(GZ-18-2024 - 26. September) |
► VKU-Stadtwerkekongress in Hannover: |
Lösungen der Energie- und Wärmewende |
Mehr als 700 Expertinnen und Experten aus ganz Deutschland trafen sich in Hannover, um beim VKU-Stadtwerkekongress über Herausforderungen und Lösungen der Energie- und Wärmewende zu beraten. Weitere Themenschwerpunkte waren Digitalisierung, IT-Sicherheit, Geschäftsmodelle der Zukunft sowie die Verleihung des Stadtwerke Awards 2024. Als Gastgeberin fungierte auch heuer die enercity AG, bundesweit eines der größten kommunalen Energieunternehmen.
Wie VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing ausführte, „zeigt Hannover als Paradebeispiel, wie man bei der Wärmewende spürbar vorwärtskommen kann. Auch weil die Zusammenarbeit des kommunalen Versorgers mit der Stadt hervorragend ist. Die kommunale Ebene allein kann es aber nicht richten. Energiepolitisch brauchen wir zeitnahe Entscheidungen zu Gesetzen und Verordnungen, um weiter ins Machen zu kommen. Was die Bundesregierung diesen Herbst nicht aufs Gleis bringt, kommt in dieser Legislaturperiode auch nicht mehr und bremst die Energiewende bis 2026 aus.“
Stadtwerke, so Liebing, benötigten Rechtssicherheit, um Energiewende-Projekte planen und entsprechend investieren zu können. Die aktuelle Ungewissheit aber hemme Investitionen. Als Beispiel nannte er den 9 Milliarden Euro-Kürzungsbedarf im Klima- und Transformationsfonds. Dies sei ein Viertel des gesamten Volumens, was den Fonds per se in Frage stelle. „Dieser Griff in die Klimakasse verhindert Planungs- und Investitionssicherheit, die wir dringend brauchen. Das betrifft etwa das BEW-Förderprogramm für den Fernwärmeausbau, das schon jetzt hoffnungslos unterfinanziert wird. Und das betrifft auch die Kraftwerksstrategie, mit deren Hilfe neue H2-ready-Gaskraftwerke zur Sicherung der Energieversorgung bei Dunkelflauten gebaut werden sollen.“
Im Klima- und Transformationsfonds seien zu ihrer Umsetzung lediglich 250.000 Euro für 2025 und ab dann nicht einmal mehr Verpflichtungsermächtigungen vorgesehen. Dabei werde der Gesamtförderbedarf für die geplanten Kapazitäten auf eine zweistellige Milliardensumme geschätzt. „Bei dieser Summe stellen wir uns die Frage, wie ohne gesicherte Finanzierung in den kommenden Jahren Ausschreibungen stattfinden sollen“, betonte der VKU-Hauptgeschäftsführer.
enercity-CEO Aurélie Alemany zeigte sich überzeugt, „dass wir als Unternehmen mit kommunalen Wurzeln einen großen Hebel haben, um die Energiewende weiter zu treiben“. Dabei komme es auch auf das gute Zusammenspiel zwischen dem kommunalen Energieunternehmen und der Kommune an. Hannover könne hier als Blaupause dienen: „Bei der Wärmewende setzen wir gemeinsam mit der Landeshauptstadt Maßstäbe und sind ein echter Leuchtturm: Der Kohleausstieg befindet sich bereits in der Umsetzung. Dank eines intelligenten Technologiemixes mit ausschließlich erneuerbaren Anlagen ist die Fernwärme bis 2035 vollständig dekarbonisiert. Wir verdoppeln parallel die Länge des Netzes und bieten außerhalb der Fernwärme mit Wärmepumpen und Nahwärmenetzen klimaneutrale Lösungen.“
Mobilitätswende
Auch bei der Mobilitätswende gehe das Unternehmen voran: „Wir haben Hannover unter den deutschen Großstädten zum Spitzenreiter in Sachen Ladeinfrastruktur für die E-Mobilität gemacht und bringen unsere Expertise nun auch bundesweit im Rahmen des Deutschlandnetzes ein. Zudem sind wir Frontrunner bei den Erneuerbaren und zählen schon heute zu den größten Wind-Onshore-Betreibern Deutschlands. Der Investitionsbedarf ist allerdings erheblich.“
Allein enercity plant laut Alemany, Milliarden in die Transformation des Energiesystems zu investieren. Ein verlässlicher und kosteneffizienter Investitionsrahmen etwa für den Hochlauf der Erneuerbaren, aber auch die Wärmewende, sei dafür unerlässlich: „Wir sind der Überzeugung, dass alles vorhanden ist, was es für die Energiewende braucht. Jetzt geht es darum, die Technologien intelligent in einem digitalen Ökosystem zu vernetzen, damit die Energiewende nicht teurer wird als nötig. Denn: Damit wir die Menschen mitnehmen, brauchen wir transparente und bezahlbare Preise. Die Energiewende funktioniert nur, wenn alle in der Lage sind, mitzumachen.“
Dr. Karin Thelen, Geschäftsführerin Regionale Energiewende, Stadtwerke München GmbH, unterstrich die Bedeutung der schnellen und effizienten Umsetzung der Wärmewende. Sie hob hervor, wie wichtig eine frühzeitige Planung und Orientierungshilfe sind, um die Energiewende erfolgreich voranzutreiben. Die Bürgerinnen und Bürger müssten frühzeitig und umfassend informiert und einbezogen werden. Die Wärmewende erfordert aus Thelens Sicht „Mut, Offenheit und Entschlossenheit von allen Beteiligten in Gesellschaft, Politik und Unternehmen“. Transformation bedeute, sich ganz neuen Fragen zu stellen und sich mit Unbekanntem auseinanderzusetzen. „Wir müssen Pionierarbeit leisten, denn vieles, was wir morgen brauchen werden, ist heute noch nicht vorhanden.“
Stadtwerke Award 2024
Der VKU-Stadtwerkekongress diente auch als feierlicher Rahmen für die Vergabe des „Stadtwerke Award 2024“. Ausgezeichnet wurden die Stadtwerk Haßfurt GmbH, die SWM Services GmbH (München) und die EWR AG (Worms). Die Gewinner setzten sich mit Pilot- und Forschungsprojekten in den Bereichen Energiemanagement, Digitalisierung und Nachhaltigkeit durch.
Nach den Ausführungen von VKU-Hauptgeschäftsführer Liebing „sind die Gewinnerprojekte ein gutes Beispiel dafür, wie sich kommunale Unternehmen in der dynamisch verändernden Energiewirtschaft behaupten. Das insgesamt starke Bewerberfeld beweist mit seinen Ideen und Projekten, dass der Innovationsgeist kommunaler Unternehmen ungebrochen ist. Das ist ein entscheidender Faktor für die kommenden Jahre, in denen die neue Energiewelt gleichermaßen auf Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Preisstabilität ausgerichtet werden muss. Ich freue mich, dass gerade die Stadtwerke hier vorangehen.“
Mit dem „Pilotprojekt für eine Haßfurter Energiegemeinschaft - e-CREW“ belegte die Stadtwerk Haßfurt GmbH den ersten Platz. Die unterfränkische Kreisstadt Haßfurt produziert bilanziell doppelt so viel Energie aus erneuerbaren Quellen, wie sie selbst verbraucht. Wegen dieser hohen Produktion und des relativ geringen Verbrauchs durch etwa 9.000 Haushalte und einige wenige Großabnehmer besteht ein erhöhtes Risiko für Netzengpässe. Um dem entgegenzuwirken, soll der lokale und regionale Eigenverbrauch gesteigert und ein generelles Umdenken bei den Verbrauchern angeregt werden.
Im Rahmen des Pilotprojekts „eCREW“ schließen sich jeweils neun bis elf Haushalte in zehn Gruppen zusammen, um gemeinsam die Nutzung von Stromerzeugungs- und Batteriespeicherkapazitäten zu simulieren und die Energieeffizienz sowie die Ausgaben zu optimieren. Das Hauptziel besteht darin, passive Verbraucher zu aktiven Teilnehmern des lokalen Energiesystems zu machen, indem sie informierte Entscheidungen treffen und kollektive Maßnahmen ergreifen. Auf diese Weise soll der Verbrauch von lokal erzeugtem, grünem Strom gefördert werden. „Das EU-geförderte Pilotprojekt überzeugt mit einem ganzheitlichen und originellen Ansatz. Die Vermeidung von Netzengpässen und Redispatch-Maßnahmen sind vielversprechende Ansatzpunkte für die Optimierung unseres Energiesystems“, lobte die Jury.
Den zweiten Platz sicherte sich die SWM Services GmbH. Die Tochtergesellschaft der Stadtwerke München GmbH punktet mit dem Projekt „Isarlicht“. Das Konzept kombiniert den Ausbau des Glasfasernetzes mit der Einrichtung von Anschlüssen für „Smart-Gateways“. Dabei werden die ohnehin erforderlichen Arbeiten für den Glasfaserausbau genutzt, um gleichzeitig Service-Anschlussdosen im Keller oder optional auf dem Dachboden zu installieren, die zur Digitalisierung der Stromnetze dienen. Diese Anschlüsse können vom Messstellenbetreiber beispielsweise für PV-Anlagen oder andere technische Geräte genutzt werden, die einen Kommunikationsanschluss benötigen.
„Das Projekt erschließt in einem einzigen Schritt mehrere Möglichkeiten: Die Glasfaser-Anschlussdosen können sowohl für High-Speed-Internet als auch für E-Ladelösungen, Smart-Metering und weitere Digitalisierungsoptionen genutzt werden. Die Kombination beider Vorgänge ist sinnvoll, spart Ressourcen und legt den Grundstein für weitere Digitalisierungsoptionen“, lautete das Juryurteil.
DK
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