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(GZ-7-2022)
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► Bayerischer Krankenhaustrend 2022:

 

Kliniken fürchten rote Zahlen

Zwei Jahre Corona-Pandemie haben Spuren hinterlassen. Dies macht sich in der neuesten Umfrage zum Bayerischen Krankenhaustrend (BKT) bemerkbar, den die Bayerische Krankenhausgesellschaft (BKG) bei einer Pressekonferenz im Münchner Presseclub vorstellte. Neben der regelmäßigen Erhebung der wirtschaftlichen Situation wurden bis Ende Februar Daten zur Impfpflicht, zum Ausbildungs- und Fachkräftemangel, zur Digitalisierung und zum aktuellen Kostendruck, insbesondere bei der Energieversorgung, erhoben.

Roland Engehausen, Geschäftsführer BKG. Bild: Eduard Fuchshuber
Roland Engehausen, Geschäftsführer BKG. Bild: Eduard Fuchshuber

„In bayerischen Krankenhäusern bedrohen die akuten Folgen des Kampfes in der Pandemie die nötigen Weichenstellungen für die Zukunft. Personell und finanziell ist die Kraft verbraucht“, unterstrich Landrätin Tamara Bischof, 1. Vorsitzende der BKG. Fast zwei Drittel der bayerischen Kliniken schrieben nach ihren Worten vergangenes Jahr rote Zahlen. „Im Jahr 2022 werden es wohl noch mehr sein, wenn die Politik nicht handelt.“ Tatsächlich rechnen für das laufende Jahr zwei von drei Klinik-Geschäftsführern mit einem defizitären Abschluss.

Träger müssen ständig Defizite ausgleichen

Seit vielen Jahren nimmt die Anzahl der Kliniken, die ein Jahres-Defizit verbuchen müssen, konstant zu; lediglich 2020 waren es aufgrund der fairen Ausgleichszahlungen zu Beginn der Pandemie „nur“ 40 % gewesen. Bischof zufolge „wissen wir nicht erst seit der Pandemie, welche zentrale und wichtige Rolle unsere Krankenhäuser bei der medizinischen Versorgung der Bevölkerung haben. Es kann doch nicht sein, dass sie dafür nicht annähernd ihre Kosten decken können und die Träger ständig für die Defizite ausgleichen müssen.“ Aus Sicht der Landrätin trifft dies sowohl auf frei-gemeinnützige als auch zum Teil private Kliniken zu.

Dass Fachkräftemangel und Personalknappheit sich nicht kurzfristig und auch kaum mit Blick auf die kommenden Jahre beheben lassen, ist ein weiteres Ergebnis der Umfrage. Neben der Steigerung der Attraktivität sozialer Berufe stellt auch eine Ausbildungsoffensive eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe dar.

Reduzierte Personalkapazität

Konkret stieg in den vergangenen beiden Jahren der Pandemie die Beschäftigtenzahl von Pflegefachpersonen in jeder dritten bayerischen Klinik. In knapp 40 % nahm die Zahl der Pflegefachpersonen ab, in jedem vierten Krankenhaus blieb die Anzahl konstant. Fakt ist auch: Teilzeit liegt im Trend und führt zu reduzierter Personalkapazität. In fast jedem zweiten Krankenhaus nahm die Teilzeitbeschäftigung von Pflegefachpersonen in den Jahren der Pandemie zu, 42 % berichten von keinerlei Veränderungen. In fast allen Kliniken fehlen abteilungsübergreifend Fachkräfte, sowohl bei Pflegefachpersonal (insbesondere in den intensivmedizinischen Abteilungen), im ärztlichen Bereich und sonstigen Gesundheitsberufen, aber auch in den Servicebereichen, wie Reinigung und Küche sowie zunehmend auch in der IT.

Unbesetzte Stellen nehmen zu

Kontinuierlich nehmen unbesetzte Stellen weiter zu: So konnten hunderte verfügbare Ausbildungsplätze in Bayerns Kliniken in den vergangenen Jahren nicht besetzt werden - Tendenz steigend. Nur knapp 7 % der Klinik-Geschäftsführer erwarten eine bessere Situation der Besetzung von Ausbildungsplätzen für 2022 im Vergleich zu den Vorjahren, während mehr als 40 % von einer Verschlechterung ausgehen.

„Wir wollen die Beschäftigungsbedingungen weiter verbessern und die Politik und Kostenträger müssen dafür die Grundlagen verbessern. Wir brauchen außerdem Lösungen der Zukunft, um mit dem allgemeinen Fachkräftemangel umzugehen“, machte BKG-Geschäftsführer Roland Engehausen deutlich. „Die Gebote der Stunde lauten: mehr Kooperation, mehr digitale Unterstützung und mehr klinischambulante Versorgungsangebote für Patientinnen und Patienten in den Krankenhäusern.“

Engehausen forderte einen

„Transformationsprozess Krankenhaus“, d.h. einen verlässlichen Fahrplan in die Zukunft mit finanzieller Absicherung der Jahresbudgets für die Krankenhäuser. Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung sehe mit den ambulant-stationären Hybrid-Fallpauschalen, der Pflegepersonalbemessung „PPR 2.0“ und Vorhalte-Finanzierungen für eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung richtige Ansätze vor. „Bis diese wirken können und die Umstellung auf mehr klinisch-ambulante Leistungen in Krankenhäusern erfolgt ist, benötigen die Kliniken eine vollständige Absicherung der vereinbarten Jahresbudgets zu 100 %, so der Geschäftsführer.

Überfällige Digitalisierung

Dass auch die längst überfällige Digitalisierung einen wichtigen Beitrag zur besseren Versorgung und der Bürokratie-Entlastung von Fachkräften leisten kann, hob Christina Leinhos, Leiterin Digitalisierung der BKG, hervor. Der Weg dorthin sei freilich kein Selbstläufer: „Nur jede dritte Klinik sieht sich für die künftigen Anforderungen der Digitalisierung und der Telematik-Infrastruktur nach Umsetzung der einmalig über das Krankenhaus-Zukunftsgesetz (KHZG) geförderten Maßnahmen gut gerüstet.“ Die Klinik-Geschäftsführungen forderten unisono einen verlässlichen IT-Betriebskosten-Zuschlag für die kontinuierliche digitale Entwicklung der Telematikinfrastruktur. Dabei seien die bayerischen Kliniken zur Kooperation auch in der IT bereit: Zwei von drei Kliniken wollen Ihre IT-Kräfte bündeln. Leinhos zufolge möchte die BKG für die digitale Zusammenarbeit der Kliniken in Bayern in diesem Jahr in guter Abstimmung mit dem Freistaat eine professionelle Plattform schaffen.

Auch die deutlich steigende Inflation in Deutschland macht sich in den Kliniken längst bemerkbar, so die Umfrage. Der Krieg in der Ukraine tut ein Übriges. 86 % der Klinik-Leitungen befürchten zusätzliche Defizite, die von den Trägern ausgeglichen werden müssen. Eine zunehmende Gefahr von Klinikschließungen aus rein wirtschaftlichen Gründen bzw. steigender Druck auf die Belegschaften (jeweils 73 %) bedeuten auch eine Gefährdung der Versorgung (65,9 %). Über 90 % der Krankenhaus-Geschäftsführungen erwarten von der Politik, dass sie sämtliche nachgewiesene Kostensteigerungen refinanziert bekommen. 75 Prozent fordern zur Finanzierung der steigenden Energiekosten in den nächsten Jahren einen CO2-Zuschlag. Nur jeder dritte Krankenaus-Verantwortliche geht davon aus, dass der Kostendruck zur Hebung von Wirtschaftlichkeitspotenzialen führen wird.

„Die sachfremde Begrenzung auf die Entwicklung der beitragspflichtigen Einnahmen der Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung bedroht 2022 und die nächsten Jahre die wirtschaftliche Existenz vieler Kliniken, zumal erhöhte Steuerzuschüsse des Staates an die Krankenkassen aufgrund dieses methodischen Fehlers von den Kassen nicht an die Kliniken weitergegeben werden dürfen“, betont die BKG.

Sorgen nehmen zu

Auch „im Ausblick auf die kommenden zwei bis drei Jahre“ erwarten Bayerns Klinik-Verantwortliche keine weitere Aufhellung der Situation – im Gegenteil: Die Sorgen nehmen zu. 70 % der bayerischen Krankenhäuser sehen die künftige wirtschaftliche Gesamtsituation negativ. Laut Bischof „ist der Bundesgesetzgeber nun aufgerufen, die gestellten Weichen im Koalitionsvertrag als verlässliche Grundlage für die Kliniken kurzfristig umzusetzen und die Betriebskostenfinanzierung weniger fallabhängig und auskömmlicher für alle bedarfsnotwendigen Krankenhäuser zu machen“. Um die Klinik-Infrastruktur in Bayern zukunftsfest zu gestalten, müsse der Freistaat die Investitionsfinanzierung spätestens nach der nächsten Landtagswahl 2023 deutlich erhöhen, forderte die Landrätin.

Daten zur Impfpflicht

Auch wenn die meisten Beschäftigten in den Kliniken ‚vollständig geimpft‘ sind, beschäftigt die seit Mitte März geltende einrichtungsbezogene Impfpflicht die Krankenhäuser intensiv. Mit gemischten Gefühlen blicken die befragten Klinikgeschäftsführungen auf die politischen Entscheidungen. So hält jeder dritte Klinik-Geschäftsführer die einrichtungsbezogene Impfpflicht grundsätzlich für richtig, etwas mehr als 20 % begrüßen sie zum Teil. Über 40 % standen ihr zum Zeitpunkt der Befragung ablehnend gegenüber.

DK

 

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