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(GZ-8-2018)
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► Vorschlag des DStGB:

 

Streit um kommunalen Datenhandel

 

Die Kommunen verfügen über umfangreiche Daten ihrer Einwohner. Nun brachte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, die Idee ins Spiel, diese Daten an private Unternehmen anonymisiert weiterzugeben. Kritiker warnen indes vor unzulässigen Rückschlüssen auf Einzelpersonen.

„Auch die Städte und Gemeinden müssen sich noch mehr klar machen, dass Daten das Öl des 21. Jahrhunderts sind und sich damit wichtige Einnahmen erzielen lassen“, sagte Landsberg der „Rheinischen Post“. Er schlug ein „Konzessionsmodell“ vor, wonach private Unternehmen mit den Daten der Kommunen arbeiten und dafür bezahlen könnten. Die Einnahmen sollten den Bürgern zugutekommen. Die Kommunen, die über wertvolle Datensätze verfügten, sollten diese in anonymisierter Form zur Verfügung stellen und selbst zum Vorteil der Bürger nutzen, um die Lebenssituation in der Kommune zu verbessern.

Der DStGB bezieht seinen Vorschlag dabei explizit nicht auf die Weitergabe von personenbezogenen oder schutzwürdigen Daten. Auch eine Weitergabe aggregierter, anonymisierter Datenbestände zu Einwohnern, wie sie etwa (rechtlich zulässig) von der Deutschen Post praktiziert wurde, ist nicht Bestandteil des Vorschlages.

Der überwiegende Anteil von Daten, die in Kommunen anfallen, sind personenunabhängige Datenbestände – unter anderem Klimadaten, Katasterdaten, Geodaten, Emissionswerte. Daten zur Lärmbelastung, zur Mobilitätsanalyse oder zur Belastung der Kanalisation bei Starkregen können von kommerziellem Interesse für Unternehmen sein. Hier ist es Ziel des DStGB, dass die Kommune selbst entscheiden kann, ob, wann, an wen und zu welchen Bedingungen – gegebenenfalls auch entgeltpflichtig – sie diese Datenbestände weitergibt. In dem Moment, in dem diese Daten für ein kommerzielles Interesse genutzt werden, soll es in der Entscheidung jeder einzelnen Kommune liegen, ob und zu welchen Konditionen sie diese Daten abgibt.

Eine pauschale Verpflichtung zur entgeltfreien Weitergabe, wie der Bund sie für seine Behörden im Open Data Gesetz vorsieht, sieht der DStGB in der Rigorosität eher kritisch. Kommunen sollten in eigener Regie entscheiden, wie, wann und zu welchen Bedingungen sie Daten veröffentlichen.

Der Vorstoß des Kommunalverbandes geht dahin, dass bei offensichtlichem Gewinnerzielungsinteresse der Abnehmer die öffentliche Hand die Möglichkeit bekommen sollte, den „Rohstoff“ Daten zu einem angemessenen Entgelt anzubieten. Es sollte auch den Städten und Gemeinden überlassen sein, ob etwa eine Gebühr „nur“ die Kosten abdeckt, die der Kommune durch die Erhebung der Daten sowieso entstehen, oder ob darüber hinaus ein Entgelt erhoben wird, das sie zum Vorteil der Bürgerinnen und Bürger nutzen, um die Lebenssituation in der Kommune zu verbessern. Bei dem Vorschlag, nicht alle kommunalen Daten zwingend kostenfrei zur Verfügung zu stellen geht es auch darum, die Augenhöhe zwischen öffentlichem Sektor und der Privatwirtschaft zu wahren.

Kritik am Vorschlag des DStGB übte der Deutsche Städtetag. Wie Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy betonte, betrieben die Städte keinen Handel mit Daten. Städte sähen sich in der Pflicht, ihren Bürgern und den ansässigen Unternehmen Informationen, Statistiken und Daten zu allen Lebensbereichen anzubieten. Sie stellten beispielsweise Geo-Daten über Open-Data-Portale immer häufiger kostenfrei zur Verfügung. Diese Daten könnten dann von Privatpersonen oder Unternehmen genutzt und aufbereitet werden. Solche Anwendungen böten für die Städte und ihre Bürger einen Mehrwert.

„Natürlich verursachen Open Data-Angebote Aufwand und Kosten für die Kommunen. Aber sie stärken auch die Wirtschaftskraft von Unternehmen und sind Ausdruck für eine bürgernahe, partizipative und wirtschaftsfreundliche Kommune“, erklärte Dedy. Für die deutschen Städte sei der Schutz der personenbezogenen Daten ihrer Bürger ein kostbares Gut. Bei personenbezogenen Melde-Daten gälten strenge Vorschriften. Die kommunalen Meldebehörden seien gesetzlich verpflichtet, auf Anfrage Auskünfte aus dem Melderegister zu erteilen. Dedy: „Die Kommunen erheben für die Auskünfte aufwandsabhängige Gebühren und erzielen dadurch keine weiteren Einnahmen. Nahezu allen Formen der Übermittlung von Daten können die Bürger allgemein oder im Einzelfall widersprechen.“

„Die allein ökonomische Betrachtung personenbezogener Daten als ‚Öl des 21. Jahrhunderts‘ degradiert den Menschen zur Ware“, warnte die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff. „Auch wenn eine Nutzung von anonymen Daten aus datenschutzrechtlicher Sicht unproblematisch ist, warne ich davor, entsprechende Maßnahmen pauschal als unbedenklich abzustempeln. In heutigen Zeiten von Digitalisierung und Big Data existieren Möglichkeiten, auch vermeintlich anonyme und damit harmlose Daten so zu verknüpfen, dass plötzlich doch wieder Rückschlüsse auf einzelne Personen erfolgen können.“

DK

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