Kommunalverbändezurück

(GZ-13-2022)
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Nachhaltige Investitionsoffensive im Visier

 

Der kommunale Investitionsrückstand in Höhe von 149 Milliarden Euro ist aus Sicht des Deutschen Städte- und Gemeindebunds besorgniserregend. Weit mehr als die Hälfte dieses massiven Investitionsstaus gehe dabei auf die für die Bevölkerung und die Wirtschaft so wichtigen Bereiche Straßen und Verkehrsinfrastruktur sowie schulische Infrastruktur zurück. Hinzu kämen enorme Investitionsbedarfe und längst nicht mehr aufschiebbare, zwingend erforderliche Investitionen beim Klimaschutz und der Digitalisierung. „Um die Städte und Gemeinden und somit auch Deutschland zukunftsfest zu machen, brauchen wir daher eine nachhaltige und dauerhafte Investitionsoffensive, die von Bund und Ländern finanziell abgesichert werden muss“, so der DStGB in einem aktuellen Positionspapier zur Wirtschafts- und Finanzpolitik.

Obwohl sich die kommunalen Ausgaben für Investitionen in den vergangenen Jahren deutlich erholt hätten, sei die Nettoinvestitionsquote seit nunmehr fast 20 Jahren negativ. Der Werteverzehr bei der kommunalen Infrastruktur sei also größer als die Investitionen. Die Kommunen müssen laut DStGB befähigt werden, dauerhaft massiv in ihre Infrastruktur investieren zu können, nur dann kann Deutschland wettbewerbsfähig bleiben.

Überbordende Standards

Die über viele Jahre fehlenden Finanzmittel seien zwar Ursache für den massiven Investitionsrückstand, aber nicht alleiniger Grund für den nur langsam voranschreitenden Abbau des Investitionsstaus. Investitionen in die kommunale Infrastruktur würden durch überbordende Standards und Regelungen verteuert, verlangsamt und mitunter auch ganz verhindert. Hinzu kämen Kapazitätsprobleme beim Personal und den Planungsmöglichkeiten der Kommunen und Unternehmen.

Laut DStGB gilt es, ungenutztes Ausbaupotenzial bei der öffentlichen und privaten Kooperation zu heben und Innovationen in der Investitionstätigkeit zu fördern. Bund und Länder seien in diesem Zusammenhang aufgefordert, gemeinsam mit den Kommunen ein leistungsstarkes Konzept zum Abbau des öffentlichen Investitionsrückstandes auszuarbeiten und umzusetzen.

Um einen Abbau des kommunalen Investitionsstaus zu erreichen, ist nach Auffassung des Kommunalverbandes eine dauerhafte aufgabengerechte Finanzausstattung der Städte und Gemeinden unabdingbar. Dafür müssten die Kommunen vor allem weiter von Sozialausgaben entlastet und die gemeindliche Steuerkraft gestärkt werden. Richtig sei es gewesen, dass der Bund den zwischenzeitlich auf sieben Milliarden Euro aufgestockten Kommunalinvestitionsförderungsfonds zur Förderung von Investitionen finanzschwacher Kommunen aufgelegt hat. Dies könne aber nur ein erster Schritt sein. Sowohl gegenüber den Kommunen als auch der Bauwirtschaft wäre es ein wichtiges Signal, wenn der Bund diesen Fonds nochmals merklich aufstocken und gegebenenfalls entfristen würde. Kommunen und Bauwirtschaft bekämen so Planungssicherheit und könnten ihre Personalkapazitäten weiter ausbauen. Darüber hinaus seien Bund und Länder gemeinsam aufgefordert, einen Investitionsfonds „Kommunaler Klimaschutz“ aufzulegen, der zum Beispiel aus den Einnahmen der CO2-Bepreisung finanziert werden könnte.

Investitionshemmnis

„Es ist weder zeitgemäß noch den Bürgerinnen und Bürgern und der Wirtschaft erklärbar, dass wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgaben nicht von Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam finanziert werden können. Zudem hat es sich als konkretes Investitionshemmnis erwiesen, dass Bundesmittel nur dort eingesetzt werden dürfen, wo der Bund auch über die entsprechenden Kompetenzen verfügt. Wenn wir es mit der Chancengerechtigkeit und gleichwertigen Lebensverhältnissen in unserem Land wirklich ernst meinen, muss daher an die Stelle des Kooperationsverbotes ein Kooperationsgebot treten“, heißt es weiter. Und: „Ohne dauerhafte Hilfen des Bundes wird es uns nicht gelingen, das große Potenzial in den ländlichen Räumen weiterzuentwickeln, Breitband und die medizinische Versorgung flächendeckend sicherzustellen und auch finanzschwachen Kommunen Entwicklungschancen zu ermöglichen.“

Bürokratiewust

Die Investitionsbemühungen erstickten oftmals im Bürokratiewust, beklagt der DStGB. Gesetzgeberische Vorgaben, Vergabebestimmungen, Beihilfenrecht und Standards würden zum Flaschenhals der öffentlichen Investitionsfähigkeiten. Kritisch seien zudem die häufig recht strikte Zweckmittelbindung und die „Atomisierung“ von Förderprogrammen zu sehen. Die zunehmende Anzahl separater Förderprogramme mit jeweils abweichenden Förderbedingungen erhöhe den administrativen Aufwand für Städte und Gemeinden erheblich, dies sei nicht investitionsfördernd. Weiter gelte es sicherzustellen, dass Investitionen finanzschwacher Kommunen nicht an der Erbringung des Eigenmittelanteils scheitern, hier müssten Lösungen gefunden werden.

Die Kommunen müssen aus Sicht des Deutschen Städte- und Gemeindebunds wieder finanziell in die Lage versetzt werden, ihre Planungskapazitäten auszubauen. Hierzu benötigten die Städte und Gemeinden Planungssicherheit, dass der Investitionsschub anhält. Eine Verstetigung der Investitionsprogramme wäre hier hilfreich. „Wo ein höherer eigener Personaleinsatz der Kommune nicht möglich oder nicht zwingend nötig ist, sollte auch auf externe Planungs- und Beratungskompetenzen zurückgegriffen werden können.“

Auch weist der Kommunalverband darauf hin, dass die Zusammenarbeit aller öffentlichen Ebenen miteinander bei Investitionen erleichtert und gestärkt werden muss. Das gelte aber nicht minder für die interkommunale Zusammenarbeit und gemeinsame Investitionstätigkeiten von Kommunen. Hemmnisse müssten auf kommunaler, Landes-, Bundes- und Europaebene systematisch ermittelt und beseitigt werden. Als positives Beispiel hierfür könne im Grundsatz die im EU-Recht erfolgte Neuregelung des Vergaberechts bei interkommunalen Kooperationen dienen. Interkommunale Zusammenarbeit könne auch über Personalpooling, etwa im Bereich der Bauplanung, zielführend sein. Das Umsatzsteuerrecht dürfe hier keine unüberwindbare Hürde darstellen. Gegebenenfalls seien Anpassungen auf europäischer Ebene notwendig.

„Die Finanzierung öffentlicher Investitionen aus dem allgemeinen Abgabenaufkommen soll und wird auch zukünftig eine wesentliche Säule sein. Gleichwohl ist es zukunftsweisend, die nutzerorientierte Infrastrukturfinanzierung weiter auszubauen. Ein erster Schritt wäre zum Beispiel eine flächendeckende LKW-Maut“, betont der DStGB.

Eine stärker nutzerorientierte Infrastrukturfinanzierung könne zudem zu zielgenaueren Finanzierungsströmen führen, die Transparenz erhöhen und zusätzliche Steuerungsmöglichkeiten generieren. So könnten über Mautsysteme zum Beispiel Möglichkeiten geschaffen werden, Verkehrsströme zu lenken. Eine nutzerorientierte Infrastrukturfinanzierung sei zudem in der Lage, die öffentlich-private Partnerschaft bei Investitionsvorhaben zu erleichtern und zu unterstützen.

Vorschriften straffen

Einfache unbegründete Klagen über mehrere Instanzen dürften nicht mehr zu einer monatelangen Verzögerung von Bauvorhaben führen, fordert der DStGB. Eine Straffung der Planungs- und Umsetzungsvorschriften sei erforderlich. Dazu könnte gehören, den Instanzenzug zu verkürzen und bei wichtigen Infrastrukturmaßnahmen die Zuständigkeiten bei besonders spezialisierten Verwaltungsgerichten zu konzentrieren. Zudem sei eine Einschränkung des Verbandsklagerechts zu diskutieren. Standardabbau und die Verkürzung des Instanzenzuges würden auch die Attraktivität öffentlicher Auftraggeber wieder steigern. Derzeit scheiterten kommunale Bauvorhaben mitunter allein schon daran, dass es nicht gelingt, Bauunternehmen für die Umsetzung des Projekts zu gewinnen.

Aus Sicht des Verbands ist die effektive Bürgerschaftsbeteiligung ein wichtiges kommunalpolitisches Motiv bei der Investitionstätigkeit. Mangelnde Akzeptanz bis hin zum organisierten Widerstand aus der Bürgerschaft könnten kommunale Bauvorhaben dagegen massiv verzögern oder gar ganz verhindern. Dem gelte es über eine frühzeitige Einbeziehung entgegenzuwirken, die Akzeptanz und Zustimmung für die kommunalen Vorhaben schafft und klarmacht: Die kommunalen Investitionsvorhaben werden nicht gegen, sondern für die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft unternommen. Dabei seien die Prozesse der Beteiligungsverfahren effizient zu gestalten. Über die direkte Beteiligung der Bürgerschaft und der Wirtschaft bei der Finanzierung von Infrastrukturprojekten (etwa über Crowdfunding-Modelle) könne die Partnerschaft und Zusammenarbeit in der Kommune gestärkt werden.

DK

 

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