„Unsere Kurorte und Heilbäder, die Kurbetriebe und andere Einrichtungen stehen vor massiven Preissteigerungen bei Strom und Gas. Diese werden sie ohne Hilfe nicht bewältigen können, zumal sie bereits durch die Pandemie massiv betroffen sind“, erläuterte Berek. Es drohten nicht nur Schließungen von Thermen oder anderen Betrieben, sondern die Zerschlagung gewachsener Strukturen im ländlichen Bayern, der Verlust von Arbeitsplätzen, und letztlich ein massiver Schaden im Gesundheitswesen, der nicht mehr zu reparieren sei. „Die Bundesregierung kommt nicht in die Gänge. Wir wissen nicht, welche Strom- oder Gaspreisbremsen für uns genau kommen – und das am Ende des Jahres“, betonte der Verbandsvorsitzende und stellte sich die Frage: „Wie sollen unsere Orte und unsere Betriebe planen?“.
BHV-Geschäftsführer Thomas Jahn präsentierte dazu Zahlen aus Franken, Niederbayern und Bad Aibling. So rechne man etwa in Bad Königshofen bei der Frankentherme im günstigsten Fall mit Preissteigerungen von 350 Prozent beim Strom und von über 104 Prozent beim Gas. Insgesamt werden die Betriebskosten um 130 Prozent steigen. Bei der Therme 1 in Bad Füssing werde der Anteil von Strom und Gas an den Gesamtkosten im Jahr 2023 voraussichtlich bei über 52 Prozent liegen. Im Vorjahr waren es noch knapp 23 Prozent. Auch in Bad Aibling sei die Entwicklung dramatisch, fuhr Jahn fort. „Die Energiekosten der Therme werden nach derzeitiger Lage um 300 Prozent steigen. Ohne finanzielle Hilfe oder deutliche Änderungen der Bezugskonditionen für Gas und Strom würde der seither profitable Betrieb der Therme ab 1. Januar 2023 hoch defizitär. Die notwendige Konsequenz wäre die Schließung. Solche Preissteigerungen kann niemand auf die Gäste umlegen.“
Berek und Jahn wiesen darauf hin, dass die Zeit sehr dränge. „Es ist unfassbar, wie sehr wir hier im Stich gelassen werden. Wir sind mit diesem Problem beileibe nicht allein. Auch andere Branchen fragen sich, wie sie die gestiegenen Kosten ohne Hilfe stemmen sollen. Anstatt den Menschen nach dem Motto ‚Wir schaffen das schon‘ Sand in die Augen zu streuen, sollten jetzt endlich Lösungen vorliegen. Wir sind jedenfalls fassungslos und spüren, dass die Wertschätzung für unsere Heilbäder und Kurorte als wichtiger Bestandteil der Gesundheitsversorgung und als Motor im ländlichen Raum völlig fehlt.“
Ein weiteres Damoklesschwert hängt Jahn zufolge über den Kurorten und Heilbädern: Bei einer Gasmangellage drohe den Thermen die Schließung, weil sie als ungeschützte Betriebe kategorisiert sind. Thermen sowie weitere Kureinrichtungen und -betriebe seien wesentlicher Bestandteil der bundesweiten Prävention. „Solche Betriebe als nicht dringend notwendig zu betrachten und zu schließen, wäre fatal und ist für uns nicht hinnehmbar.“
Herrmann: Krisenresistenter Wachstumsmotor für unseren Wirtschaftsstandort
Innenminister Joachim Herrmann unterstrich die Bedeutung der Heilbäder und Kurorte: „Sie sind für die Gesundheit von unschätzbarem Wert und wir werden alles daransetzen, diesen hohen Standard zu erhalten und zu schützen. Patienten aus Nah und Fern werden hier mit hoher Kompetenz in einem qualitativ exzellenten Umfeld behandelt.“ Die Gesundheits- und Pflegewirtschaft hat sich laut Herrmann im vergangenen Jahrzehnt zum krisenresistenten Wachstumsmotor für den Bayerischen Wirtschaftsstandort entwickelt: „Die Branche ist ein stabiler Pfeiler des bayerischen Wohlstands.“ Auch die Beschäftigtenzahlen spiegelten die zunehmend gesellschaftliche Bedeutung der Gesundheits- und Pflegewirtschaft wider. Hier arbeiten rund 1,2 Millionen Menschen, mehr als 15 Prozent aller Beschäftigten in Bayern.
Die bayerischen Kurorte und Heilbäder seien als wirtschaftlicher Impulsgeber und Wirtschaftsfaktor in ihrer Bedeutung für den bayerischen Tourismus nicht wegzudenken. Sie allein stünden für 100.000 Arbeitsplätze sowie für eine Bruttowertschöpfung von 4,5 Milliarden Euro und trügen knapp 25 Prozent zur jährlichen Übernachtungsbilanz in Bayern bei, stellte der Minister fest. Die Bedeutung der Kurorte und Heilbäder für die Gesellschaft geht aus Herrmanns Sicht freilich noch viel tiefer: „Sie sind Orte der Heilung, der Besinnung und Entschleunigung.“ Mit 43 hochprädikativen Kurorten und Heilbädern sei der Freistaat ein bedeutender Standort für Rehabilitation, denn fast ein Viertel der deutschen Reha-Einrichtungen befinde sich in Bayern. „Wir sind das Reha-Land Nummer Eins“, hob Herrmann hervor.
Die Corona-Pandemie hatte Einbrüche bei den Einnahmen aus Kurbeiträgen, Kurtaxen und Fremdenverkehrsbeiträgen im Freistaat zur Folge. Doch Bayern habe ein starkes Signal für die Kurorte gesetzt und im Jahr 2021 einen Ausgleich für die pandemiebedingten Einnahmeausfälle und 2022 eine Unterstützung in Höhe von 10 Millionen Euro aus dem kommunalen Finanzausgleich geschaffen.
DK
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