Kommunalverbändezurück

(GZ-15-16-2020)
gz bayerischer gemeindetag

► Stefan Graf - Bayerischer Gemeindetag:

 

Bayerisches Klimaschutzgesetz im Landtag – nach Ansicht der Kommunen gerne ambitionierter1

 

Als elftes Bundesland plant Bayern nun ein eigenes Klimaschutzgesetz2. Ende Mai war im Landtag die erste Lesung3 – ein begrüßenswertes, aber nicht einfaches Unterfangen: Denn letzten Dezember hat der Bund sein Klimaschutzgesetz4 (KSG) verabschiedet. Dessen Herzstück sind auf Millionen Tonnen genaue Jahresemissionsmengen bis ins Jahr 2030 für die Energiewirtschaft, die Industrie, die Gebäude, den Verkehr, etc. Mit einem einwohnerbezogenen Ziel (unter 5 Tonnen CO2 pro Jahr bis 2030) entzieht sich Bayern dieser Systematik und verschafft sich über die Bevölkerungsentwicklung einen „atmenden Deckel“. „Richtig“, sagt die Wirtschaft, weil kleinräumige Sektorziele ineffizient seien, da sie keinen Raum für Eigenheiten wie Industrieschwerpunkte, meteorologische und geologische Besonderheiten sowie die Verteilung von CO2-Senken lassen5. „Beliebig“, sagen die Kritiker, da es für die einzelnen Sektoren keine Verbindlichkeit gebe und insbesondere für den begleitend erforderlichen Umbau der deutschen Energieversorgung keine bayerischen Verpflichtungen entstehen.

Stefan Graf
Stefan Graf

Kann Bayern bei der Wegbeschreibung hin zu den Emissionszielen glänzen?

Man muss lobend hervorheben, dass die Staatsregierung begleitend ein 94 Seiten starkes Maßnahmenpaket mit Förderprogrammen in 10 Aktionsfeldern herausgegeben hat6. Aber die allermeisten Förderprogramme sind nicht neu, sind eine Momentaufnahme und stets unter Finanzierungsvorbehalt. Außerdem bräuchte es dafür kein Klimaschutzgesetz. Im Gesetzentwurf selbst sind zwei Aspekte innovativ: Zum einen soll das Landesamt für Umwelt zur Prüfstelle für Kompensationsmaßnahmen (z.B. Aufforstungen, Moorrenaturierungen) werden. Hier geht es sowohl um die Eignung von eigenem Ausgleich durch den Emittenten, von Kompensationsmaßnahmen in Bayern, wie auch von Zertifikaten. Zum anderen sind zukünftig bei allen bayerischen Fördermaßnahmen (auch bei deren Fortschreibung) die Klimaschutzziele mitabzuwägen.

Was sagt der Gesetzentwurf zu den Kommunen?

Den Kommunen wird „empfohlen“ (so ausdrücklich der Wortlaut7), ihre Verwaltungen bis 2030 klimaneutral zu machen, Klimabildungsarbeit zu leisten und Klimaschutzkonzepte aufzustellen. Hier hat die Angst vor dem Konnexitätsprinzip („wer bestellt, muss bezahlen“) die gestaltende Hand zum erhobenen Zeigefinger erstarren lassen! Ein unverbindlicher Aufruf hat jedoch in Gesetzen nichts verloren8. Aufgrund der Bedeutung der kommunalen Ebene für den Klimaschutz kommt aber eine ersatzlose Streichung und damit die Nichterwähnung der Kommunen (wie es aber einzelne Landesklimaschutzgesetze⁹ tun) nicht ernsthaft in Frage.

Bleiben zwei Alternativen:

1. Der Staat ringt sich durch, partiell, dort wo die Kommunen unbedingt handeln sollen (z.B. Ausgangs-CO2-Bilanzen für die Kommunalverwaltungen oder flächendeckende Energienutzungsnutzungspläne) Verpflichtungen i.S.v. Art. 83 Abs. 3 der Bayerischen Verfassung in das Klimaschutzgesetz aufzunehmen. Gleichzeitig sind dann aber Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen.

2. Der Staat regelt staatliche Unterstützungsleistungen für besonders wichtige kommunale Klimaschutzmaßnahmen im Gesetz. Damit legt er sich als verlässlicher Partner der Kommunen fest, was einen jahrelangen Förderstopp wie beim Programm „Klimaschutz in Kommunen“ deutlich erschweren würde. Diesen Weg ist Bayern beim artenschutzrechtlichen „Versöhnungsgesetz“ gegangen10. Z.B. könnten Mitfinanzierungen für CO2-Bilanzen der Kommunalverwaltung, für die energetische Sanierung von kommunalen Liegenschaften und für kommunale Energienutzungspläne festgeschrieben werden. Außerdem sollten, wie die staatlichen Biodiversitätsberater, staatliche Klimaschutzmanager an den Kreisverwaltungsbehörden in das Gesetz aufgenommen werden. Über solche „goldene Zügel“ würden sich die Kommunen gerne führen lassen!

Von daher titelte BR 24 vor kurzem nicht zu Unrecht:

„Gemeinden wünschen sich ein strengeres Klimaschutzgesetz.“ Zu hoffen ist, dass nun wie beim Versöhnungsgesetz die Stunde des Landtags schlägt. Mit der für den 25. September angesetzten Sachverständigenanhörung zeigt dieser schon, dass er an den Expertenmeinungen interessiert ist.

Stefan Graf

 

Dieser Beitrag ist Teil des Energie-Sonderdrucks mit dem Erscheinungsdatum 30.7.2020, den Sie sich hier downloaden können.

 

Quellenhinweise:
1 - BR Nachrichten: https://t1p.de/dfcq
2 - Bayerischer Landtag: https://t1p.de/dryb
3 - Bayerischer Landtag Protokoll: https://t1p.de/47re
4 - Gesetze im Internet: https://t1p.de/7rw7
5 - Die bayerische Wirtschaft hat dies in ihrer Stellungnahme ausgeführt: https://t1p.de/j4m2
6 - https://t1p.de/wqx9
7 - Siehe Art. 3 Abs. 3 und Art. 5 Abs. 2.
8 - vgl. Lindner/Möstl/Wolf, Verfassung des Freistaats Bayern, Art. 70 Rn. 5: Als Gesetz im materiellen Sinne wird eine hoheitliche Anordnung verstanden, die für eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten allgemein verbindliche Regelungen enthält.
9 - So jüngst das niedersächsische Klimagesetz: https://t1p.de/6piw
10 - https://t1p.de/2csy, siehe dort Art. 5a bis 5d.

 

Dieser Artikel hat Ihnen weitergeholfen?
Bedenken Sie nur, welche Informationsfülle ein Abo der Bayerischen GemeindeZeitung Ihnen liefern würde!
Hier geht’s zum Abo!

GemeindeZeitung

Kommunalverbände

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung