Kommunalverbändezurück

(GZ-21-2020)
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► Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler in Bayern:

 

Gesichter der Verschwendung

 

In seinem neuen Jahrbuch stellt der Bund der Steuerzahler in 100 exemplarischen Fällen dar, wo und wie der Staat sorglos mit unserem Steuergeld umgeht. Bayern ist achtmal vertreten, vor allem mit Bauprojekten, bei denen die Kosten völlig aus dem Ruder laufen. „Baukostenexplosionen sind bei öffentlichen Vorhaben gang und gäbe“, betonte in München Maria Ritch, Vizepräsidentin des Landesverbands Bayern, und listete eine Reihe von Beispielen auf.

Ausufernd sind die Kosten der Stadthalle im unterfränkischen Lohr a. Main: Dort mussten bis 2017 größere Veranstaltungen in Turnhallen stattfinden. Um diesen Zustand zu beenden, wurde eine erforderliche neue Stadthalle errichtet, die eine hohe Akzeptanz und Auslastung sowie sehr gute Besucherzahlen aufweist. Umplanungen und Zusatzwünsche trieben jedoch die Kosten des Neubaus hoch. Eine Konzertmuschel, aufsteigendes Gestühl, bessere Barrierefreiheit, eine erweiterte Tiefgarage, eine Photovoltaikanlage: Schließlich kostete die Stadthalle knapp 20 Mio. Euro, ein Drittel mehr als geplant.

Ausufernde Baukosten

Voraussichtlich 60 statt 37 Mio. Euro kostet der Ausbau der mittelalterlichen Klosterburg Kastl im Landkreis Amberg-Sulzbach zu einer modernen Hochschule für den öffentlichen Dienst. Bevor im März die ersten 60 Studenten des Fachbereiches Polizei Unterkunft nehmen konnten, verzögerten archäologische Funde, Schadstoffe, Hausschwammbefall und massive Schäden am Dachstuhl die Inbetriebnahme. Aufwand und Verzögerungen trafen auf konjunkturbedingte Mehrkosten – nun wird man sehen, ob trotz Corona-bedingten Ausnahmezuständen der Studienbetrieb wenigstens ab Sommer 2023 beginnen kann. Oder das Projekt noch teurer wird.

Theater in Augsburg und ...

Ein Fass ohne Boden ist laut BdSt das Augsburger Staatstheater: Der Stadtrat hatte 2016 beschlossen, das damals noch städtische Theater für 186 Mio. Euro zu sanieren, die Kosten für einen Erweiterungsbau mit Probebühne und Werkstätten bereits mitgerechnet. Jetzt rechnet die Stadt mit 320 Mio. Euro. BdSt-Vizepräsidentin Ritch zufolge würde jeder private Bauträger in die Insolvenz gehen, wenn er so planen und so mit den Kosten umgehen würde. Es sei nur zu hoffen, dass das Theater nicht noch zu einer „Lechphilharmonie“ werde.

... falsche Prognosen in München

Falsche Sanierungsprognosen, Insolvenz des beauftragten Architekturbüros, Engpässe auf Baustellen durch Corona und 745 Mio. tatsächliche Kosten statt 445 Mio. Festbetragsfinanzierung: Das ist die ernüchternde Zwischenbilanz der Sanierung des Deutschen Museums in München. Doch nicht nur die Kosten sind aus dem Ruder gelaufen.

Auch der bisherige Zeitplan ist nicht mehr einzuhalten. Das angestrebte Ziel, die vollständige Sanierung und die Wiedereröffnung zum 100. Geburtstag im Jahr 2025 feiern zu können, ist nicht mehr zu schaffen. Es werden wohl noch einige Jahre vergehen müssen, bis das Deutsche Museum im nunmehr anvisierten Jahr 2028 fertiggestellt sein wird – was sich nach Befürchtungen des BdSt weiter kostenträchtig auswirken wird.

Ähnlich explodierte der Kostenrahmen der Neuen-Pinakothek-Sanierung in der Landeshauptstadt: Statt 80 Mio. Euro werden nun 263 Mio. veranschlagt. Auch hier haben sich die Bauherren bei Kosten und Zeitplan verschätzt.

Teurer Tunnel

Im oberbayerischen Erding sollen die städtischen Mitarbeiter vom historischen Rathaus zum Verwaltungsgebäude auf der anderen Straßenseite künftig nicht mehr einfach über die Straße, sondern durch einen Tunnel gehen. Kostenpunkt: 1,1 Mio. Euro. Schließlich ist nach Mitteilung des Oberbürgermeisters „das Büro des Personalrates künftig im Verwaltungsneubau untergebracht. Allein aufgrund dieser Umstände ist ein erheblicher Personalverkehr zwischen den beiden Gebäuden zu erwarten.“ Für den Bund der Steuerzahler ist der Tunnelbau jedenfalls eines: „unterirdisch“.

Mit der Veröffentlichung von Verschwendungsfällen will der Steuerzahlerbund auch auf Fälle aufmerksam machen, bei denen ein Eingreifen noch möglich ist. So wird zum Beispiel dem Freistaat empfohlen, sein großes Vorhaben „Behördenverlagerung“ nochmals unter Kostengesichtspunkten zu überprüfen, da Umzugskosten in dreistelliger Millionenhöhe zu erwarten sind.

Gerügt wird auch eine geplante Werbekampagne aus dem Landwirtschaftsministerium für die bayerischen Bauern. Als „vertrauensbildende Maßnahme“ nach den Verwerfungen um das Artenschutz-Volksbegehren hatte Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber eine fünf Mio. Euro teure Image-Kampagne im vergangenen Herbst angekündigt. Geplant ist unter anderem ein Schaubauernhof in München, allerdings funkte Corona dazwischen. Der Steuerzahlerbund urteilt: Selbst nach der Pandemie stelle sich die Frage, ob den bayerischen Steuerzahlern eine Image-Kampagne so viel Geld wert ist.

„Es ist ja nicht mein Geld“

Jährlich verschwendeten Bund, Länder und Kommunen öffentliche Mittel in einer Größenordnung von etwa 25 Milliarden Euro, erläuterte Maria Ritch. Fahrlässigkeit, kleinkariertes Denken, regionaler Egoismus und eine „Es-ist-ja-nicht-mein-Geld-Mentalität“ führten zur Verschwendung von Steuergeldern. Damit Politik und Verwaltung sorgsamer mit dem Geld der Steuerzahler umgehen, müsse Steuergeldverschwendung künftig ebenso bestraft werden wie Steuerhinterziehung, forderte die Vizepräsidentin.

DK

 

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