Kommunalverbändezurück

(GZ-3-2020)
gz bayerischer landkreistag

► Geplante Reform der Notfallversorgung:

 

Landräte und BKG fordern Korrektur

Die Notaufnahmen in den Krankenhäusern sind häufig überlaufen. Denn in den Notfallambulanzen trifft man auch auf viele Patienten, denen woanders besser geholfen werden könnte. Dadurch sind die Wartezeiten für Patienten, die dringend auf Hilfe angewiesen sind, oft zu lang. Um dieses Problem zu lösen, hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn einen Referentenentwurf zur Reform der Notfallversorgung vorgelegt. Im Freistaat jedoch formiert sich Widerstand, wie bei einer Pressekonferenz des Bayerischen Landkreistags verlautete.

V.l.: Siegfried Hasenbein, Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft, Günzburgs Landrat Hubert Hafner, Geschäftsführendes Präsidialmitglied beim Bayerischen Landkreistag Dr. Johann Keller sowie sein Stellvertreter Dr. Klaus Schulenburg. Bild: DK
V.l.: Siegfried Hasenbein, Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft, Günzburgs Landrat Hubert Hafner, Geschäftsführendes Präsidialmitglied beim Bayerischen Landkreistag Dr. Johann Keller sowie sein Stellvertreter Dr. Klaus Schulenburg. Bild: DK

Nach den Vorstellungen des Bundesgesundheitsministeriums sollen die Notfallambulanzen der Krankenhäuser in Zukunft durch sog. Integrierte Notfallzentren (INZ) ersetzt werden, die an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr geöffnet sind. Dort soll beim Eintreffen des Patienten entschieden werden, ob dieser tatsächlich in der Notaufnahme behandelt werden muss oder ob er einen niedergelassenen Arzt aufzusuchen hat, der auch in den Räumen der jeweiligen Klinik praktizieren könnte.

Entmündigte Krankenhausplanung

Welche Kliniken oder Standorte dafür ausgewählt werden, soll nicht die eigentlich zuständige Krankenhausplanungsbehörde (also der Freistaat Bayern), sondern sollen die Krankenkassen und niedergelassenen Ärzte über ihren Landesausschuss bestimmen. Zudem soll die Standortwahl an eine noch zu erarbeitende Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses gebunden sein. Auch in diesem Gremium haben die Krankenkassen das Sagen und die Kommunen als Vertreter öffentlicher Belange bis heute keinen Sitz.

Kassen und Kassenärztliche Vereinigung bestimmen

Über den Gemeinsamen Bundesausschuss und den erweiterten Landesausschuss werden die Kassen und die Kassenärztliche Vereinigung künftig bestimmen, wo in Bayern ambulante Notfallversorgung stattfindet. Darüber hinaus soll letztere mit der fachlichen Leitung der INZ in den Krankenhäusern beauftragt werden.

Laut Dr. Johann Keller, Geschäftsführendes Präsidialmitglied beim Bayerischen Landkreistag, „lehnen wir das strikt ab“. Die Kassenärztliche Vereinigung komme schon heute vielerorts ihrer eigenen Verantwortung in Bezug auf den kassenärztlichen Bereitschaftsdienst nicht ausreichend nach. „Wie“, so Keller, „soll dann die Notfallkenhäusern von der KV organisiert werden? Im Zweifel würden doch wieder die Krankenhäuser als Notnagel einspringen müssen.“

Nur 80 integrierte Notfallzentren

Von den ca. 360 Krankenhäusern mit Akutversorgung in Bayern haben 120 derzeit eine sogenannte Notfallstufe. Doch nur rund 80 größere Kliniken würden ein Integriertes Notfallzentrum betreiben können, wenn der Bund seine Pläne umsetzt, schätzt der Kommunalverband. Aus Sicht des Günzburger Landrats Hubert Hafner, Ausschussvorsitzender für Gesundheit und Soziales beim Bayerischen Landkreistag, wären die Konsequenzen für die Kliniken auf dem Land „schlicht und einfach eine Katastrophe“. Damit hätte nicht mal mehr jeder Landkreis eine Notfalleinrichtung.

In der Zwickmühle

Letztlich, so Hafner, stelle der Referentenentwurf einen Angriff auf die Struktur der Krankenhäuser dar. Künftig sollen Krankenhäuser ohne ein INZ nur noch die Hälfte der ohnehin nicht kostendeckenden Pauschale zur Behandlung ambulanter Notfälle erhalten. Die Folge: Zahlreiche Kreiskrankenhäuser, die kein INZ bekommen werden, kämen dadurch in eine Zwickmühle. Behandeln sie Notfälle, bekommen sie kaum noch Geld. Verweigern sie die Behandlung, machen sie sich unter Umständen der unterlassenen Hilfeleistung schuldig, erläuterte Hafner. Mit solchen Abschlägen würden die Krankenhäuser bestraft und die ursprünglich beabsichtigte Lenkung der Patienten keinesfalls erreicht. Funktionieren könne das nur über Anreize, die laut Hafner auch möglich und machbar sind.

Der Bayerische Landkreistag erkenne zwar die Zielsetzung des Bundesgesundheitsministeriums für eine Reform der Notfallversorgung mit einer Entlastung der Notaufnahmen an den Krankenhäusern an; jedoch seien die vorgeschlagenen Regelungen nicht geeignet, dieses Ziel zu erreichen und gefährdeten die flächendeckende Versorgung der Menschen im ländlichen Raum, erläuterte der Landrat.

Unhaltbarer Entwurf

Als „total misslungen“ bezeichnete der Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG), Siegfried Hasenbein, den Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums. Es sei realitätsfern, mit großem Aufwand eine neue Struktur einzuziehen, 24 Stunden geöffnet zu lassen, und dem Patienten zu sagen, er bekommt hier keine Versorgung, weil er nur einer ambulanten Behandlung bedarf. „Wir erwarten und erhoffen deshalb ein klares Wort von der Bayerischen Staatsregierung und vom Koalitionspartner CSU“, machte Hasenbein deutlich.

Korrektur notwendig

Die bayerischen Landräte und die Bayerische Krankenhausgesellschaft (BKG) fordern nun vor der nächsten Abstimmungsrunde zwischen Bund und Ländern Ende Januar eine Korrektur des Reformvorschlages. Landkreistagspräsident Christian Bernreiter steht mit Ministerpräsident Dr. Markus Söder in engem Austausch. Gleiches gilt für die bayerischen Landräte und ihren Kollegen aus Baden-Württemberg.

„Bei diesem Thema handelt es sich um einen wesentlichen Baustein zur Sicherung der medizinischen Versorgung in den Ländern“, hob unterdessen Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml hervor. Am grünen Tisch in Berlin könne nicht entschieden werden, wo Notfallzentren entstehen. Die grundsätzliche Zielrichtung, die Notfallversorgung zu verbessern, sei aber richtig, konstatierte die Ministerin.

DK

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