(GZ-1/2-2025 - 16. Januar) |
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► BKG-Mitgliederversammlung in München: |
Zuckersteuer statt Versorgungsbürokratie |
Bischof und Engehausen fordern die Korrektur des „Reform-Irrwegs“ |
Bayerns Krankenhäuser stehen wegen der Reformpolitik der Ampel vor gewaltigen finanziellen Herausforderungen. Insbesondere die Kliniken im ländlichen Raum sind existenziell gefährdet. Durch die komplexe Krankenhausreform sieht die Bayerische Krankenhausgesellschaft (BKG) keinen Vorteil für Patientinnen und Patienten, sondern mehr Bürokratie und eine Bedrohung für die flächendeckende Versorgung. Um die Reform umsetzbar zu machen, seien handwerkliche Nachbesserungen im Schulterschluss mit den Ländern dringend erforderlich, teilten Tamara Bischof, Landrätin und 1. BKG-Vorsitzende sowie BKG-Geschäftsführer Roland Engehausen bei der Mitgliederversammlung in München mit.
Tamara Bischof erläuterte, wie weit die Reform von den Zielen des Koalitionsvertrags 2021 entfernt ist: „Die Rede war von einem gemeinsamen Bund-Länder-Pakt für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung. Geplant war eine erlösunabhängige Finanzierung von Vorhaltekosten, die auch zum Beispiel in der Nacht entstehen, wenn ein Krankenhaus nicht vollständig ausgelastet ist. Doch von diesen Zielen ist wenig übriggeblieben.
Keine Verbesserungen
Verbesserungen für Patientinnen und Patienten sind – anders als der Name vermuten lässt – mit dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz nicht in Sicht. Die Krankenhausreform wird auch nicht die finanzielle Misere der Kliniken lindern.“
Aus Sicht der BKG-Vorsitzenden muss die Wertschätzung der Kliniken und ihrer Mitarbeiter wieder im Zentrum der Krankenhauspolitik stehen:
„Der amtierende Bundesgesundheitsminister hat in den drei Jahren seiner Amtszeit die Kliniken nahezu wöchentlich schlecht geredet. Ich persönlich hätte es nie für möglich gehalten, dass ein Bundesgesundheitsminister so wenig Wertschätzung für Krankenhäuser und unsere Beschäftigten übrighat.
„Aus Sicht der Patientinnen und Patienten werden Krankenhäuser vor Ort nicht als überflüssig wahrgenommen, im Gegenteil: Die Kliniken sind täglich 24/7 gefordert und werden gebraucht.“
Roland Engehausen zufolge setzt das KHVVG auf höhere Strukturvorgaben in der Annahme, dass dadurch die Versorgungsqualität steigt. Wahrscheinlicher sei aber das Gegenteil: „Es entstehen höhere Kosten, die nicht gedeckt sind, während gleichzeitig die Wartezeiten für die Patientinnen und Patienten steigen.“
Grundsätzliches Umdenken
„Natürlich muss der Sozialstaat finanzierbar sein und wir können in Deutschland besser werden, um die Lebenserwartung im OECD-Vergleich zu steigern“, fuhr der Geschäftsführer fort. Deshalb sei ein grundsätzliches Umdenken für eine zukunftsorientierte Versorgung, die endlich auch eine effektive Patientensteuerung in den Blick nimmt und die Prävention in den Mittelpunkt stellt, vonnöten. Die Einführung einer gezielten Zuckersteuer wie in Großbritannien und weiteren europäischen Ländern könnte wirksam dazu beitragen, ernährungsbedingte Krankheiten deutlich zu reduzieren. Nach Ansicht von Experten ließen sich in den nächsten 20 Jahren 160.000 Lebensjahre gewinnen und 16 Milliarden Euro gesellschaftliche Kosten einsparen.
„Dies wäre ein echter und einfach umsetzbarer Beitrag zur besseren Gesundheit für die Bürgerinnen und Bürger. Leider hat der amtierende Bundesgesundheitsminister solche Themen liegen gelassen und dafür die Versorgungsbürokratie mit noch mehr Dokumentation und unerfüllbaren Vorgaben weiter erhöht, die für die Menschen aber keine praktischen Vorteile bringt. Dieser gesundheitspolitische Irrweg muss grundlegend korrigiert werden“, forderte Engehausen.
Kluge Digitalisierung
Dass kluge Digitalisierung ein Weg aus der Krise sein kann und als „Jahrhundertchance für den Gesundheitssektor“ begriffen werden sollte, machte Digitalminister Dr. Fabian Mehring bei einem Informationsaustausch mit den Spitzenvertretern der Bayerischen Krankenhausgesellschaft deutlich. Sie erhöhe einerseits die Qualität der Behandlung und gleichzeitig die Effizienz im Gesundheitswesen, weil sich Prozesse automatisieren lassen oder Kliniken und ambulante Ärzte besser miteinander vernetzt sind.
Um die Versorgung der Patienten zu optimieren, setzt die BKG konsequent auf Digitalisierung und hat sich darum 2023 an der Gründung der Klinik IT Genossenschaft (KIG) mit Sitz in München beteiligt – eine bundesweit einmalige Einrichtung, die als Vorbild für Digital-Kooperationen in der Gesundheitsversorgung gilt. Die KIG setzt flächendeckend Digitalisierungsprojekte um und entwickelt eine gemeinsame Digitalstrategie für die Krankenhäuser. Ein Beispiel dafür ist die Plattform „mein-krankenhaus.bayern“, die ein einheitliches digitales Patientenportal aufbaut. 137 Krankenhäuser beteiligen sich mittlerweile an der Initiative, die im Herbst 2024 an den Start ging.
Gemeinsam mit dem Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention fördert das Staatsministerium für Digitales zwei KIG-Projekte, die die Vernetzung zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten verbessern sowie eine Eingreiftruppe für Cybernotfälle in den Kliniken aufbauen wollen. Im Sommer 2024 haben Digitalminister Mehring und Gesundheitsministerin Gerlach den Förderbescheid über 1,4 Millionen Euro an die KIG übergeben. Die beiden Projekte sind laut Mehring „Leuchtturmprojekte, die weit über Bayern hinaus Vorbilder für andere Kliniken werden könnten“.
Die Förderung für die KIG ist eines von weiteren Vorhaben im Gesundheitsbereich, die das Digitalministerium unterstützt. Im Pilotprojekt „Frau.Herz.KI – Gerechte Medizin für Frauen“ wurde zum Beispiel untersucht, wie Künstliche Intelligenz Hinweise auf eine koronare Herzkrankheit bei Frauen geben und so die Ärzte bei der Diagnose unterstützen kann. Zudem entwickelte der Krankenhauszweckverband Aschaffenburg-Alzenau im Rahmen von „TwinBy – Digitale Zwillinge für Bayern“ ein Bettenbelegungstool, das den Prozess der Bettenverwaltung deutlich vereinfacht und so das medizinische Personal spürbar entlastet. Darüber hinaus werden mit der Pflege-App „Nui“ pflegende Angehörige bei der Organisation von Pflegeaufgaben und der Beantragung von Pflegeleistungen unterstützt.
„Die Zukunft ist digital“, betonte Mehring: „Wir stehen erst am Anfang einer faszinierenden Entwicklung, die unser Gesundheitssystem effizienter und besser machen wird – zum Wohle der Patienten und der Beschäftigten in den Kliniken. Und zwar sowohl in den Städten als auch auf dem Land.“
DK
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