Kommunalverbändezurück

(GZ-15/16-2021)
gz bayerischer gemeindetag
 

► Stefan Graf, Bayerischer Gemeindetag:

 

Wertschöpfungsmöglichkeiten der Gemeinden bei Windkraft- und PV-Anlagen deutlich verbessert

 

Seit Jahren wird viel über die Wertschöpfungschancen für Kommunen bei Anlagen auf Basis erneuerbarer Energien gesprochen. Bei genauerem Hinsehen war dies bislang aber nur in zwei eher seltenen Konstellationen Realität: Fall 1: Die Gemeinde verpachtet für die Aufstellfläche für Windkraft- oder PV-Freiflächenanlagen ihren Grund. Fall 2: Die Gemeinde ist unternehmerisch an der Anlage beteiligt. Ersteres hängt von vielen Faktoren ab und ist daher eher zufällig. Zweiteres ist ein Wagnis, nicht die Kernaufgabe von Kommunen und überfordert nicht selten kleine Kommunen.

Stefan Graf
Stefan Graf

Deshalb haben sich nicht wenige „Wertschöpfungsvereinbarungen“ im Graubereich bewegt. Zuwendungen an die Kommune sind nämlich aus bekannten Gründen nicht ohne Gegenleistung möglich. Der Erlass des vorhabenbezogenen Bebauungsplans ist wegen des Koppelungsverbots gerade keine zulässige Gegenleistung.

Dagegen sind die erforderlichen Einspeiseleitungen zum Netzverknüpfungspunkt, die oftmals kilometerweise in gemeindlichen Straßen und Wegen verlegt werden, ein fast immer vorhandener Anknüpfungspunkt. Da laut höchstrichterlicher Rechtsprechung kein Enteignungsrecht besteht, braucht sich die Gemeinde nicht mit einer Einmalentschädigung abspeisen zu lassen.

Grundsätzlich ist ein laufendes Sondernutzungsentgelt denkbar, das das wirtschaftliche Interesse des Anlagenbetreibers, sprich die Einspeisevergütung, berücksichtigt. Das Problem liegt aber im Kartellrecht. Das Wegerecht ist ein Monopol der Gemeinden und deshalb dürfen nur marktübliche Entgelte verlangt werden. Da es diesbezüglich keine systematischen Erhebungen gibt, wird im Einzelfall oft über die Marktüblichkeit gestritten.

Bleibt die Gewerbesteuer. Hier stellt sich wiederum das Problem, dass Anlagenstandort und Betriebssitz zumeist auseinanderfallen. Bislang hat die gesetzliche Zerlegungsregel nur 70 Prozent des Gewerbesteueraufkommens nach den Anteilen des Sachanlagevermögens verteilt. Dies hat häufig auch deshalb zu geringen Gewerbesteuereinnahmen der Standortgemeinden geführt, weil üblicherweise erst nach Abschreibung der Anlagen in größerem Umfang Gewinne fließen und dann aber sich die Anteile verschieben.

Aus diesem Grund gilt für Neuanlagen seit diesem Steuerjahr eine deutlich verbesserte Regelung: Für 90 Prozent der Gewerbesteuer ist die installierte Leistung maßgebend. Was freilich nichts daran ändert, dass in den Anfangsjahren keine bzw. geringe Gewerbesteuereinnahmen zu erwarten sind.

Hier hilft nun der neue § 6 des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG): Für geförderte Windkraftanlagen ab 750 Kilowatt Leistung und für Photovoltaik (PV)-Freiflächenanlagen können betroffene Gemeinden pro Kilowattstunde (KWh) eingespeisten Strom 0,2 Cent vom Anlagenbetreiber rechtssicher erhalten. Dies gilt aber nur für geförderte Anlagen, die den Förderzuschlag ab 1.1.2021 erhalten. Bei nicht geförderten PV-Freiflächenanlagen darf die Anlage frühestens zu diesem Zeitpunkt in Betrieb gegangen sein. Es können also nicht nachträglich Zahlungen für Bestandsanlagen vereinbart werden! Die Zielsetzung ist schließlich, dass vor Ort die Akzeptanz für Neuanlagen gesteigert werden soll.

Bei Windkraftanlagen können nur Gemeinden die laufende Zahlung erhalten, deren Gemeindegebiet zumindest teilweise im Umkreis von 2,5 Kilometern von der Anlage liegt. Liegen darin mehrere Gemeinden, dürfen auch nur insgesamt 0,2 Cent pro KWh bezahlt werden, die dann gegebenenfalls nach dem Verhältnis der betroffenen Flächen aufgeteilt werden. Bei PV-Freiflächenanlagen kommt es darauf an, dass sich die Anlage zumindest teilweise auf dem jeweiligen Gemeindegebiet befindet.

Der Anlagenbetreiber kann sich gegenüber der Gemeinde bereits vor der Genehmigung der Anlage zur Zahlung verpflichten. Bei PV-Freiflächenanlagen bestimmt aber das Gesetz, dass dies nicht vor Erlass des vorhabenbezogenen Bebauungsplans sein darf. Für Windkraftanlagen gilt dies nicht! Ausdrücklich heißt es im Gesetz, dass die Vereinbarungen nicht als Vorteil im Sinne der §§ 331 bis 334 des Strafgesetzbuches gelten. Die Vereinbarungen bedürfen der Schriftform. Die Fachagentur Wind hat bereits durch eine Fachkanzlei, abgestimmt mit den Kommunal- und Windkraftverbänden, einen Mustervertrag erstellt.

Wichtig ist auch, dass zumindest bei den geförderten Anlagen die Zahlungen an die Gemeinde nicht die Gewinne – und damit die Gewerbesteuer – schmälern: Die Anlagenbetreiber können sich die gezahlten Beträge im Nachhinein vom Stromnetzbetreiber erstatten lassen – was dazu führt, dass diese bei der EEG-Umlage Berücksichtigung finden. Nur bei ungeförderten Freiflächenanlagen muss der Anlagenbetreiber die Zahlungen aus seinen Erträgen erwirtschaften.

Die Regelung steht unter dem Vorbehalt der rückwirkenden beihilferechtlichen Genehmigung. Was eher Formsache sein dürfte, nachdem die Vorgängerregelung § 36k EEG für Windkraftanlagen von der EU-Kommission bereits genehmigt wurde.

 

Dieser Artikel ist im Sonderdruck Energie und kommunaler Klimaschutz erschienen, der am 29.7.2021 der Ausgabe 15-16/2021 der Bayerischen GemeindeZeitung beilag.

Der Sonderdruck kann hier komplett heruntergeladen werden. Dieser Sonderdruck ist unser zweites Corona-Spezial zum Thema, da 2020 und 2021 das Bayerische EnergieForum der Bayerischen GemeindeZeitung ausfallen musste. Am 2.6.2022 findet dann hoffentlich das 13. Bayerische EnergieForum im Bürgerhaus der Stadt Garching bei München statt. Infos unter www.bayerisches-energieforum.de.

 

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