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(GZ-7-2022)
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► Selbstverwaltungsgarantie eingeschränkt?

 

LEP-Fortschreibung in der Kritik

Entwurf zur 15. Fortschreibung des Regionalplans Südostoberbayern stößt auf Ablehnung

Auf große Vorbehalte stoßen bei nicht wenigen Bürgermeistern die derzeitige Fortschreibung des LEP mit Blick auf den Entwurf zur 15. Fortschreibung des Regionalplans Südostoberbayern, Region 18. Darin wird festgelegt, dass die Siedlungsentwicklung nur auf Gemeinden über 5.000 Einwohner und auf Orte mit ÖPNV-Anbindung konzentriert werden solle. „Im Prinzip wird hier eine versteckte Gebietsreform über das LEP und den Regionalplan umgesetzt, der die Entwicklung der kleineren Gemeinden verhindert“, äußert sich unter anderem Martin Lackner, Bürgermeister der Gemeinde Engelsberg (Landkreis Traunstein). Der Landesentwicklungsplan greift aus seiner Sicht zu stark in die Planungshoheit der Gemeinde ein. Deshalb habe ihn der Rat in der aktuellen Form abgelehnt.

Bürgermeister Martin Lackner. Bild: Gemeinde Engelsberg
Bürgermeister Martin Lackner. Bild: Gemeinde Engelsberg

Mit der vorliegenden Fortschreibung im LEP würden die Einschränkungen für die kleinen Gemeinden genauso gelten wie beim Regionalplan, informiert Lackner. Die Entwicklung der kleinen Gemeinden zu verhindern, bedeute auch, einen Eingriff in das Grundrecht der Freizügigkeit der Bürgerinnen und Bürger in Bayern sowie eine Grundrechtsverletzung zu gleichwertigen Lebensverhältnissen in Bayern vorzunehmen. Die Selbstverwaltungsgarantie sei damit stark eingeschränkt. Die Gemeinde Engelsberg lehne dies ab. Man werde sich dieses Ansinnen nicht gefallen lassen und mit anderen betroffenen Kommunen zusammenschließen, unterstreicht der Rathauschef.

Beschneidung der kommunalen Entscheidungshoheit

Auch nach Auffassung von Hans Jörg Birner, Vorsitzender des Bayerischen Gemeindetags Kreisverband Traunstein und Bürgermeister der Gemeinde Kirchanschöring, würde die „Fortschreibung des Regionalplans der Region Südostoberbayern“ zu einer Beschneidung der kommunalen Entscheidungshoheit führen. „Wie soll sich eine Gemeinde so weiterentwickeln?“ fragt er sich, „es bleibt überhaupt kein Gestaltungsspielraum.“ Auch stören ihn „unbestimmte Begriffe und „undeutliche Formulierungen“ im Entwurf. Birner begrüßt, dass der Planungsausschuss mit den betroffenen Kommunen in Kontakt getreten ist, um noch vor Ostern in einer Vollversammlung den Entwurf zu besprechen. Zwei Drittel der Kommunen im Landkreis Traunstein seien betroffen, so der Kreisverbandsvorsitzende.

Bedenklich findet auch das Präsidium des Bayerischen Gemeindetags einige Aussagen des Entwurfs der aktuellen LEP-Fortschreibung. Denn anders als es die Teilüberschriften des Eckpunktebeschlusses des Ministerrats suggerieren, führten die neuen Festlegungen nicht zu einer Stärkung der ländlichen Räume, sondern eher zu einer Entlastung der Verdichtungsräume.

Gefährliche Etikettierung

In dem Entwurf werde ein Gedanke des Konservierens des ländlichen Raums sowie ein Befeuern der Entwicklung der Zentren postuliert. Der Bayerische Gemeindetag hält diese irreführende Etikettierung für gefährlich und kontraproduktiv für das eigentlich verfolgte Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse in Stadt und Land. Der Kommunalverband sieht die Gefahr, dass die durch die Landesregierung nunmehr verfolgte Idee der Landesentwicklung einen weitestgehenden Entwicklungsstopp für zahlreiche Grundzentren, Landgemeinden und deren Ortsteile zur Folge hat, zu einer weiteren Belastung und Überhitzung von angespannten Verdichtungsräumen führt und durch immer weitergehende Begutachtungsanforderung in Planungsprozessen eine „Bau-Entschleunigung“ herbeigeführt wird.

Die neuen Festlegungen werden sich auch bei der Überarbeitung der Regionalpläne niederschlagen, befürchtet Gemeindetagspräsident Dr. Uwe Brandl. „Derartige Leitgedanken können nicht im Interesse einer ausgewogenen und einer fairen, vom Subsidiaritätsprinzip getragenen und räumlich gerechten Landesplanung liegen, so dass wir Grund zur Annahme haben, dass sich die Staatsregierung bei der aktuellen LEP-Fortschreibung des Primats der Politik entledigt hat und diese inhaltlich einzig und allein der Verwaltung übertragen hat“, stellt Brandl fest und ergänzt: „Vor ziemlich genau elf Jahren legte der Zukunftsrat der Bayerischen Staatsregierung einen Bericht vor, wonach der ländliche Raum geschlossen und die Städte zu Leistungszentren ausgebaut werden sollten. Er verschwand richtigerweise im Giftschrank.“

Brandls Déjà-vu

„Wir erleben gerade ein Déjà-vu und eine Einführung dieser Ideen durch die Hintertür. Gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land, ein vor Ort gelebtes Subsidiaritätsprinzip und eine offene Chancengleichheit für alle Städte und Gemeinden. Das hat die Landesplanung zu leisten. Nicht ein Konservieren des Landes und Befeuern der Zentren.“

DK

 

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