Politikzurück

(GZ-24-2018)
gz bundespolitik

► Positionen zur Grundsteuerreform:

 

Jetzt die richtigen Weichen stellen

 

Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat sein Konzept für eine Reform der Grundsteuer vorgelegt. Im April hatte das Bundesverfassungsgericht das System der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt. Die Grundsteuer muss nun spätestens bis zum 31. Dezember 2019 reformiert werden. Wenn dies gelingt, dürfen die derzeit geltenden Regeln für weitere fünf Jahre, längstens aber bis zum 31. Dezember 2024, angewandt werden.

Scholz hat nun den Länderfinanzministern zwei alternative Vorschläge vorgestellt – ein flächenorientiertes sowie ein ertragswertorientiertes Modell. Danach soll der Wert der Wohnung im Wesentlichen auf Grundlage tatsächlich vereinbarter Nettokaltmieten und unter Berücksichtigung der Restnutzungsdauer des Gebäudes und des abgezinsten Bodenwertes ermittelt werden. Bei Wohngebäuden, die von Eigentümern selbst genutzt werden, wird eine fiktive Miete angesetzt, die auf Daten des Statistischen Bundesamts basiert und nach regionalen Mietenniveaus gestaffelt wird.

Für werteabhängige Grundsteuer

Der Deutsche Landkreistag unterstützt die Kernelemente des Modells zur Reform der Grundsteuer. Präsident Landrat Reinhard Sager sagte: „Wir treten klar für eine werteabhängige Grundsteuer ein. Eine rein flächenbezogene Steuer läge nicht im Interesse der Landkreise und wird von uns abgelehnt. Auch sehe ich nicht, wie man nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts eine gesetzliche Regelung des Bundes mit einem Systemwechsel zu einer Flächensteuer rechtfertigen kann.“ Eine für eine derartig deutliche Systemveränderung notwendige Grundgesetzänderung könne damit ebenfalls vermieden werden.

Sager sprach sich in diesem Zusammenhang dafür aus, im Sinne der vorzunehmenden Wertberichtigung unterschiedliche Preisentwicklungen erkennbar werden zu lassen. „Das bedeutet zunächst, dass ein Grundstück, das früher mehr wert war als heute, nach unten und ein Grundstück mit Wertsteigerungen nach oben korrigiert werden muss. Das ist auch richtig so, da darf man nicht herumlavieren. Die auf veralteten Werten gründende ungerechte Besteuerungssituation ist ja gerade Anlass für die Reform.“

Wesentlich sei in einem weiteren Schritt allerdings, dass sich durch entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten von Land und Kommunen die meisten der politisch nicht gewollten Belastungssituationen korrigieren bzw. zumindest deutlich entschärfen ließen. „Hintergrund dafür ist, dass einerseits die Länder eine Anpassung für ihr jeweiliges Gebiet vornehmen und darüber hinaus andererseits die Städte und Gemeinden über die kommunalen Hebesätze veranschlagen könnten. Letztlich hätten es Länder und Kommunen in der Hand, ein längst überfälliges Besteuerungsmodell zu schaffen, das auch in vielen Jahren noch trägt“, so der DLT-Präsident.

Befürchtete Mehrbelastungen

„Das Scholz-Modell zur Grundsteuer ist die komplizierteste aller Lösungen und dürfte in vielen Fällen zu Mehrbelastungen führen“, kritisierte dagegen der Präsident des Bundes der Steuerzahler (BdSt), Reiner Holznagel, das Reformmodell. Weil sich der Grundsteuervorschlag im Wesentlichen an den tatsächlichen Nettokaltmieten orientiert, mahnte Holznagel:

„Mieter, die erst kürzlich umgezogen sind und deshalb meist eine höhere Miete zahlen, müssen dann auch noch höhere Grundsteuern schultern. Wohnraum wird dann noch teurer!“

Das Problem:

Nach dem Scholz-Modell kann es sein, dass bei vergleichbaren Nachbargrund stücken unterschiedlich hohe Grundsteuern gezahlt werden. Das ist den Bürgern nicht vermittelbar! Denn letztlich nutzen die Bürger die Infrastruktur ihrer Kommune gleichermaßen. Für Eigennutzer muss zudem eine fiktive Miete ermittelt werden, was sicherlich zu Rechtsstreitigkeiten führt. Man könnte dies auch als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Finanzämter und Finanzgerichte bezeichnen.

Darüber hinaus ist das heute vorgestellte Modell extrem aufwendig, denn neben der Kaltmiete müssen weitere Rechengrößen berücksichtigt werden. „Als Bund der Steuerzahler setzen wir uns deshalb für ein einfaches Flächenmodell ein“, betonte der BdSt-Präsident. „Das Einfach-Modell ist transparent und für jeden Mieter und Eigentümer nachvollziehbar. Außerdem werden Neumieter oder junge Familien, die in eine sanierte Wohnung ziehen, nicht benachteiligt.“

Deshalb appelliert der Verband an das Bundesfinanzministerium und die Landesregierungen, das Flächenmodell einzuführen – das wäre einfach und gerecht! Dadurch wäre eine verfassungskonforme Grundsteuerreform möglich. Ebenso ließe sich die vom Bundesverfassungsgericht vorgegebene Umsetzungsfrist bis Ende 2024 einhalten.

Ertragswertmodell im Visier

Der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft (GdW) hat nun an die Politik appelliert, sich auf ein Modell zu einigen, das keine steigenden Kosten verursacht. Dies könnte aus Sicht der Wohnungswirtschaft auch ein Ertragswertmodell sein. „Die neue Grundsteuer muss aufkommensneutral sein und eine Bemessungsgrundlage zu Grunde legen, die ohne hohen Verwaltungsaufwand ermittelbar ist und den Mietwohnungsbereich angemessen berücksichtigt“, erklärte GDW-Hauptgeschäftsführerin Ingeborg Esser.

Die unterschiedlichen Miethöhen beim Mietwohnungsbau würden auch bei einem Ertragswertmodell berücksichtigt. „Dafür müssten jedoch 35 Millionen Grundstücke in Deutschland neu bewertet werden“, gab Esser zu bedenken.

Wichtig seien außerdem regelmäßige Wertanpassungen. Da dies nur mit hohem bürokratischem Aufwand bewältigt werden kann und darüber hinaus nicht sichergestellt ist, dass eine solche Neubewertung in dem vom Bundesverfassungsgericht vorgegebenen Zeitrahmen umsetzbar ist, plädiert die Wohnungswirtschaft auch weiterhin für ein reines Flächenverfahren, das allein auf die Grundstücks- und Gebäudeflächen abstellt.

„Das wäre einfach zu berechnen und kaum streitanfällig“, so Esser. Umfassende Probeberechnungen des GdW ergeben, dass ein solches Flächenmodell im Verhältnis zur bisherigen Bemessungsgrundlage Einheitswerte die wenigsten Veränderungen für die Mieter ergeben würde.

 r

GemeindeZeitung

Politik

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung