Kommunalverbändezurück

(GZ-4-2018) 
gz bayerischer staedtetag

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Kindeswohl im Blick

 

Für vernünftige Konzepte für das digitale Klassenzimmer und eine gute Ganztagsbetreuung plädiert der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, Augsburgs Oberbürgermeister Dr. Kurt Gribl. Seiner Auffassung nach trägt der Freistaat eine Mitverantwortung bei der dauerhaften Finanzierung einer leistungsfähigen digitalen Infrastruktur an Schulen.

Bei der Ausstattung der Schulen mit Informationstechnologie seien Bund, Freistaat und Kommunen gefordert. Der Freistaat müsse die IT-Ausstattung der Schulen und ihren Betrieb dauerhaft mitfinanzieren.

Schulfinanzierungsgesetz muss angepasst werden

Die Pädagogik habe sich mit den neuen digitalen Möglichkeiten weiterentwickelt, weshalb das Bayerische Schulfinanzierungsgesetz an die Voraussetzungen des Internet- und Computerzeitalters anzupassen sei. Der Bayerische Städtetag erwartet, dass sich Freistaat und Bund angemessen an den Kosten des Investitionsaufwands beteiligen. Darüber hinaus geht es um die laufenden Kosten für den Betrieb und Systembetreuung der IT-Ausstattung, die Kosten für die Wiederbeschaffung von Geräten und die Aktualisierung der Software. Fördermittel des Bundes dürften nicht mit Fördermitteln des Freistaats verrechnet oder vom Freistaat einbehalten werden.

Masterplan Bayern Digital II

Im Rahmen eines Masterplans Bayern Digital II hat der Bayerische Ministerrat ein Investitionsprogramm beschlossen, das auch auf die digitale Bildung zielt. Darin sind etwa Glasfaseranschlüsse und 20.000 WLAN-Hotspots für alle bayerischen Schulen vorgesehen. Angestrebt wird die Einführung des digitalen Klassenzimmers an allen Schulen. Der Entwurf des Nachtragshaushalts 2018 sieht für die Digitalisierung im Schulbereich für die nächsten Jahre rund 160 Millionen Euro vor (100 Millionen für die Verbesserung der IT-Ausstattung an Schulen und Einführung des digitalen Klassenzimmers, 35 Millionen Euro für Fachunterrichtsräume an beruflichen Schulen, 27 Millionen Euro für Ausbildungsseminare und Seminarschulen). Nach Auffassung des Bayerischen Städtetags hat es der Freistaat bislang versäumt, das digitale Klassenzimmer in Förderrichtlinien zu definieren. Die kommunalen Spitzenverbände erwarten, dass Bayern dafür einen Rahmen vorgibt und seine finanzielle Mitverantwortung durch Änderung des Schulfinanzierungsgesetzes umsetzt.

Gribl: „Bevor wir über Medienentwicklungspläne und Förderprogramme sprechen, muss für die Praxis an Schulen Klarheit über Standards und Schnittstellen herrschen. Ein befristetes Anschubprogramm zur Digitalisierung von Klassenzimmern kann nur ein erster Schritt sein, da die Ausstattung wegen des technologischen Fortschritts und der begrenzten Lebensdauer der Geräte eine Daueraufgabe ist. So ist die IT-Systembetreuung eine aufwändige Angelegenheit, die auf Dauer geschultes Personal benötigt. Das kostet Geld.“

Mit Blick auf das Vorhaben von Bund und Ländern, einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter zu schaffen, meinte Gribl: „ Dieser Anspruch weckt bei Eltern nachvollziehbare Erwartungen, die sich allerdings in der Praxis nur schwer erfüllen lassen.“ Der Bayerische Städtetag hält es für unzureichend, dass die Schaffung von Ganztagsangeboten allein im Rahmen der kommunalen Jugendhilfe über das Sozialgesetzbuch VIII stattfinden soll. Das in Verantwortung der Länder stehende Schulsystem müsse bei der Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern einen wichtigen
Beitrag leisten. Dafür seien Ganztagsschulen auszubauen.

Dabei ist es nach Gribls Worten „mit einer Mittagsbetreuung und Angeboten zur Jugendhilfe am Nachmittag allein nicht getan“. Es brauche eine konzeptionelle Grundlage für eine gute pädagogische Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern durch die Schulen und ergänzende Jugendhilfeangebote.“ Für die Praxis werfe dies Fragen auf wie: Welche Räume sind nötig? Müssen Schulen erweitert werden? Braucht es einen Umbau von Klassenzimmern oder den Neubau von Horten? Welches Personal muss eingestellt werden? Wie lässt sich das System Schule mit dem System Jugendhilfe verzahnen? Wie lassen sich verbindliche Ganztagsschule und offene Ganztagsschule (in staatlicher Verantwortung) sowie Kombi-Modelle in gemeinsamer Verantwortung und Horte als Angebote der Kinder- und Jugendhilfe (in kommunaler Verantwortung) organisieren und finanzieren? Wie wirken Lehrer und Erzieher zusammen? Was geschieht in Ferienzeiten? Und: Wer organisiert das Angebot an den einzelnen Schulen?

Personal- und Raummangel

Gribl: „Die größten Probleme der Städte bei der Einführung eines Ganztagsanspruchs für Grundschulkinder ergeben sich in der Praxis aus dem Mangel an Raum und Personal. Ein weiteres Problem liegt in der Finanzierung: Bund und Land müssen die Finanzierung dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe sicherstellen.“

Stichwort Straßenausbaubeiträge: „Die Debatten um eine Abschaffung der Straßenausbaubeiträge haben vereinzelt die Illusion genährt, dass der Straßenausbau für Bürger nichts mehr kostet. Es führt aber nichts um die Tatsache herum: Der Straßenausbau benötigt eine sichere Finanzierung. Werden die Kosten nicht mehr anteilig über Straßenausbaubeiträge von Grundstückseigentümern mit getragen, wird dies über den allgemeinen Steuertopf finanziert. Wenn die Eigentümer nicht mehr für den Sondervorteil mit herangezogen werden, zahlen letztlich alle Bürger“, betonte der Geschäftsführer des Bayerischen Städtetags, Bernd Buckenhofer.

Wenn der Landtag die Straßenausbaubeiträge abschafft, müssen laut Buckenhofer zunächst Kommunen, die bislang die Beiträge gemäß Kommunalabgabengesetz erhoben haben, einen vollständigen finanziellen Ausgleich ihrer Einnahmeausfälle erhalten. Zudem sei ein System zu schaffen, mit dem der Freistaat sich an den Straßenausbaukosten in den Städten und Gemeinden angemessen beteiligt. Gelinge das nicht ausreichend, wäre der Landtag verantwortlich für möglicherweise notwendig werdende Grundsteuererhöhungen zur Finanzierung des Straßenausbaus.

Finanzielle Kompensation

Buckenhofer zufolge steckt bei der finanziellen Kompensation der Teufel im Detail. Die Kommunen benötigten konkrete Antworten auf eine Fülle an Fragen: Welcher Stichtag gilt für die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge? Wie wird mit laufenden Planungsmaßnahmen, aktuellen Bauprojekten und deren Abrechnung verfahren? Wie ist zum Beispiel zu verfahren, wenn eine Stadt im Januar 2018 einen Bescheid verschickt hat? Was geschieht, wenn ein Bauprojekt abgeschlossen worden ist, aber noch keine Abrechnung erfolgt ist und noch keine Bescheide verschickt wurden? Was macht eine Stadt, wenn sie schon für einen abgeschlossenen Teilabschnitt eines Bauprojekts einen Bescheid verschickt hat, die Endabrechnung aber noch nicht? In diesem Zusammenhang ist nach Buckenhofers Überzeugung nicht auszuschließen, „dass die Abschaffung der als ungerecht empfundenen Straßenausbaubeiträge neue Ungerechtigkeitsgefühle auslöst“.

Aktuelle Zahlen zum Gesamtaufkommen der ausstehenden Straßenausbaubeiträge in Bayern für bereits beschlossene und auf den Weg gebrachte Ausbaumaßnahmen liegen noch nicht vor. Derzeit läuft dazu eine Umfrage des bayerischen Innenministeriums bei Städten und Gemeinden.

Wie Buckenhofer darlegte, „muss der Freistaat den Kommunen in einem ersten Schritt sämtliche Beitragseinnahmen für laufende Straßenausbaumaßnahmen erstatten, die in den Haushalten veranschlagt sind“. Für die Zukunft müssten ihnen verstetigte Mittel für den Straßenausbau zur Verfügung stehen. Bei der Mittelausstattung dürfe man nicht auf die bisherigen Ist-Einnahmen abstellen, weil in den nächsten Jahren insbesondere die in den 1960er und 1970er Jahren gebauten Straßen zur Erneuerung anstehen.

„Da Eigentümer nach der Abschaffung der Straßenausbaubeiträge keine eigenen Beiträge mehr leisten müssen, können Wünsche von Anliegern wachsen: Sie werden Druck auf die Rathäuser ausüben, um einen schnellen Ausbau oder eine vorzeitige Erneuerung der Straßen vor der eigenen Haustür zu erreichen. Zahl und Kosten der Straßenausbauten werden künftig steigen. Dem muss durch eine angemessene und dynamische staatliche Mittelausstattung Rechnung getragen werden“, hob der Geschäftsführer hervor. Städte und Gemeinden benötigten jetzt Klarheit über den Stichtag, ab dem die Beitragserhebung nicht mehr zulässig ist. Alle daraus resultierenden Einnahmeausfälle seien vom Freistaat in vollem Umfang zu erstatten.

DK

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