(GZ-19-2023 - 12. Oktober) |
► BKPV-Geschäftsbericht 2022: |
Von Lieferengpässen bis Bodenaushub |
Aktuelle Fragen aus der Prüfungs- und Beratungstätigkeit bilden den Schwerpunkt des Geschäftsberichts 2022 des Bayerischen Kommunalen Prüfungsverbands, München. Neben einem Organisationsmodell und Musterstellenplan für kreisangehörige Gemeinden mit 20.000 Einwohnern, dem elektronischen Signatur- und Anordnungsworkflow, und dem Umgang mit Forderungen von Vertragspartnern nach § 313 BGB anlässlich Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg stehen die Themen „Umgang mit Preissteigerungen und Lieferengpässen bei Baumaterialien“, „Hinweise und Empfehlungen zum sachgerechten Umgang mit (kontaminiertem) Bodenaushub“, „Neue Verfügungen zur Umsatzsteuerbarkeit interkommunaler Zusammenarbeit“ und „Reformbedarf beim Kapitalertragsteuerabzug?“ auf der Agenda.
In seinem Geschäftsbericht stellt der BKPV zunächst ein Organisationsmodell für eine Musterkommune mit ca. 20.000 Einwohnern vor, das den Rahmen für eine Aufbauorganisation nach organisatorischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten aufzeigt. Ziel des Modells ist es, den Mitgliedern eine Basis für die Entwicklung einer „effizienten“ Organisationsstruktur anzubieten. Grundsätzlich wird eine viergliedrige Verwaltung empfohlen. Unterhalb des ersten Bürgermeisters sollten die Fachbereiche Zentrale Steuerung und Dienste, Bürgerdienstleistungen und Ordnungswesen, Finanzen, sowie Planen und Bauen, Umwelt- und Klimaschutz gebildet werden. Die Fachbereiche 1, 2 und 4 seien weiter in Sachgebiete zu untergliedern.
Örtliche Bedürfnisse berücksichtigen
Die vom rechtlichen Rahmen vorgegebene und im Spielraum der kommunalen Selbstverwaltung gewünschte Ausrichtung sowie das daraus abgeleitete Produktportfolio mit den damit verbundenen Auswirkungen auf Personal und Steuerung müssen nach Angaben des Prüfungsverbands auf die örtlichen Bedürfnisse zugeschnitten und die Organisationsstruktur jeweils entsprechend angepasst werden (sog. Customizing). Für die Musterkommune wird neben der Aufbauorganisation ein typisches Aufgabenportfolio dargestellt. Dieses wurde nach organisatorischen Grundsätzen auf einzelne Musterstellen verteilt.
Anschließend wurden diese nach den tariflichen Eingruppierungsvorschriften bewertet. Damit wurde ein fiktiver Stellenplanvorschlag erarbeitet. Ziel der Musterstellenpläne ist es, Hinweise zur Bewertung typischer Aufgaben und Funktionen nach den aktuellen Eingruppierungsregelungen des TVöD zu geben.
Tipps aus der Beratungspraxis
Mit einem weiteren Beitrag gibt der BKPV Hinweise aus seiner Beratungspraxis zu den Erlassen und Rundschreiben der zuständigen Ministerien auf Bundes- und Landesebene bzw. den darauf abstellenden Empfehlungen für bayerische kommunale Auftraggeber zum Umgang mit Preissteigerungen und Lieferengpässen bei Bau- und Betriebsstoffen als Folge insbesondere des Ukraine-Krieges.
Für bestimmte Produktgruppen wie etwa Stahl, Aluminium, Kupfer, Erdöl- und Zementprodukte, Holz oder gusseiserne Rohre, wurden im Rahmen der Empfehlungen Sonderregelungen eingeführt, u.a. zur Anwendbarkeit der Stoffpreisgleitklausel bei neuen und laufenden Vergabeverfahren. In diesem Zusammenhang verweisen der Freistaat Bayern und die Bayerischen Kommunalen Spitzenverbände auf die vom Staatlichen Bauamt Bamberg entwickelte Excel-basierte Arbeits- und Berechnungshilfe. Das StMI empfiehlt den bayerischen kommunalen Auftraggebern die Anwendung dieser im Internet frei erhältlichen Arbeitshilfe. Vom StMB wird allen Baubeteiligten, auch beauftragten Dritten (z.B. Architektur- oder Ingenieurbüros), die Anwendung der Arbeitshilfe auch aus Gründen der Vereinheitlichung nahegelegt. Der Umgang mit der Stoffpreisgleitklausel insbesondere im Rahmen der Ausschreibung und Vergabe sowie die Abrechnung von Bauleistungen gehört laut BKPV grundsätzlich zu den Grundleistungen der beauftragten Büros.
Möglichst hochwertige Verwertung
Mit Blick auf den sachgerechten Umgang mit (kontaminiertem) Bodenaushub heißt es: „Der bei den kommunalen Bauvorhaben anfallende Bodenaushub ist rechtlich oftmals als Abfall einzustufen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Boden mit Schadstoffen belastet ist oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, ob sich der Bauherr seiner entledigen will oder muss. Die Vermeidung von abzufahrendem Bodenaushub sollte daher sowohl bei der Planung als auch bei der Ausführung stets oberste Priorität haben. Ist es nicht möglich, Bodenaushub zu vermeiden oder diesen an Ort und Stelle wiederzuverwenden, muss dieser als Abfall einer möglichst hochwertigen Verwertung zugeführt werden.“
Der derzeit in den weit überwiegenden Fällen praktizierten Praxis der Verfüllung des Bodenmaterials in Gruben, Brüchen oder Tagebauen stehe eine Vielzahl an alternativen Verwertungswegen gegenüber. Diese seien in der Regel nicht nur ökologisch sinnvoller, sondern auch wirtschaftlich günstiger, weil der Bodenaushub hier meist einen ansonsten aufwändig zu gewinnenden Primärbaustoff ersetzen kann.
Wirtschaftliche Verwertung
Die Beseitigung von Bodenaushub auf einer Deponie oder Sonderabfallbehandlungsanlage komme grundsätzlich erst dann in Frage, wenn eine Verwertung technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist. Sie sollte stets die Ultima Ratio bleiben. „Vielfach fehlt es wegen mangelnder Fachkunde des Bauherrn und der Planungsbüros sowie des fehlenden Interesses der beauftragten Baufirmen an einer wirtschaftlicheren Lösung an der Ermittlung und Nutzung vorhandener Möglichkeiten zur Vermeidung und hochwertigen Verwertung des Bodenaushubs.“
Auch die politischen Gremien interessierten sich häufig eher für rein ästhetische Fragen, z.B. welche Farbe die Fassade des neuen Kindergartens haben sollte, als für das Thema, wie mit dem erforderlichen Bodenaushub umzugehen ist, stellt der Prüfungsverband fest. Nicht bewusst sei dabei häufig, dass die Erdarbeiten einen wesentlichen finanziellen Anteil auch bei Neubau-Hochbaumaßnahmen haben und hier bei ungenauer Planung und ungeschicktem Vorgehen erhebliche Kostenrisiken schlummern. „Öffentliche Auftraggeber sollten das Thema Bodenaushub auch aus Umweltschutz-Gesichtspunkten stärker als bisher im Fokus haben“, rät der BKPV.
Gezieltes Bodenmanagement
Kommunen sähen sich häufig mit unvorhergesehenen Kostensteigerungen bei der Entsorgung von Bodenaushub konfrontiert. „Unsere Erfahrungen aus der Prüfungs- und Beratungspraxis zeigen, dass durch ein gezieltes Bodenmanagement mit konkreten Maßnahmen zur Aushubvermeidung in Kombination mit hinreichenden Lagerflächen zur Beprobung das Kostenrisiko deutlich reduziert und ein sachgerechter Umgang mit Bodenaushub sichergestellt werden kann.“ Die Einrichtung eines dauerhaften eigenen Lagerplatzes, auf dem der bei Baumaßnahmen (nicht zu vermeidende) angefallene Bauaushub gelagert und beprobt werden kann, werde teilweise bereits erfolgreich praktiziert und könnte ein Zukunftsmodell sein, um nachhaltig, wirtschaftlich und umweltbewusst mit Bodenaushub umzugehen. „Größere Kommunen könnten einen solchen Lagerplatz allein betreiben, anzudenken wären aber auch der gemeinsame Betrieb und die Nutzung eines solchen Lagerplatzes durch mehrere Kommunen.“
Steuerfalle Kapitalertragsteuer
Stichwort Kapitalertragsteuerabzug: Die Regelung in § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG „Nicht in das Nennkapital geleistete Einlagen“ geht laut BKPV über die sinnvolle Zielsetzung hinaus. Sie könne schlimmstenfalls wie eine Steuerfalle wirken. Eine Modifizierung wäre angezeigt.
Kritisch wäre etwa, wenn bei einer Betriebsprüfung ein Verlust erhöht werden soll und damit im Ergebnis eine zu niedrige Bescheinigung vorläge. Eine solche Verlusterhöhung könnte zum Beispiel dadurch zustande kommen, dass erfolgswirksam gebuchte Zahlungen des Gesellschafters/Hoheitsbereichs von der Betriebsprüfung als Zuführung in die Kapitalrücklage und damit erfolgsneutral gewertet würden.
Gesetzgeberischer Reformbedarf
Die Besteuerung von Verlustbetrieben in Form von Kapitalertragsteuer könne sich letztlich negativ auf die Leistungsfähigkeit der Betriebe und damit ihrer Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger auswirken. „Wir sehen hier gesetzgeberischen Reformbedarf“, macht der Prüfungsverband deutlich.
DK
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