Kommunalverbändezurück

(GZ-24-2019)
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► Deutscher Städtetag:

 

Stadtfinanzen 2019

 

In den Städten ist die (noch) gute wirtschaftliche Situation insgesamt deutlich spürbar. Überschüsse sind zu verzeichnen, die Investitionen sind angestiegen. Allerdings ist diese Momentaufnahme noch lange kein Grund zur Entwarnung, wie die aktuelle Publikation „Stadtfinanzen 2019“ des Deutschen Städtetags darlegt.

Gerade angesichts eines Finanzierungsüberschusses von 8,7 Milliarden Euro weist der Deutsche Städtetag darauf hin, dass die Kommunalfinanzen „noch lange nicht krisenfest und aus sich heraus tragfähig sind“. Die jüngsten Ergebnisse des KfW-Panels, durchgeführt vom Deutschen Institut für Urbanistik (Difu), bestätigten, dass weiterhin ein hoher Investitionsstau in Höhe von ca. 140 Milliarden Euro besteht, den es dringend abzubauen gilt.

Gute Wirtschaftsprognose

Für die kommenden Jahre wird bislang von einer weiterhin guten Wirtschaftsentwicklung ausgegangen. Dies spiegelt sich auch in den Prognosen der Kommunalfinanzen wider. Für das laufende Jahr 2019 rechnen die kommunalen Spitzenverbände mit einem Überschuss von 5,6 Milliarden Euro. Bei einem auch in den kommenden Jahren weiterhin positiven wirtschaftlichen Umfeld wird ein Rückgang des Finanzierungssaldos um durchschnittlich 2 Milliarden Euro jährlich erwartet, zugleich steigen die Investitionen.

Auf der Einnahmenseite sind wie bisher die Steuereinnahmen der wichtigste Grund für die weiterhin erwarteten Überschüsse. Der Wegfall der erhöhten Gewerbesteuerumlagen, mit denen die Gemeinden an den Kosten der Deutschen Einheit beteiligt werden, führt zu einem überdurchschnittlichen Einnahmeanstieg im Jahr 2020. Auch die Entwicklung bei den Zuweisungen ist eine Folge der guten Einnahmensituation der Länder.

Sozialausgaben

Die Entwicklung der Sozialausgaben ist in den Vorjahren insbesondere im Zusammenhang mit dem Flüchtlingszuzug diskutiert worden. Dieser Ausgabenanstieg bei den Kommunen darf aus Sicht des Deutschen Städtetags wegen der direkten und indirekten Unterstützungsleistungen von Bund und Ländern nicht eins zu eins mit einem Belastungsanstieg der Kommunen gleichgesetzt werden. Die erneut befristete Fortschreibung der Regelungen zur Flüchtlingsfinanzierung auf Bundesebene ist in der Prognose bereits berücksichtigt.

Auch unabhängig von den Ausgaben für Flüchtlinge sind die Steigerungsraten der Sozialausgaben über den gesamten Prognosezeitraum hinweg größer als die Wachstumsraten der Einnahmen. Während auf dem Arbeitsmarkt keine zusätzlichen Entlastungen bei den Sozialausgaben zu erwarten sind, stellen Mietsteigerungen für die Unterkunftskosten sowie ein möglicher wirtschaftlicher Abschwung mit entsprechenden Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt große Ausgaberisiken dar.

Wohl und Wehe

Niedrige Investitionen sind zwar „gut“ für den ausgewiesenen Finanzierungsüberschuss, wünschenswert sind sie laut Städtetag aber keinesfalls. Bis zum Jahr 2017 sind die Investitionen real, das heißt unter Berücksichtigung der Preisentwicklung, nur wenig gestiegen. Den Kommunen war es nahezu flächendeckend kaum möglich, alle sinnvollen und finanzierbaren Vorhaben zeitnah und zu einem akzeptablen Preis umzusetzen.

Dies lag beispielsweise daran, dass viele Bau- und Handwerkerfirmen ausgelastet oder interne und externe Planungskapazitäten knapp waren. Letztlich konnten die Kommunen nicht in dem Ausmaß investieren, wie es der Investitionsrückstand fordert und die Finanzlage letztlich zulassen würde.

Die kommunalen Spitzenverbände gehen in ihrer Prognose davon aus, dass sich diese Problemlagen in den kommenden Jahren teilweise auflösen werden. Dann könnten die Kommunen zumindest die dringendsten Investitionen umsetzen. Die prognostizierten Steigerungsraten liegen sogar auf einem historisch hohen Niveau, wobei aber der prognostizierte Anteil der Investitionen am kommunalen Gesamthaushalt immer noch ausgesprochen gering ist.

Für strenge Haushaltsdisziplin

Bereits in den vergangenenJahren wurde deutlich: Gerade der Kommunalpolitik ist vor dem Hintergrund vergangener Krisen bewusst, dass Ausgaben, die in konjunkturell guten Zeiten beschlossen werden, auch in konjunkturell schlechteren Zeiten finanziert werden müssen. Trotz der aktuell guten Finanzlage zeigt die Prognose daher sehr moderate Ausgabenanstiege in allen durch die Kommunen steuerbaren Bereichen – mit Ausnahme der Investitionen. „Angesichts der Vielzahl von wirtschaftlichen und politischen Risiken für die Prognose ist diese strenge Haushaltsdisziplin nur anzuraten“, betont der Deutsche Städtetag.

Bundespolitische Risiken für die Prognose bestehen laut Verband regelmäßig in den zu erwartenden, weil verfassungsrechtlich notwendigen Anhebungen des Grundfreibetrages bei der Einkommensteuer. Darüber hinaus ist aufgrund der angestrebten Kompensation der sogenannten kalten Progression mit weiteren Einnahmeverlusten zu rechnen. Zusammen mit Folgewirkungen in den kommunalen Finanzausgleichen sind Einnahmeverluste für die Kommunen in Höhe von bis zu 2 Milliarden Euro jährlich zu erwarten.

Das Risiko von nicht ausreichend gegenfinanzierten Leistungsausweitungen durch die Bundesgesetzgebung schwebt dauerhaft wie ein Damoklesschwert über den kommunalen Finanzen. Ein Beispiel ist das Bundesteilhabegesetz oder das Angehörigenentlastungsgesetz mit hohen Risiken für kommunale Mehrbelastungen.

Wirtschaftliche Risiken

Doch bestehen auch wirtschaftliche Risiken: Plötzliche Konjunktureinbrüche können nicht verlässlich vorausgesagt werden, jedoch zeigt jede Erfahrung, „dass eine gute wirtschaftliche Entwicklung nicht in alle Ewigkeit fortgeschrieben werden kann. Es sollte daher eine langfristige Bindung von Ausgaben auf hohem Niveau vermieden werden. Derzeit vorhandene Spielräume sollten bewahrt oder zur Erhöhung der Krisenfestigkeit verwendet werden.“

Mit der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ sind die innerdeutschen regionalen Disparitäten in das Zentrum der politischen Debatte gerückt. Indikatoren, die aus finanzstatistischer Sicht Disparität beschreiben, sind Finanzierungssaldo, Kassenkredite und Sachinvestitionen. Die hier vorgenommene Betrachtung beschränkt sich auf einen Vergleich zwischen den Ländern. Aber auch innerhalb der einzelnen Länder sind zwischen den Kommunen ebenfalls große Unterschiede vorhanden. Die Unterschiede in der Infrastruktur- und Vermögensausstattung sind nicht nur inakzeptabel groß, sie wachsen auch von Jahr zu Jahr. Lediglich die Geschwindigkeit, mit der sich die Schere öffnet, schwankt etwas.

Extreme Spreizung

Bei den Investitionen hat die schon bestehende extreme Spreizung im Jahr 2018 nochmals zugenommen:

In Bayern sind die Investitionen mit circa 620 Euro je Einwohner bald viermal so hoch wie im Saarland mit 180 Euro je Einwohner. Zugleich nahm jedoch die Spannweite zwischen den jeweiligen Summen aus Investitionen und Finanzierungssaldo geringfügig ab. Dies gibt grob die Verbesserung der kommunalen Vermögenssituation vor Abzug der Abschreibungen wieder. Hier reicht die Spanne von weniger als 400 Euro pro Einwohner in Hessen, Niedersachsen, NRW, Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Sachsen-Anhalt über mehr als 600 Euro pro Einwohner in Baden-Württemberg bis hin zu 730 Euro pro Einwohner in Bayern.

Kassenkreditbelastung

Das Ergebnis dieser unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten zeigt sich deutlich bei den Kassenkrediten: Während im Saarland und in Rheinland-Pfalz die Kassenkreditbelastung der Kommunen mit durchschnittlich 2.000 bzw. 1.900 Euro je Einwohner im Bundesvergleich mit Abstand am höchsten und in Nordrhein-Westfalen mit 1.400 Euro immer noch mehr als doppelt so hoch wie der Bundesdurchschnitt ist, liegen die Kassenkredite in allen anderen Ländern durchschnittlich unter 700 Euro je Einwohner.

In Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen und Sachsen existieren praktisch keine Kassenkredite, deren Höhe problematisch ist. Vergleichbares gilt mittlerweile für die hessischen Kommunen.

DK

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