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(GZ-21-2021)
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► Kommunale 2021 in Nürnberg:

 

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Geschäftiges Treiben und große Wiedersehensfreude auf der Kommunale 2021 in Nürnberg: Über 3.200 kommunale Entscheider kamen in die Norisstadt, um sich im Messezentrum an zwei Tagen bei 330 Ausstellern aus sieben Ländern über Neuheiten und Trends rund um den Kommunalbedarf zu informieren. Parallel dazu nahm der begleitende Kongress des Bayerischen Gemeindetags gegenwärtige kommunalpolitische Herausforderungen in den Blick, zeigte kreative Lösungsansätze und bot reichlich Raum für Austausch.

V.l.: Marcus König, Dr. Franz Dirnberger, Dr. Uwe Brandl, Albert Füracker. Bild: NürnbergMesse/Frank Boxler
V.l.: Marcus König, Dr. Franz Dirnberger, Dr. Uwe Brandl, Albert Füracker. Bild: NürnbergMesse/Frank Boxler

Die zahlreichen Aussteller präsentierten ein vielfältiges Angebotsspektrum, das den kompletten Bereich kommunaler Beschaffung abdeckte. Das besondere Augenmerk lag freilich auf Themenfeldern, die gerade im Zuge der Corona-Pandemie verstärkt in den kommunalen Fokus rückten – von Bildung und Digitalisierung über die Zukunft der Innenstädte bis hin zu kommunalen Finanzen oder Klima- und Umweltschutz. Diese aktuellen Entwicklungen wurden im Kongress des Bayerischen Gemeindetags, den zwei Ausstellerfachforen und an den Messeständen in den Hallen abgebildet.

Innovative Produkte und Dienstleistungen

In den beiden Messehallen warteten innovative Produkte, Dienstleistungen und Neuheiten wie beispielsweise eine Luftmanagement-Plattform, Green-Building-Lösungen oder Tools zur nachhaltigen Haushaltsplanung auf die Besucher. Zur digitalen Entdeckungstour lud Halle 9 ein. Hier fanden Experten vornehmlich IT-Trends. Die beliebten Ausstellerfachforen boten während der gesamten Laufzeit kompaktes und praxisorientiertes Fachwissen. In insgesamt 46 Vorträgen referierten Experten an beiden Messetagen. Das Themenspektrum war vielfältig und reichte von vitalen Innenstädten und der Integration von Radwegen im Straßenmanagement über smarte Nahwärme und Wasserstoff in Kommunen bis hin zum digitalen Ordnungsamt, der Preisexplosion bei Baustoffen sowie dem Katastrophenfall Hackerangriff.

Kongress des Bayerischen Gemeindetags

Parallel zur Fachmesse fand der Kongress des Bayerischen Gemeindetags statt. Teilnehmer wurden mit Lösungsansätzen und Orientierungshilfen zu aktuellen Themen wie „Klimaanpassung konkret – Strategien und rechtliche Instrumente“, dem neuen Umgang mit Wasser, der Rolle der Gemeinden beim Mobilfunkausbau, Ideen gegen den Fachkräftemangel und „Frauen führen Kommunen – Bürgermeisterinnen im Amt“ versorgt.

Prominent besetzt war die offizielle Eröffnung des Kongresses. Neben Dr. Franz Dirnberger, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Bayerischen Gemeindetags, begrüßte Marcus König, Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg. Gemeindetagspräsident Dr. Uwe Brandl erläuterte im Anschluss, weshalb die Kommunale für die 2.031 kreisangehörigen Städte, Märkte und Gemeinden Bayern so wichtig ist: „Sie ist das Aushängeschild des Bayerischen Gemeindetags, bei dem wir nach außen hin unsere Geschlossenheit und unseren Kampfeswillen unter Beweis stellen, wenn es darum geht, für die kommunale Selbstverwaltung einzutreten.“

Die kommunale Selbstverwaltung lebt

Brandl betonte, dass es vor wenigen Monaten noch niemand für möglich gehalten hätte, im Herbst 2021 eine Veranstaltung dieser Größenordnung mit bundesweitem Anspruch durchzuführen. „Bayerns Gemeinden und Städte wollen zeigen, dass sie auch in schwierigsten Zeiten Serviceleistungen für Bürgerinnen und Bürger bieten können und die kommunale Selbstverwaltung lebt. Trotz Pandemie hat die Arbeit in den Kommunalverwaltungen auf gewohnt hohem Niveau funktioniert und das Leben in den Städten und Gemeinden ist – abgesehen von einigen Einschränkungen aufgrund der staatlichen Kontaktbeschränkungen – wie gewohnt weitergegangen. Darauf sind wir stolz.“

Der Präsident wies darauf hin, dass nahezu alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, zahlreiche Mitglieder von Gemeinde- und Stadträten sowie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Kommunalverwaltungen seit mehr als 20 Jahren regelmäßig nach Nürnberg kommen. Die Kommunalvertreter aus nah und fern stärkten den Kommunalverband durch ihre Teilnahme. Der Bayerische Gemeindetag sehe sich in seiner Funktion als Sprecher der kreisangehörigen Städte und Märkte gestärkt und freue sich über das sichtbare Zeichen kommunaler Solidarität.

Dramatische Finanzlage

Mit Blick auf die weiterhin dramatische Finanzlage der Kommunen forderte Uwe Brandl einen zweiten Rettungsschirm für die Städte und Gemeinden in ganz Deutschland. „Die Steuerschätzung vom Mai dieses Jahres prognostiziert für 2021 ein kommunales Defizit von 9,5 Mrd. Euro und für das Jahr 2022 ein Defizit von 10,4 Mrd. Euro. Gleichzeitig hat sich der kommunale Investitionsrückstand bundesweit auf 149 Mrd. Euro erhöht. Hier besteht dringender Handlungsbedarf“, erklärte Brandl, der gleichzeitig 1. Vizepräsident des Deutschen Städte- und Gemeindebunds ist.

„Wir erwarten, dass die Realisierung gleichwertiger Lebensverhältnisse und die Aussage ‚wer bestellt, der bezahlt‘ im nächsten Koalitionsvertrag keine Lippenbekenntnisse bleiben. Egal, wer die neue Bundesregierung stellt: die Städte und Gemeinden in ganz Deutschland müssen nachhaltig finanziell unterstützt werden. Dies gilt gleichermaßen an Berlin und München gerichtet.“

Drohendes Sterben der Ortskerne

Brandl zufolge kann es nur mit der nötigen Finanzkraft gelingen, das drohende Sterben der Innenstädte und Ortskerne aufzuhalten. Von den Auswirkungen der Corona-Pandemie seien ca. 100.000 Einzelhandelsgeschäfte massiv betroffen.

„Damit sind fast 500.000 Arbeitsplätze bedroht. Wir müssen einerseits die Innenstadtbereiche umgestalten und gleichzeitig dem Klimaschutz mehr Rechnung tragen. Das alles wird viel Geld kosten.“

Als Beispiele für kommunale Investitionen zur Erhaltung der Ortskerne und Innenstädte führte der Präsident mehr Erlebnisräume, mehr Kunst im öffentlichen Raum, mehr Handwerk im Innenstadtbereich, mehr Erlebnisgastronomie und auch wieder mehr Wohnraum im Ortszentrum an. Sinnvoll seien auch mehr Grün sowie Wasserstrukturen zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität bei Hitze im Sommer. Der Gemeindetagschef zeigte sich nicht abgeneigt, den boomenden Onlinehandel an der Finanzierung durch Einführung einer Paketversandsteuer zu beteiligen.

„Es kann nicht sein, dass Lieferfahrzeuge von großen Onlinehändlern Tag und Nacht kommunale Straßen nutzen, um Profite zu machen, sich aber an Gemeinkosten nicht beteiligen.“

Freistaat an der Seite der Kommunen

Zur Zukunft der Kommunalfinanzen nahm Staatsminister Albert Füracker Stellung: „Der Freistaat steht fest und zuverlässig an der Seite seiner Kommunen – auch und besonders in Zeiten der Krise. Wir haben trotz angespannter Haushaltslage beim Freistaat den kommunalen Finanzausgleich im Jahr 2020 und 2021 auf über 10 Milliarden Euro gehalten, im Jahr 2020 die Überweisungszeitpunkte für wesentliche Finanzausgleichsleistungen vorverlegt und gemeinsam mit dem Bund Steuerausfälle kompensiert. Der kommunale Finanzausgleich liegt für 2022 mit 10,4 Milliarden Euro erneut auf Spitzenniveau. Unsere zusätzliche Investitionsinitiative von 400 Millionen Euro für die Kommunen ist eine wuchtige Stärkung auf dem Weg aus der Krise! Bayern hat seine Hausaufgaben gemacht, sichert die solide Finanzausstattung seiner Kommunen und setzt auf gezielte Hilfe für finanzschwache Kommunen.“

Die bayerischen Städte und Gemeinden haben laut Füracker 2020 insgesamt 2,4 Milliarden Euro, gut 1,3 Milliarden Euro allein vom Freistaat, als Ausgleich der Corona-bedingten Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer 2020 erhalten. Auch der Bund müsse sich seiner gesamtstaatlichen Verantwortung weiter stellen. Bayern stehe für einen gemeinsamen Gewerbesteuerausgleich 2021 zusammen mit dem Bund bereit.

Wie der Minister weiter ausführte, haben Bayerns Städte und Gemeinden seit jeher eine starke Position im Ländervergleich. Mehr als eine Milliarde Euro stehe den Kommunen für den kommunalen Hochbau im Jahr 2022 zur Verfügung. Die Krankenhausfinanzierung mit 643 Millionen Euro und die allgemeine Investitionspauschale mit 446 Millionen Euro würden auf dem hohen Niveau der Vorjahre fortgeführt. Der Freistaat unterstütze seine Städte und Gemeinden wie kein anderes Bundesland beim Breitbandausbau. Seit 2014 wurden den bayerischen Kommunen über 1,59 Milliarden Euro an Fördermitteln zugesagt.

„Erneut hat sich die Magnetkraft der Kommunale für Aussteller und Besucher erwiesen“, teilte Gemeindetagspräsident Dr. Uwe Brandl zum Messe-Abschluss mit. „Auch wir sind vom überragenden Zuspruch einfach nur begeistert. Wer nicht dabei war, hat eine riesige Chance vertan. Der diesjährige Erfolg der Kommunale ist die perfekte Ausgangsbasis für die Planungen zur nächsten Ausgabe.“ Diese findet am 18. und 19. Oktober 2023 im Messezentrum Nürnberg statt.

DK

 

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