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(GZ-14-2020)
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► Mehr Handlungsspielraum für Kommunen:

 

Landtag ändert Gesetz

 

Eine Gesetzesänderung, die den Kommunen mehr Spielräume bei ihrer Haushaltsplanung einräumt, beschloss der Landtag mit breiter parlamentarischer Mehrheit. So sollen Städte und Gemeinden trotz der Corona-Pandemie handlungsfähig bleiben. Konkret erleichtert die am 1. August in Kraft tretende Regelung den Kommunen den Zugang zu Krediten. Zudem erhalten sie die Möglichkeit, ihre Haushaltsaufstellung zu beschleunigen.

„Gepaart mit finanziellen Unterstützungen des Freistaats stellen wir sicher, dass die Kommunen trotz akuter finanzieller Herausforderungen kurzfristig handlungsfähig bleiben“, sagte Bayerns Innen- und Kommunalminister Joachim Herrmann.

„Mittel- und langfristig bleibt es freilich das Ziel, wieder zu soliden Kommunalfinanzen, einem Markenzeichen des Freistaats Bayern, zurückzukehren.“

Die Gesetzesänderung, die am 1. August in Kraft tritt, beruht auf Anregungen des Innenministeriums, die wiederum auf Wünsche der Kommunalen Spitzenverbände zurückgehen. Sie erleichtert den Kommunen zum Beispiel den Zugang zu Krediten und Kassenkrediten. Die Haushaltsaufstellung kann beschleunigt und Genehmigungspflichten können ausgesetzt werden. Die zur Umsetzung erforderliche Verordnung soll noch in der ersten Augusthälfte ergehen.

Leistungsfähigkeit sicherstellen

Die Gesetzesänderung bezieht sich auf das Bayerische Sicherheitsüberprüfungsgesetzes und weitere Rechtsvorschriften. Durch die weltweite Corona-Pandemie fehlen den Kommunen erhebliche Steuereinnahmen – insbesondere Einnahmen durch die Gewerbesteuer und Einkommensteuer.

Gleichzeitig steigen die Ausgaben zur Katastrophenbewältigung und bei den Sozialleistungen. Die Gesetzesänderung hat zum Ziel, den Kommunen zeitlich begrenzte kommunalwirtschaftliche Handlungsspielräume einzuräumen. Dadurch soll aber weder die materielle Finanzausstattung der Kommunen verbessert, noch spätere Schuldentilgung in Aussicht gestellt werden.

Die Eröffnung kommunalwirtschaftlicher Spielräume in den Jahren 2020 und 2021 darf auch nicht dazu führen, dass in diesen Jahren beliebige Projekte vorgezogen werden, die sonst im Rahmen einer geordneten Haushaltswirtschaft und unter Sicherstellung der dauernden Leistungsfähigkeit nicht finanzierbar wären.

Im Fokus steht die mittel-und langfristige Sicherstellung bzw. Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit der Kommunen. So ermöglicht die Ausgestaltung als Verordnungsermächtigung kurzfristige und flexible Reaktionen auf die jeweiligen Problemstellungen.

Keine Gefährdung der Handlungsfähigkeit

Der jeweilige dritte Teil in der Gesetzesänderung von Gemeindeordnung, Landkreisordnung und Bezirksordnung beinhaltet die gemeinde-, landkreis-und bezirkswirtschaftlichen Vorschriften, bestehend aus den Bestimmungen zu Haushaltswirtschaft (z. B. Haushaltsausgleich), Kreditwirtschaft (z. B. Bindung von Kreditaufnahmen an Investitionen, Investitionsförderungsmaßnahmen und Umschuldung), Vermögenswirtschaft (z. B. Bildung von Rücklagen), gemeindliche Unternehmen (z. B. Grad der Bindung an kommunalwirtschaftliche Bestimmungen), Kassen- und Rechnungswesen (z. B. Pflicht doppisch buchender Kommunen zur Erstellung eines konsolidierten Jahresabschlusses) und Prüfungswesen (insbesondere örtliche und überörtliche Prüfung). Gegenwärtig zeichnet sich vor allem ab, dass viele Kommunen infolge von Einnahmeeinbrüchen und Ausgabensteigerungen ihre (kameralen) Verwaltungshaushalte nicht mehr ausgleichen können bzw. ihre (doppische) laufende Verwaltungstätigkeit defizitär wird.

Gleichzeitig besteht ein Bedürfnis zur Schonung (kameraler) Rücklagen und (doppischer) Liquiditätsreserven, um die in den nächsten Jahren befürchteten erheblichen Steuerrückzahlungen abfangen zu können, ohne erneut die eigene Handlungsfähigkeit zu gefährden.

Regeln der Verordnungsermächtigung

  • die Verordnungsermächtigung soll als temporäre Abweichung insbesondere folgende Regelungen ermöglichen.
  • die Zulassung der Bekanntmachung einer nicht genehmigungspflichtigen Haushaltssatzung/Nachtragshaushaltssatzung vor Vorlage an die Rechtsaufsichtsbehörde 
  • mehr zeitlicher Spielraum in Fällen, in denen sonst unverzüglich eine Nachtragshaushaltssatzung vorzulegen wäre 
  • die generelle Zulässigkeit von Kreditaufnahmen trotz vorhandener Rücklagen/Liquiditätsreserven und die Zulassung der Aufnahme von Krediten zur Finanzierung anderer Ausgaben, Aufwendungen und Auszahlungen als für Investitionen, Investitionsförderungsmaßnahmen und zur Umschuldung
  • den Verzicht auf die Genehmigungspflicht für Kreditaufnahmen, für Verpflichtungsermächtigungen zugunsten 2021 und im Gegenzug hierzu zu erfüllender Anforderungen 
  • die Verlängerung der Geltungsdauer von Kreditermächtigungen auf den gesamten Finanzplanungszeitraum
  • die Aussetzung des absoluten Nachrangs der Aufnahme von Kassenkrediten die Aussetzung der Höchstbetragsregelung für Kassenkredite sowie eine Aussetzungsmöglichkeit für die Aufstellung, Vorlage und Feststellung von konsolidierten Jahresabschlüssen.

Befristung bis 2032

Der Ermächtigungszeitraum für kommunalwirtschaftliche Erleichterungen ist mit Blick auf die prognostizierte Entwicklung der Steuereinnahmen (starker Einbruch 2020, Erholung 2021) auf die Haushaltsjahre 2020 und 2021 beschränkt. Es liegt jedoch in der Natur kommunalwirtschaftlicher Sachverhalte, dass Entscheidungen in einem Haushaltsjahr Auswirkungen auf spätere Haushaltsjahre – über die Jahre 2020 und 2021 hinaus – haben können. Beispielsweise führt eine erhöhte Kreditaufnahme in der Folgezeit zu höheren Tilgungslasten.

Die durch Rechtsverordnung zugelassenen Abweichungen dürfen solche Auswirkungen haben, beschränken diese allerdings auf den Zeitraum bis Ende 2032. Nach derzeitiger Einschätzung sei es ausreichend, die gesetzliche Ermächtigung für gemeinde-, landkreis-und bezirkswirtschaftliche Erleichterungen im Zuge der Corona-Pandemie von 2020 zeitlich befristet zuzulassen. Die zeitlich befristete Gültigkeit des Gesetzes soll sich jedoch über den konkreten Ermächtigungszeitraum (Haushaltsjahre 2020 und 2021) hinaus auch auf das Kalenderjahr 2022 erstrecken, da erst im Kalenderjahr 2022 die Rechnungslegung für das Haushaltsjahr 2021 stattfindet.

„Ein wichtiges Signal“

Joachim Hanisch, stellvertretender Vorsitzender und kommunalpolitischer Sprecher der FREIE WÄHLER Landtagsfraktion, wies darauf hin, dass die Partei bereits im Juni mit einem Dringlichkeitsantrag gefordert hatte, die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die rund 2.000 Kommunen im Freistaat sehr genau zu beobachten.

„Genau dieser Forderung ist mit der Verabschiedung der entsprechenden Gesetzesänderung im Landtag Rechnung getragen worden. Das ist ein wichtiges Signal an alle kommunalen Mandatsträger, dass wir sie mit ihren Sorgen und Nöten auch in Krisenzeiten nicht alleine lassen. Außerdem markiert die Gesetzesänderung den Startschuss für umfangreiche finanzielle Erleichterungen, die sicherstellen werden, dass unsere Kommunen schadlos durch die Corona-Krise kommen. Zusammen mit den staatlichen Unterstützungsleistungen stellen wir so sicher, dass die Kommunen nicht unverschuldet in finanzielle Schieflagen geraten und weiterhin ihre kommunalen Aufgaben der Daseinsvorsorge erfüllen können.“

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