurde vom Bund bisher nicht nennenswert vorangebracht“, heißt es weiter. Dieser müsse jetzt sicherstellen, dass die für die Stromversorgung notwendigen Kohle- und Mineralölkraftwerke zügig in den Markt zurückkehren. Auch müsse das Biogaspotenzial vollständig genutzt werden.

Darüber hinaus gelte es jetzt, unter Berücksichtigung der Umweltauswirkungen zu prüfen, ob und wie Gasvorkommen in Deutschland stärker erschlossen werden können. Gaskraftwerke hätten im August 2022 sogar über 10 Prozent mehr Strom erzeugt als im Vorjahresmonat. „Der Bund muss hier endlich die Rahmenbedingungen für eine deutlich stärkere Nutzung der Gasalternativen setzen, anstatt eine Mangellage in Kauf zu nehmen und die Energieerzeugung und die Absicherung des deutschen Stromnetzes bei kritischen Wetterlagen auf das Ausland abzuwälzen“, fordert die CSU-Fraktion. Außerdem müsse der Bund endlich einen konsistenten und ambitionierten Plan zum Aufbau eines deutschen und europäischen Wasserstoffnetzes vorlegen. Dabei dürfe Bayern von der Ampel-Koalition nicht benachteiligt werden.

Fachkräftesicherung

Über die Fachkräftesicherung, die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung sowie die Arbeitswelt der Zukunft sprach die Fraktion mit der neuen Vorstandsvorsitzenden der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles. In der einstimmig beschlossenen Resolution zum Thema „Gemeinsam dem Fachkräftemangel begegnen, neue Chancen Nutzen“ unterstrichen die Abgeordneten die Brisanz des Themas.

Fachkräftebedarf

„Der Fachkräftebedarf der bayerischen Wirtschaft lässt sich vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und der digitalen Transformation nicht allein mit heimischen Fachkräften decken“, betont die CSU-Fraktion. Bayern habe auf die Herausforderungen bereits mit einem Bündel von Maßnahmen reagiert. Ein zentraler Faktor sei, das Fachkräftepotenzial von Personen aus dem EU-Ausland oder Drittstaaten auszuschöpfen, die in Deutschland und Bayern arbeiten wollen. Damit dies gelingt, seien zügige und effiziente Verfahren für die Anerkennung der im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen von Bedeutung. Die Koordinierungs- und Beratungsstelle Berufsanerkennung (KuBB) in Nürnberg leiste hierzu mit ihrem Beratungsangebot einen enorm wichtigen Beitrag.

Schnelle Entscheidungen

Mit der Schaffung der Zentralen Stelle für die Einwanderung von Fachkräften sowie der personellen Stärkung der örtlichen Ausländerbehörden seien zudem die Voraussetzungen für schnelle Entscheidungen im Aufenthaltsrecht geschaffen worden. Mit Blick auf den Ablauf von Visaverfahren sei der Bund gefordert, diese noch schneller auszugestalten, Wartezeiten für Fachkräfte zu vermeiden und die Auslandsvertretungen ausreichend personell zu besetzen. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz aus dem Jahr 2020 wurden für das Einwanderungs- und Ausländerrecht Regelungen erlassen, die es gelte, zielgenau weiterzuentwickeln, vorrangig durch die Optimierung von Verfahrensabläufen und darüber hinaus bedarfsgerecht durch die gezielte Nachjustierung einzelner Regelungen. Im Zentrum müssten dabei die gezielte Ansprache und Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften (z.B. im IT-Bereich) stehen.

In einem Expertenpanel mit Ursula Egger, Rewe Markt GmbH, Stefan Soiné, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Ernährungswirtschaft sowie Anna-Maria Stürzer, Junglandwirtin und Agrar-Influencerin, informierten sich die Abgeordneten über die „Lebensmittelversorgung: Aus Bayern – für Bayern“. Dazu verabschiedete die CSU-Fraktion die Landwirtschafts-Resolution „Kein Bayern ohne Bauern“. Die Krise in der Ukraine mache deutlich, dass die Versorgung mit Lebensmitteln nicht selbstverständlich ist. Die Auswirkungen auf die Produktionsmittel seien fatal und belasteten insbesondere die tierhaltenden Betriebe, heißt es darin. „Unsere Landwirtschaft leistet einen wichtigen Beitrag für die heimische, aber auch für die weltweite Ernährungssicherung. Wir wollen alles daransetzen die regionale Produktion und Wertschöpfung in der Landwirtschaft zu unterstützen.“

Expertenpanel

Im Rahmen des Diskussionspanels „Stadt, Land, Chance“ zeigten Michael Abraham, Erster Bürgermeister der Stadt Rehau, Sebastian Kuhn, Baurconsult Architekten und Ingenieure aus Haßfurt, sowie Ullrich Zuber, Hausarztverein Coburg Stadt und Land e. V., dass der ländliche Raum vor allem ein Innovationsraum mit vielfältigen Chancen ist. In einer Ausstellung präsentierten sich Angebote wie „Rosi-Mobil“ aus Rosenheim und „KExI Mobil“ aus Kelheim, die für Mobilität im ländlichen Raum sorgen.

Angesichts der enormen Fluchtbewegungen stand mit dem Präsidenten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Dr. Hans-Eckhard Sommer, das Thema Migration auf der Agenda. Wie CSU-Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer berichtete, verzeichne Bayern aktuell eine Belegung der Aufnahmezentren von 100 Prozent und mehr. Dies habe es seit der Flüchtlingskrise 2015/2016 nicht mehr gegeben.

Zu teures Bürgergeld

Alle anerkannten Flüchtlinge erhielten von der Bundesregierung sofort Bürgergeld – eine europaweit einmalige Leistung, konstatierte Kreuzer. In Griechenland etwa gebe es keinerlei Unterstützung für anerkannte Asylbewerber. Zum Teil kämen sie nach Deutschland. Diejenigen Regierungen, die sie als Flüchtlinge anerkannt hätten, nähmen sie dann nicht mehr zurück. Im Fall der Ukraine-Flüchtlinge werde dies schon rein rechtlich gar nicht verlangt. Kreuzers Prognose: „Auf Dauer wird Deutschland das nicht aushalten.“
In Bayern ersetze die Staatsregierung den Landkreisen und kreisfreien Städten den Aufwand für die Unterbringung, fuhr der Fraktionschef fort. Dafür sei im aktuellen Haushalt eine Milliarde Euro eingeplant, Geld, das möglicherweise nicht ausreicht. Der Bund, so kritisierte Kreuzer, mache keinerlei Anstalten, sich finanziell zu beteiligen.

Schulturnhallen als Notunterkünfte

Ändere sich nichts an der Situation, müssten in wenigen Wochen wieder Schulturnhallen als Notunterkünfte ertüchtigt werden, unterstrich der Präsident des Bayerischen Landkreistags, Fürstenfeldbrucks Landrat Thomas Karmasin, mit Blick auf die seit einigen Wochen wieder steigenden Flüchtlingszugänge vor allem aus Syrien und Afghanistan. Solche Maßnahmen wären der Bevölkerung wohl nur schwer vermittelbar. Deshalb müsse der Zustrom begrenzt oder eine andere Form der Verteilung ins Visier genommen werden.

 

 

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