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(GZ-4-2020)
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► Bayerns Justizminister Georg Eisenreich:

 

Gegen Angriffe auf die Demokratie

 

Online Strafanzeige erstatten zu können, Hate-Speech-Beauftragter sowie härtere Sanktionen – das sind einige der Forderungen des runden Tisches unter dem Titel „Strafrechtlicher Schutz kommunaler Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger“ im bayerischen Justizministerium.

Die bayerische Justiz will Hetze gegen Menschen, die sich für unser Gemeinwohl einsetzen, mit allen Mitteln des Rechtsstaats bekämpfen. „Angriffe auf Kommunalpolitikerinnen und -politiker sind auch Angriffe auf unsere Demokratie. Wer wegen seines kommunalen Mandats oder Amts Ziel von Straftaten geworden ist, dem werden wir es mit einem Online-Verfahren erleichtern, sich mit einer Strafanzeige oder Prüfbitte an die Justiz zu wenden. Auch werden wir bei allen 22 bayerischen Staatsanwaltschaften Ansprechpartner benennen, die den Kommunalpolitikerinnen und -politikern bei begangenen Straftaten zur Seite stehen“, sagte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich.

Runder Tisch

Immer wieder schlagen Politikerinnen und Politikern – insbesondere Amts- und Mandatsträgerinnen und -trägern – auf kommunaler Ebene Beleidigungen, Drohungen, zum Teil auch Hass und in Einzelfällen sogar Gewalt entgegen. Eisenreich hat deshalb die Kommunalen Spitzenverbände zu einem runden Tisch ins Justizministerium eingeladen. Gemeinsam mit dem Präsidenten des Bayerischen Landkreistags, Christian Bernreiter, dem Präsidenten des Bayerischen Bezirketags, Franz Löffler, dem Ersten stellvertretenden Vorsitzenden des Bayerischen Städtetags, Dr. Thomas Jung, und dem Geschäftsführenden Präsidialmitglied des Bayerischen Gemeindetags, Dr. Franz Dirnberger, erörterte er Möglichkeiten, den strafrechtlichen Schutz kommunaler Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger zu verbessern und stellte das Schutzkonzept der bayerischen Justiz vor.

Präsident Bernreiter sieht die Initiative des Justizministers als angemessenes Signal für die Kommunen und vor allem für alle, die sich für unsere Gesellschaft auf kommunaler Ebene engagieren. „Es ist richtig und wichtig, dass wir uns alle gemeinsam diesen unmöglichen Entwicklungen entgegenstellen. Unsere Demokratie lebt von der politischen Auseinandersetzung und sie braucht diese. Verrohung und Gewalt dürfen aber niemals dazu gehören und nicht toleriert werden. Drohungen gegen Kommunalpolitiker, aber auch gegen unsere Mitarbeiter in den Behörden müssen tabu sein. Wenn aus Stimmungsmache Straftaten werden, muss das Gesetz mit seiner ganzen Härte durchgreifen“, sagte er.

Rückendeckung der Justiz

Präsident Löffler kritisierte, dass oft über zunehmend verbalen Anfeindungen gegenüber kommunalen Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern geschwiegen werde, weil man die Täter nicht ausfindig machen könne oder weil die Betroffenen meinen, diese Beleidigungen aushalten zu müssen. „Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker bringen sich tagtäglich für unser Gemeinwesen ein und dafür brauchen sie die Rückendeckung von Politik, Justiz und Polizei. Deshalb begrüßt der Bayerische Bezirketag den Vorstoß von Justizminister Eisenreich und das starke Signal, das wir mit diesem runden Tisch setzen konnten. Hass und Gewalt dürfen nicht zur Gewohnheit in der Kommunalpolitik werden!“, sagte er.

Vorfälle anzeigen

Gemeindetagspräsident Dr. Uwe Brandl betonte, alle Ansätze können nur greifen, wenn es darüber hinaus gelingen würde, auch einen Bewusstseinswandel in der Gesellschaft herbeizuführen. Hierzu seien alle gesellschaftlich relevanten Gruppen aufgerufen. Auch Oberbürgermeister Dr. Thomas Jung befürwortete vereinfachte Online-Verfahren zur Meldung von Online-Straftaten, feste Ansprechpartner für Kommunalpolitiker bei den Staatsanwaltschaften und die Verschärfung des Strafrechts. „Nötig ist ein konsequentes Vorgehen der Ermittlungsbehörden: Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte müssen Vorfälle gegen kommunale Mandatsträger ernst nehmen und brauchen dafür Instrumente. Und wichtig ist auch: Kommunalpolitiker dürfen Beleidigungen, Schmähungen und Übergriffe nicht einfach hinnehmen, sondern müssen solche Vorfälle konsequent zur Anzeige bringen“, appellierte er an Betroffene.

Unkompliziertes Online-Verfahren

Das Konzept der bayerischen Justiz zum Schutz kommunaler Amts- und Mandatsträgerinnen und -träger umfasst sieht ein vereinfachtes Online-Verfahren für Online-Straftaten vor. Statt wie bisher schriftlich und unter Beifügung von Datenträgern oder Ausdrucken können Betroffene Anzeigen und Prüfbitten unkompliziert via Online-Formular an die Justiz übermitteln. Dort werden die eingehenden Meldungen durch den Hate-Speech-Beauftragten der bayerischen Justiz geprüft, der bei der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) angesiedelt ist.

Kontakt zur Polizei

Insbesondere für den Bereich der „analog“ begangenen Straftaten wird die bayerische Justiz bei jeder der 22 bayerischen Staatsanwaltschaften einen Ansprechpartner für die Kommunalpolitikerinnen und -politiker benennen. Die Ansprechpartner stehen insbesondere für eine Beratung im Hinblick auf die strafrechtliche Bewertung und Anzeigeerstattung zur Verfügung, sorgen für eine nachdrückliche, sorgfältige und zügige Ermittlung des Sachverhalts und vermitteln zur Gewährleistung einer wirksamen Prävention den Kontakt zur Polizei.

Nachdrückliche Strafverfolgung

Für die bayerischen Staatsanwaltschaften gilt: Eine nachdrückliche Verfolgung von Straftaten zum Nachteil von Kommunalpolitikerinnen und -politikern liegt grundsätzlich im öffentlichen Interesse. Das bedeutet: Verweisungen auf den Privatklageweg kommen in Bayern bei solchen Straftaten in aller Regel nicht in Betracht, d.h. die Staatsanwaltschaften übernehmen die Strafverfolgung selbst. Auch Verfahrenseinstellungen wegen Geringfügigkeit oder geringer Schuld sind in Bayern auf den absoluten Ausnahmefall beschränkt.

Härtere Sanktionen Bayern setzt sich auf Bundesebene rechtspolitisch ein: Durch den bereits vorgelegten bayerischen Diskussionsentwurf zur Modernisierung der Beleidigungsdelikte wurde eine Verschärfung der strafrechtlichen Regelungen gefordert, um den strafrechtlichen Schutz von Kommunalpolitikerinnen und -politikern zu verbessern. Insbesondere sollen auch die Strafrahmen erweitert und so höhere Strafen verhängt werden können. Zudem unterstützt Bayern die Initiative der Bundesjustizministerin, die Anwendbarkeit der Vorschrift für den besonderen strafrechtlichen Schutz von Personen des politischen Lebens (§ 188 StGB) auf kommunalpolitisch tätige Personen gesetzlich klarzustellen.

Befugnisse bei der Ermittlung

Um insbesondere die Urheber strafbarer Hate-Speech zu identifizieren und dadurch Hasskriminalität im Internet effektiver bekämpfen zu können, fordert Bayern auf Bundesebene die Verbesserung der Ermittlungsbefugnisse in der digitalen Welt. Zudem setzt sich Bayern weiter mit Nachdruck dafür ein, dass die Betreiber sozialer Medien ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden und Auskunftsersuchen der Strafverfolgungsbehörden ohne Wenn und Aber beantworten.

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