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(GZ-4-2022)
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► Klausurtagung der CSU im Bundestag:

 

„Aufbruch 22“

Startschuss für das Projekt „Aufbruch 22“ im Rahmen der traditionellen Klausurtagung der CSU im Bundestag: Neben der Diskussion mit hochkarätigen Gästen über die vielfältigen Herausforderungen der 2020er Jahre stand die Verabschiedung eines „bürgerlichen Kontrastprogramms zur Ampel-Koalition“ im Mittelpunkt der Berliner Veranstaltung. Mit dem Beschlusspapier, das „für einen Aufbruch, für Respekt vor Leistung und Chancen auf Teilhabe“ steht, soll das Fundament für ein Comeback in Regierungsverantwortung geschaffen werden.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Bild: ©CSU im Bundestag / Pedro Becerra
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Bild: ©CSU im Bundestag / Pedro Becerra

Deutschland werde derzeit unter Wert regiert, kritisierte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Die Ampel glänze durch Uneinigkeit, Untätigkeit und Unzuverlässigkeit. Die CSU stehe für „die kritische Begleitung der Bundesregierung - konstruktiv, aber kritisch“, so Dobrindt. Will heißen: „Wir sind nicht die Claqueure, sondern die Kontrolleure einer Ampel-Regierung, und haben die Aufgabe zu zeigen, dass es bessere Konzepte gibt.“

CSU-Parteivorsitzender Dr. Markus Söder mahnte, die Bundesregierung müsse in diesen unruhigen und unsicheren Zeiten ein Gefühl von Sicherheit, Verlässlichkeit und Klarheit definieren. Mit Blick auf das Chaos um die KfW-Förderung für energieeffizientes Bauen forderte Söder die Bundesregierung auf, die soziale Dimension des Klimaschutzes zu berücksichtigen. Es sei weder eine klare Linie erkennbar, noch reichten die beschlossenen Maßnahmen aus. Söder machte klar: „Klimaschutz ja, aber Versorgungssicherheit und Preisstabilität müssen berücksichtigt werden.“

Die galoppierende Inflation war Thema des Gesprächs mit Prof. Dr. Hans-Werner Sinn, dem emeritierten Präsidenten des ifo Instituts. Sinn beschrieb die Gefahr einer Stagflation und nannte vier Gründe für die historische Inflationsentwicklung: die Steigerung der Energiepreise, die globalen Lieferengpässe, die exzessive Staatsverschuldung gerade in Europa und die enorme Vermehrung der Geldmenge in der Eurozone. Ein Umsteuern der EZB in der Politik der Null-Zinsen und Staatsanleihenkäufe sei daher dringend geboten, so Sinn.

Wirtschaft und Energie standen auch im Zentrum der Diskussionen mit Oliver Zipse, Vorstandsvorsitzender der BMW AG sowie Leonhard Birnbaum, CEO der E.ON SE. Beide beschrieben eindrücklich die Folgen der Energiepreisentwicklung auf die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und plädierten für einen engen Dialog von Industrie und Politik. Fragen wie der Aufbau einer strategischen Gasreserve müssten rasch entschieden werden.

Betrug am Steuerzahler

Im Beschlusspapier kritisiert die CSU im Bundestag zunächst den „Versuch der links-gelben Koalition, mit Schuldenakrobatik das Grundgesetz zu umgehen“. Als erste Amtshandlung habe der neue Finanzminister Christian Lindner einen Haushalt vorgelegt, der über 60 Milliarden Euro an der Schuldenbremse „vorbeischummelt“. „Wir wollen diesen Betrug am Steuerzahler mit einer Klage beim Bundesverfassungsgericht stoppen.

Da die Schuldenbremse ein Erfolgsmodell und ein echter Garant für Generationengerechtigkeit sei, schlägt die CSU einen dreistufigen Neustart für das Projekt Schwarze Null vor: ab 2023 Schuldenbremse wieder einhalten, ab 2025 wieder Haushalte ohne neue Schulden und bis 2030 eine Schuldenquote von unter 60 Prozent.

Weil die neue Regierung auf „mehr Steuern statt Gegensteuern“ setze und sich damit zur „Teuer-Koalition für die Menschen in unserem Land“ mache, will die CSU-Landesgruppe eine soziale Steuerreform umsetzen und kleine wie mittlere Einkommen deutlich entlasten. Gleichzeitig solle die Höhe der Sozialabgaben für kleine Einkommen gedeckelt werden. Für die Mitte der Gesellschaft und damit für alle Einkommen unter 60.000 Euro wird ein „Super-Pauschbetrag“ in Höhe von 1.000 Euro für die Jahre 2021 und 2022 empfohlen.

„Wir wollen Familien entlasten und unterstützen, die Preissteigerung im Alltag abzufedern. Wir halten deshalb am Ehegattensplitting fest und wollen zusätzlich Kinder positiv berücksichtigen, indem wir den Steuerfreibetrag für Kinder auf das Niveau des Erwachsenenfreibetrags anheben“, heißt es weiter. Gleichzeitig soll der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende auf 5.000 Euro angehoben und das Wohngeld für Alleinerziehende um 20 Prozent aufgestockt werden.

„Private Altersvorsorge braucht Zinsen. Solange die EZB die Zinsen künstlich auf oder unter Null drückt, werden Sparer enteignet und zusätzlich mit Negativzinsen belastet. Deutschland braucht einen Zinsbonus statt des EZB-Sparmalus“, macht die CSU-Landesgruppe deutlich. „Wir wollen dafür eine Deutschland-Innovationsanleihe für kleine und mittlere Einkommen einführen – mit einem staatlich garantierten Positivzins von 2 Prozent und einer Laufzeit von mindestens 10 Jahren.“

4. Säule Generationenfonds

Aufbruch lautet die Devise auch beim Thema Rente – mit einem Paradigmenwechsel hin zu einer Kombination aus stabilem Rentenniveau, attraktiven privaten Vorsorgeoptionen, bezahlbaren Beiträgen und einer neuen vierten Renten-Säule mit einer Altersvorsorge von Anfang an. Dabei wird auf das Prinzip „Früher vorsorgen statt länger arbeiten“ gesetzt. Nach dem Willen der CSU sollen die bestehenden drei Säulen der Altersvorsorge um eine vierte Säule ergänzt werden: einen Generationenfonds, der eingezahlte Beiträge renditeorientiert anlegt. In diesen Generationenfonds zahlt der Staat in einer Einzahlphase für jedes Kind ab Geburt bis zum 18. Lebensjahr monatlich 100 Euro ein. Mit dem Eintritt in das Rentenalter beginnt die Auszahlphase. Ziel ist es, die Rentenlücke zu füllen, indem jede und jeder Einzelne zukünftig zusätzlich eine Generationenrente erhält und dadurch Altersarmut wirksam vermieden wird.

Thema Gesundheit: „Wir wollen einen steuerfreien Sofort-Bonus für Intensivpflegekräfte in Höhe von 3.000 Euro. Der Bundeskanzler hat einen solchen Pflegebonus versprochen, sein Versprechen aber nicht eingehalten“, kritisiert die CSU-Landesgruppe. Eine Pflege-Prämie sei bis heute weder ausgezahlt worden, noch wurden die notwendigen Rechtsgrundlagen dafür geschaffen.

Technologieoffenheit

Stichwort Mobilität: „Wir glauben, das Auto hat Zukunft mit der ganzen Bandbreite von Elektromobilität über Wasserstoff bis zu synthetischen Kraftstoffen. Diese Notwendigkeit der Technologieoffenheit ergibt sich auch aus den unterschiedlichen Anforderungen an die Antriebe in den verschiedenen Anwendungsfeldern. Die Ampel hingegen verabschiedet sich von der technologieoffenen Förderung und setzt nur auf die Elektromobilität“, heißt es in dem Papier.

Die CSU stehe für das Gegenmittel mit intelligenten Mobilitätskonzepten statt ideologischem Einheitsrezept. Dazu zählten: Perspektive für den sauberen Verbrenner, Mobilitäts-Garantie für den ländlichen Raum, beste Infrastruktur im ganzen Land sowie schnelle Verbindungen zwischen Umland und Stadtmitte (u.a. Zweckbindung der GVFG-Mittel mit einem klaren Schwerpunkt auf die Anbindung des Umlandes sowie Ausbau von S- und U-Bahnen und Park-and-Ride-Flächen).

Wirtschafts-Booster

Auf der To-Do-Liste steht zudem ein „Booster-Programm für die Wirtschaft“. Betriebe sollen entlastet werden; zudem soll es mehr Spielräume geben für nachhaltiges Wachstum, neue Arbeitsplätze, mehr Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftsinvestitionen in Klima und Digitalisierung. Angedacht ist u. a. für kleine und mittelständische Unternehmen eine Flat-tax von 20 Prozent für im Unternehmen einbehaltene (thesaurierte) Gewinne. Laut CSU-Landesgruppe wird damit die notwendige Liquidität für Investitionen in die Zukunft geschaffen. „Für alle anderen Unternehmen und Betriebe wollen wir eine Unternehmenssteuerreform mit einer Gesamtsteuerlast von maximal 25 Prozent, um international wettbewerbsfähig zu bleiben mit unseren Konkurrenten aus den USA und Asien.“

Mit Blick auf die steigenden Energiepreise soll ein Sofortprogramm gestartet werden, das die Energiepreise wirksam senkt und die Industrie international wettbewerbsfähig hält. „Dafür wollen wir Steuern wie Abgaben auf Energieträger auf das Mindestniveau nach EU-Recht absenken, die EEG-Umlage schon 2022 abschaffen und den Energiesteuer-Spitzenausgleich verlängern.“

Um die Resilienz der deutschen Wirtschaft zu stärken, müssten Schlüsseltechnologien und -produkte künftig vermehrt auch wieder in Europa produziert werden, betont die CSU. Neben der Chipproduktion seien weitere Schlüsseltechnologien im Rahmen europäischer Industriepolitik zu unterstützen.

Stichwort Sicherheit: Vor dem Hintergrund, dass sich einige digitale Kommunikationsdienste zu Plattformen des Hasses und der Hetze entwickelt haben, will die CSU dafür sorgen, dass digitale Kommunikationsdienste zweifelsfrei mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz erfasst werden. Damit Straftaten effektiv verfolgt werden können, brauche es eine Nutzerdatenerhebung auch durch nummernunabhängige Telekommunikationsanbieter, damit die Behörden im begründeten Verdachtsfall einen Ermittlungsansatz haben. „Wir wollen Telekommunikationsdienstleister zur Mitwirkung bei Onlinedurchsuchungen und Quellen-TKÜ verpflichten. Auch Anbieter, die ihren Firmensitz außerhalb Deutschlands haben, sollen zur Kooperation mit deutschen Behörden verpflichtet werden.

Zudem plädiert die CSU-Landesgruppe für eine Reform des Cyberstrafrechts mit härteren Strafen, die den besonderen Unrechtsgehalt der Cyberstraftaten widerspiegeln. Datendiebstahl und der Weiterverkauf intimer Daten sollten genauso hart bestraft werden, wie Einbrecher und Hehlerei in der analogen Welt. Besonders bei Cyberangriffen auf kritische Infrastrukturen müssten die Ermittlungsmöglichkeiten verbessert werden.

Ansprüche der gesellschaftlichen Mitte

Mit Blick auf das Thema Migration wird darauf verwiesen, dass in Europa nur Schutz finden kann, wer einen berechtigten Asylanspruch hat. Deshalb solle spätestens bei Ankunft an den EU-Außengrenzen entschieden werden, welcher Flüchtling einen berechtigten Aufenthaltsstatus hat und welcher nicht.

„Wir richten unsere Politik aus an den Ansprüchen der gesellschaftlichen Mitte: Respekt vor Leistung und Chancen auf Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. Dabei leiten uns klare Grundsätze: Verstehen statt verklären“, heißt es abschließend. Besonders bei den Kindern habe die Pandemie sichtbar Spuren hinterlassen. Stärker als bisher müssten daher nicht nur die entstandenen Defizite in Bildung und Ausbildung in den Blick genommen werden, sondern auch die psychosozialen Folgen und Entwicklungen.

„Wir wollen ein Entwicklungspaket, das insbesondere außerschulische Schwerpunkte setzt und dabei dezidiert Sichtweisen und Wünsche von Kindern sowie Jugendlichen beinhaltet“, so die CSU-Forderung.

DK

 

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