Kommunalverbändezurück

(GZ-23-2020)
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► Difu-Studie:

 

Corona-Folgen im Stadtverkehr

Mit Reform- und Investitionsoffensive die Verkehrswende vollziehen

 

Kommunen können die Krisenerfahrung als Chance für die Verkehrswende nutzen. Dies geht aus einer Studie hervor, die der Thinktank Agora Verkehrswende gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Urbanistik (Difu), dem Deutschen Städtetag, dem Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB) und dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) erarbeitet hat. Untersucht wurden die Veränderungen im Stadtverkehr seit Beginn der Corona-Pandemie, die Handlungsmöglichkeiten der Kommunen und der Handlungsbedarf bei Bund und Ländern.

Die Kooperationspartner rufen alle an der Verkehrswende Beteiligten auf, eine breit angelegte Reform- und Investitionsoffensive für nachhaltige Mobilität zu starten. Im Kern gehe es um die Neuaufteilung des öffentlichen Raums – mit mehr Platz für Fuß- und Radverkehr – und den Ausbau des öffentlichen Verkehrs.

Insbesondere innerörtlich konnten während der Corona-Krise viele auf das Zufußgehen und Radfahren wechseln. Besondere Aufmerksamkeit wird laut Studie der motorisierte überörtliche Verkehr bekommen, wenn viele aus dem Homeoffice wieder an ihre Arbeitsplätze zurückkehren. Einen Vorgeschmack darauf habe das Ende der Schulferien mit dem Wiederbeginn des Schulbetriebs geliefert.

Aufgrund der Abstandsregeln stünden die in vielen Regionen „vor Corona“ herrschenden Kapazitätsengpässe auf der Schiene einer „Normalisierung“ im Wege. Wenn die Verkehrsnachfrage wieder steigt, drohe der (zusätzlich) auf das Auto verlagerte Verkehr auf den Verbindungen mit dem Umland der Städte bereits kurzfristig zu mehr Staus zu führen, während Kapazitätserweiterungen im Regionalverkehr der Bahn erst mittel- und langfristig möglich sein werden.

Denken in „Personenströmen“

Die stärkere Vernetzung von Stadt-Umland-Verkehren (Regionalbus, Regionalbahnen, öffentlichen Verkehrsmitteln des Stadtverkehrs) über kommunale Grenzen hinweg erfordert, so die Untersuchung, ein Denken in „Personenströmen“ und entsprechen de Angebotsentwicklungen für Pendelnde, aber auch für den Freizeitverkehr sowie eine interkommunal und regional integrierte Gestaltung von Siedlungen und Verkehr.

Da die verschiedenen Verkehrsträger in unterschiedlichen Zuständigkeiten verankert sind, gelte es, die Zusammenarbeit durch die Etablierung gemeinsamer Gremien und integrierter Planungen, zum Beispiel in regionalen Nahverkehrs- und integrierten Verkehrsentwicklungsplänen („Sustainable Urban Mobility Plans“) zu verbessern.

Kapazitätserweiterungen im Bussystem seien eine Strategie, möglichst kurzfristig zu handeln, weil hier im Vergleich zum Schienenverkehr die Rahmenbedingungen für eine Betriebsaufnahme einfacher sind und ein Infrastrukturausbau nicht unbedingt erforderlich ist.

Bei mehrstreifigen Ein- und Ausfallstraßen aller Kategorien (einschließlich Autobahnen) sollten möglichst Busspuren freigehalten werden, so dass Busse nicht zusammen mit schwach besetzten Pkw im Stau stehen.

Bund und Länder müssten die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass die Finanz- und Personalressourcen in den Kommunen erhöht werden können und die Verkehrswende schneller vorankommt, heißt es weiter. Effektive Instrumente seien höhere Parkgebühren, Geschwindigkeitsbegrenzung und Verkehrsberuhigung. Bund und Länder sollten den Kommunen hier mehr Handlungsspielraum eröffnen und die rechtlichen Voraussetzungen anpassen, etwa durch Änderungen im Straßenverkehrsgesetz und in der Straßenverkehrsordnung.

System effizienter steuern

Der Handlungsbedarf im öffentlichen Verkehr hat sich laut Studie durch die Folgen der Pandemie deutlich verschärft. Verkehrsunternehmen müssten mehr investieren, um Hygienekonzepte umzusetzen, bei weniger Fahrgästen und dadurch weniger Einnahmen. Hinzu komme der ohnehin angestrebte und notwendige Ausbau des Angebots. Neben den aktuellen Sonderförderprogrammen müssten Bund und Länder über den bislang schon geleisteten Eigenanteil der Kommunen hinaus auch langfristig für eine solide Kofinanzierung aus Steuermitteln sorgen. Digitalisierung könne dazu beitragen, das System effizienter zu steuern und Dienstleistungen zu kombinieren.

Eine positive Bilanz zieht die Studie für das Handeln der Kommunalverwaltungen in der Krise. Sie hätten an vielen Stellen schnell und entschlossen reagiert und Experimente gewagt, etwa bei der Einrichtung temporärer Radwege und Freischankflächen. Um darauf aufzubauen und die Verkehrswende langfristig schneller voranzubringen, müssten die Verwaltungen personell und finanziell besser ausgestattet werden.

Neben zusätzlichen Mitteln aus Bund und Ländern sollten dafür auch Qualifizierungs- und Quereinsteigerprogramme aufgelegt werden. Schließlich müssten Bund und Länder klimaschädliche Anreize wie das Dienstwagenprivileg abbauen und die Finanzierungsmöglichkeiten erweitern, etwa bei der probeweisen Erhebung von Straßennutzungsgebühren oder von Abgaben für den ÖPNV.

DK

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