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(GZ-12-2021)
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► Bezirk baut das Autismus Kompetenzzentrum Unterfranken aus:

 

Zu wenig Hilfe bei Autismus

 

Anlässlich des Welt-Autismus-Tags wurde unlängst darauf aufmerksam gemacht, dass inzwischen von 100 Bürgern in Deutschland einer von Autismus betroffen ist. Mit einer so hohen Zahl hatte niemand gerechnet, als das Autismus Kompetenzzentrum Unterfranken (AKU) 2009 an den Start ging. Damals ging man in der Region von einem Betroffenen pro 200 Bürger aus. Doch auch in Unterfranken gilt offenbar die hohe bundesweite Fallzahl. Das zeigt die Nachfrage nach Beratung. Die hat sich seit 2010 mehr als verdoppelt.

Das Autismus Kompetenzzentrum Unterfranken (AKU) fungiert als Wissens- und Informationsplattform für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung und für Angehörige. Ziel ist es, die Versorgung und Teilhabe der betroffenen Menschen zu verbessern. Die Fachkräfte des AKU beraten und vermitteln. Das Zentrum geht aktuell davon aus, dass in Unterfranken 13.200 Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung leben. Bei Gründung des Zentrums im Jahr 2009 war man noch davon ausgegangen, dass nur etwa 7.000 Kinder, Jugendliche und Erwachsene betroffen sind.

Autismus kann nicht geheilt werden, allerdings ist die Krankheit therapierbar in der Stärke ihrer Ausprägung. Schwierig bleibt es oft noch immer, die richtige Diagnose zu bekommen und das passende Hilfsangebot zu finden. Das macht das Autismus Kompetenzzentrum Unterfranken so wichtig. „Es ist eine der ersten Anlaufstellen für Menschen mit Autismus und für Angehörige“, erklärte Eva-Maria Löffler, Leiterin der Sozialverwaltung des Bezirks Unterfranken, im Sozialausschuss des Bezirkstags. Um den stark gestiegenen Beratungsbedarf nachzukommen, genehmigte der Ausschuss dem in Würzburg etablierten Zentrum ab Juli eine zusätzliche halbe Fachkraftstelle.

Explosion der Beratungszahlen

Der Beschluss wird für den Bezirk Kosten in Höhe von rund 36.000 Euro verursachen. Der Freistaat wird sich jährlich mit rund 12.000 Euro beteiligen. In dieser Summe sind Sach-, Fahrt- und Verwaltungskosten inbegriffen. Betroffene und Angehörige werden von der Entscheidung durch kürzere Wartezeiten profitieren. Derzeit müssen sie bis zu drei Monate auf einen Beratungstermin warten. Dies liegt daran, dass die Beratungszahlen bei gleichem Personal seit 2009 geradezu explodiert sind. 2010, ein Jahr nach Gründung der Einrichtung, wurde erst rund 500 Mal beraten. Letztes Jahr fanden 1.160 Beratungsgespräche statt. Auch die Zahl der Klienten stieg stark an.

Das AKU hilft nicht nur Menschen, die auf der Suche nach Therapiemöglichkeiten sind oder die Fragen zur Alltagsbewältigung haben. Die Mitarbeiterinnen des Zentrums bieten auch Elterntrainings und Fortbildungen an. Vor allem im Raum Aschaffenburg kann die Nachfrage nach diesen Angeboten laut AKU mangels Personal aktuell „nicht bedient werden“. Auch müssten viele Nachfragen nach Schulungen von Fachkräften abgelehnt werden. Sehr wichtig wäre es laut dem Vorstand des Vereins AKU, Jugendliche und Erwachsene im Raum Aschaffenburg bei Behördengängen zu begleiten; etwa zur Arbeitsagentur. Auch dies sei derzeit kaum möglich.

Dem Zentrum wäre es ein großer Wunsch gewesen, eine weitere volle Stelle zu erhalten, um der Nachfrage nach Beratung, Begleitung und Schulung wieder gerecht werden zu können. Bereits vor knapp zwei Jahren ging ein entsprechender Antrag beim Bezirk ein. Mit der nun genehmigten halben Stelle will der Bezirk die ärgste Not lindern, bevor nächstes Jahr, wenn alles wie geplant läuft, eine „Autismus-Strategie-Bayern“ verabschiedet wird. Wie Löffler erläuterte, wird diese Strategie seit zwei Jahren im Auftrag des Bayerischen Landtags entwickelt. Ziel ist es, die Lebensbedingungen für Menschen mit Autismus zu verbessern.

Die Strategie reagiert damit darauf, dass Autismus kein Randproblem mehr ist. Erarbeitet wird sie unter der Regie des Münchner Sozialwissenschaftlers Markus Witzmann. In Kürze soll das Projekt abgeschlossen werden. Nächstes Jahr wird der Landtag über die Strategie diskutieren. Dem Bezirk zufolge strebt der Entwurf eine Ausweitung der Beratungsangebote an. In allen Regionen sollen Außenstellen etabliert werden. Das AKU ist auch jetzt schon in den Regionen Untermain und Main-Rhön präsent. So werden regelmäßig Beratungen im Aschaffenburger Gesundheitsamt angeboten. Die Nachfrage ist allerdings auch hier deutlich höher als das Angebot.

Pat Christ

 

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