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(GZ-7-2023)
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► Europäischer Ausschuss der Regionen:

 

Steuerung der Integration von Migranten

Das Thema Migration ist längst kein allein bayerisches oder deutsches, sondern auf europäischer Ebene angekommen. Wie können europäische Regionen und Städte in der Steuerung der Integration von Migrantinnen und Migranten unterstützt und gestärkt werden, dieser Frage ging eine Veranstaltung nach, die federführend von der Eurac Research, Bozen/Italien, organisiert und gemeinsam mit dem Ausschuss der Regionen (European Committee of Regions) in Brüssel durchgeführt wurde. Einige Best-Practice-Beispiele aus Italien (Südtirol), Bayern (Dachau), Belgien (Leuven) und Lettland (Riga) wurden diskutiert. Die Lösung: Kooperation und Koordination.

V.l.: Santiago Diaz de Villegas, Dace Vinovska, Juli Shah Fiorovanti (alle Ausschuss der Regionen), Luca Barani (EU Kommission, Policy Officer), Verena Wisthaler (Eurac Research), Omar Ba (Bindusworks), Ilke Adam (Vrije Universiteit Brussel), Suzanne Monkasa (Platform of the Women of the Congolese Diaspora in Belgium), Tiziana Caponio (Universität Turin) und Gudrun Niedorf (Ausschuss der Regionen). Bild: European Committee of the  Regions
V.l.: Santiago Diaz de Villegas, Dace Vinovska, Juli Shah Fiorovanti (alle Ausschuss der Regionen), Luca Barani (EU Kommission, Policy Officer), Verena Wisthaler (Eurac Research), Omar Ba (Bindusworks), Ilke Adam (Vrije Universiteit Brussel), Suzanne Monkasa (Platform of the Women of the Congolese Diaspora in Belgium), Tiziana Caponio (Universität Turin) und Gudrun Niedorf (Ausschuss der Regionen). Bild: European Committee of the  Regions

Die Integration von Migrantinnen und Migranten ist ein nicht mehr wegzudenkender Politikbereich für alle Regierungen in Europa. Integration ist ein typischer Fall von Multi-Level-Governance, und lokale, regionale, staatliche, EU- und internationale Ebenen tragen Verantwortung. Außerdem ist die Integration von Zuwanderern ein sektorübergreifendes Politikfeld. Sie ist nicht nur Aufgabe der offiziell für Einwanderung und Integration zuständigen Stellen und Behörden, sondern auch der für Bildung, Arbeit und Soziales, Gesundheit und Wohnungswesen zuständigen Ministerien. Die Steuerung von Migration und Integration findet auf allen Regierungsebenen, und im Austausch zwischen Regierungsakteuren, Zivilgesellschaft, und Vereinigungen statt. Während frühere und aktuelle humanitäre Krisen die Notwendigkeit der Zusammenarbeit gezeigt haben, ist relativ wenig bekannt darüber, wie diese Aufgabe tatsächlich gelingen kann und welche Koordinierung am effizientesten ist.

Verena Wisthaler, Eurac Research, diskutierte mit Forschungskolleginnen und Entscheidungsträgern aus europäischen Regionen und Städten sowie dem Ausschuss der Regionen wie Regierungen auf verschiedenen politischen Ebenen und in verschiedenen Politikbereichen zusammen arbeiten. Läuft diese Zusammenarbeit reibungslos oder manchmal konfliktreich? Was sind die Bedingungen für eine fruchtbare Interaktion? Kooperieren die Regierungen regelmäßig über institutionalisierte Plattformen, oder findet die Zusammenarbeit nicht statt oder ist informell? Und können EU-Akteure wie die Europäische Kommission und der Ausschuss der Regionen eine wirksame Interaktion fördern?

Beispiel: Brenner 2016

Die Wissenschaftlerin berichtete beispielhaft über die Situation am Brenner 2016. Österreich kündigte Ende April die Schließung des Grenzübergangs an, um die „Durchwink-Politik“ der italienischen Regierung zu stoppen. Es folgten intensive Gespräche, zunächst der beiden Tiroler Landeshauptmänner Günther Platter (Tirol, Österreich) und Arno Kompatscher (Südtirol, Italien) und in der Folge dann auch zwischen den Außenministern (Sebastian Kurz, Österreich und Paolo Gentiloni, Italien) sowie zwischen Regierungschef Matteo Renzi und den österreichischen Bundeskanzlern Werner Faymann (bis 09.05.2016), Dr. Reinhold Mitterlehner (bis 17.05.2016) und Christian Kern.

Bereits im Vorfeld gab es Spannungen, in die auch Bayern involviert war, da ein Dominoeffekt befürchtet wurde. Im Mai 2016 wurde als Ergebnis der Beratungen eine Taskforce gegründet, die zum einen Informationen über den Grenzfluss zeitnah austauschte, damit es nicht zu einem „Rückstau“ (so die offizielle Bezeichnung) am Brenner komme. Somit sollte erreicht werden, dass die Menschen bereits in Bozen bzw. Brixen einen Asylantrag stellten. Zum anderen wurde eine trilaterale Polizeizusammenarbeit (IT/AT/GER) eingesetzt, sodass Grenzpolizisten zwischen Trento und München gemeinsam in den Zügen patrouillierten und Kontrollen durchführten.

Beispiel: Dachau 2023

Aus Bayern war der Dachauer Landrat Stefan Löwl online zugeschaltet. Im Vergleich mit den anderen europäischen Beispielen war interessant zu beobachten, dass derzeit (2022/2023) in Bayern, anscheinend viel mehr Menschen zu organisieren sind als im direkten europäischen Vergleich. Der Landkreis Dachau ist im vergangenen Jahr allein durch den Zustrom an Geflüchteten um ein Prozent gewachsen.

Verbindliche Regelungen

Seit 2014 gibt es acht Prozent mehr Einwohner im Landkreis. Von diesen wiederum sind drei Prozent geflüchtete Personen. Der Landkreischef zeigt sich ratlos, er werde von den Behörden auf nationaler Ebene im Stich gelassen. Kooperation und Koordination der verschiedenen staatlichen Ebenen untereinander, die am Brennerbeispiel erfolgten, fänden momentan in Deutschland nicht statt: „Die Zeit für EU-weite verbindliche Regelungen den Zustrom an Menschen betreffend ist längst gekommen!“ Stand jetzt fehlen sowieso allein im Landkreis Dachau schon 600 bis 800 Wohnungen. Und der Flüchtlingsstrom reißt nicht ab.

CH

 

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