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(GZ-18-2016)
Kommunale Praxis
Öffentliche Verwaltung:
 
Gemeinsam gegen Korruption
 

Fachtagung der Bayerischen Akademie für Verwaltungsmanagement in Augsburg

Immer wieder werden Korruptionsskandale aufgedeckt. Und immer wieder sind die Verantwortlichen und Betroffenen, aber auch die Öffentlichkeit, überrascht vom Ausmaß der Vorgänge. Das Bewusstsein für Compliance und die Notwendigkeit für Korruptionsvorsorge sind in den meisten Behördenleitungen vorhanden. Regelungen alleine reichen jedoch bei weitem nicht aus, um bei allen Beschäftigten das Bewusstsein für Korruptionsgefährdung zu stärken und ein korrektes Verhalten zu erzielen. Es muss gelingen, eine Verwaltungskultur zu etablieren, die jeglichem korrupten Verhalten einen Riegel vorschiebt.

Auf einer Fachtagung der Bayerischen Akademie für Verwaltungsmanagement in Augsburg gaben Experten anhand konkreter Praxisbeispiele und aufgrund langjähriger Erfahrungen mit dem Thema Korruptionsprävention gute Lösungsideen mit auf den Weg. Angefangen vom Anti-Korruptionskonzept über die Möglichkeiten eines Self-Audits bis hin zur IT-Compliance wurden spannende Themen ausgewählt.

Laut Prof. Dr. Thomas Schwartz, Universität Augsburg, fordert wirksames und nachhaltiges Com-pliance-Management von den Verantwortlichen, selbst glaubwürdig und transparent vorzuleben, was für die Gesamtorganisation gefordert wird.

Freiräume müssen bleiben

Dabei werden sich Spannungen und Dilemma-Situationen nicht vermeiden lassen. Sie sind einerseits Ausdruck der Tatsache, dass dort, wo echt menschliche Handlungen vollzogen werden stets auch Freiheitsräume bleiben müssen – andernfalls handeln nicht mehr Menschen, sondern „Roboter“; zum anderen sind sie Zeichen dafür, dass sich Werte wandeln können – und zwar nicht nur gesellschaftlich und organisational, sondern auch biographisch.

Führungsaufgabe

Was bedeutet das für die Compliance? Compliance als Führungsaufgabe kann aus ethischer Perspektive nicht auf rechtliche und organisationale Regelungsmechanismen beschränkt bzw. eingegrenzt werden, so Schwartz. Es genüge nicht, Prozesse zu organisieren, Aufgaben effektiv zu delegieren, deren Umsetzung zu kontrollieren und gerichtsfest zu dokumentieren. Recht verstandenes Compliance-Management versuche nicht allein die Einhaltung von externen und internen Regeln zu gewährleisten (Legalität), sondern werde sich immer auch um die moralische Akzeptanz solcher Regeln und Regelungsmechanismen durch die von ihnen betroffenen Gruppen und Einzelpersonen mühen (Legitimität). „Die Verbindung von Legalität und Legitimität immer aufs Neue zu gewährleisten, ist ein wesentlicher Inhalt von Führung aus (wirtschafts-) ethischer Perspektive. Deshalb ist Compliance Führungsaufgabe“, unterstrich Schwartz.

Wie Klaus Kokol und Ralf Kriesemer berichteten, hat im Jahr 2013 der Rat der Stadt Neuss ein Antikorruptionskonzept zur Kenntnis genommen. Da dieses auch außerhalb der Verwaltung große Beachtung fand, wurde eine zweite Auflage präsentiert, in die das derzeit geltende Korruptionsbekämpfungsgesetz, der Flyer Antikorruption und die Ausführungen zur Verwaltungsethik neu aufgenommen wurden.

Prävention

„Die Aufdeckung einiger Korruptionsfälle in unserer Verwaltung hat deutlich gemacht, dass Korruption nicht nur ein Problem der Anderen ist“, betonten Kokol und Kriesemer. Opfer sei letztendlich die Allgemeinheit, die die finanziellen Lasten der Korruption zu tragen hat. Viel schwerer als der monetäre Schaden wiege freilich der Vertrauensverlust in die Integrität der Stadt Neuss und ihrer Mitarbeiter.

Im Rahmen der Korruptionsprävention verfolgt die Stadt einen ganzheitlichen Ansatz mit den Elementen Aufklärung, Prävention und Kontrolle. Alle Elemente finden sich - in unterschiedlicher Ausprägung - in diesem Antikorruptionskonzept wieder. Das Konzept selbst gliedert sich in einen allgemeinen Teil mit Erläuterungen zum Thema und einen speziellen Teil mit den wichtigsten Vorschriften.

Damit ist das Antikorruptionskonzept als ein Kompendium aller Vorschriften und Hilfestellungen zum Thema Antikorruption zu sehen und soll, über seine Einzelmaßnahmen hinaus, einen Beitrag im Rahmen der städtischen Korruptionsprävention und -bekämpfung leisten.

Nulltoleranz-Strategie

Die Stadt Neuss verfolgt eine Nulltoleranz-Strategie. Insbesondere die Nulltoleranz bei der Annahme von Geschenken und Belohnungen mag vereinzelt als kleinlich und nicht nachvollziehbar empfunden werden, so die Referenten. Jedoch sei es wichtig, „dass nach innen und außen klar dokumentiert wird, dass Korruption bei uns keinen Spielraum hat“. Hierdurch soll das Vertrauen in die Stadt Neuss und damit in das uneigennützige, unvoreingenommene und objektive Handeln und Verhalten ihrer Bediensteten und der Mitglieder der politischen Gremien gestärkt werden.

Checkliste für „Self-Audits“

Eine Checkliste für „Self-Audits“ zur Korruptionsprävention in Kommunen präsentierte Rechtsanwalt Dr. Helmut Brocke. Die Checkliste soll dazu dienen, besonders korruptionsgefährdete Bereiche zu erkennen. Ziel ist es, Kommunen bei der Analyse und Vermeidung von möglichen Korruptionsrisiken zu unterstützen. Grundlage sind staatliche Antikorruptionsgesetze, Leitfäden und Richtlinien von Kommunen und Hinweise der Vereinigung der örtlichen Rechnungsprüfungen in Nordrhein-Westfalen.

Fragebögen

Die Checklisten-Fragen zu korruptionspräventiven Themen sind den typischerweise betroffenen Organisationseinheiten innerhalb einer Kommune zugeordnet, nämlich: Kommunalvertretung, Verwaltungsleitung, Korruptionsgefährdete Arbeitsgebiete, Innenrevision/Rechnungsprüfung, kom-munale Unternehmen.

Kommunalvertretung

„Kommunalvertretung“ steht hier für die Vertretung der Bürgerschaft in der Kommune und heißt in Bundesländern auch Stadtrat, Kreistag, Stadtverordnetenversammlung, Kreisversammlung, Bürgerschaft, Marktgemeinderat oder Abgeordnetenhaus. Mit „Verwaltungsleitung“ werden Oberbürgermeister, Bürgermeister, Landräte, haupt- und ehrenamtliche Stadträte, Beigeordnete, Dezernenten, Magistratsmitglieder oder vergleichbare Ämter und Funktionen bezeichnet.

Auftragsvergabe

Zu den korruptionsgefährdeten Arbeitsgebieten gehören Brocke zufolge Bereiche der Kommunalverwaltung, die erfahrungsgemäß besondere Anfälligkeiten aufweisen, wie die Vergabe von Aufträgen, Zuwendungen, Erteilung von Genehmigungen, Lizenzen und Konzessionen, die Erhebung und Festsetzung von Steuern, Abgaben und Gebühren und interne Informationen zugänglich sind.

DK

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