Kommunale Praxiszurück

(GZ-24-2020)
gz kommunale praxis

► Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft:

 

Familienunternehmen stärken ländlichen Raum

 

Familienunternehmen tragen zum Erfolg ländlicher Räume in Deutschland bei. Ihre Präsenz wirkt sich positiv auf Bevölkerung, Wohlstand und Wirtschaftskraft aus. Dies geht aus einer Studie des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag der Münchner Stiftung Familienunternehmen hervor. Untersucht wurden 215 ländlich geprägte Kreise und kreisfreie Städte, wobei sich die Forscher in ihrer Analyse auf größere Familienunternehmen mit 50 oder mehr Mitarbeitern konzentrierten.

In den ländlichen Räumen sind durchschnittlich über die Hälfte der ansässigen Unternehmen ab 50 Mitarbeitern Familienunternehmen (54,3 Prozent). Zugleich arbeiten in den betrachteten Familienunternehmen rund 2,5 Millionen Beschäftigte der insgesamt 5,7 Millionen Beschäftigten in den ländlichen Räumen. Die Familienunternehmen sind somit ein bedeutsamer Arbeitgeber für die Menschen in diesen Regionen.

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass eine positive wirtschaftliche Entwicklung mit einem hohen Anteil an Familienunternehmen in Zusammenhang steht. Diese tragen damit bedeutend zur dezentralen Stärke im Land in ihrer Rolle als Arbeitgeber, für die regionale Innovationsfähigkeit, für eine hohe Wertschöpfung und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der ländlichen Räume bei.

Der Anteil von Familienunternehmen in den wirtschaftsstarken Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg ist höher als in den ostdeutschen Bundesländern. Platz 1 in der Studie belegt der Landkreis Roth mit über 68 Prozent Familienunternehmen; auf Platz 2 rangiert der Landkreis Neumarkt i.d.Opf. mit über 67 Prozent.

Ländliche Räume mit hohen Familienunternehmensanteilen weisen höhere Industriequoten auf als andere Räume. Große Unternehmen und Hidden Champions, die strukturbestimmend sind und maßgeblich zur Sicherung von Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand beitragen, sind in der Regel Industrieunternehmen.

Höhere Innovationskraft

Im Hinblick auf die Innovationskraft zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen ländlichen Räumen mit einem hohen Anteil an Familienunternehmen und solchen mit einem geringeren Anteil. In Regionen mit hohen Familienunternehmensanteilen fallen die Patentanmeldungen fast doppelt so hoch aus wie in den anderen Räumen.

Insbesondere bayerische und baden-württembergische Kreise zeichnen sich dabei als patentstark aus. Die meisten Patentanmeldungen je 100.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten verzeichneten Unternehmen im Landkreis Regensburg mit rund 794 Anmeldungen.

Auch im Ausbildungsbereich spielen die Familienunternehmen eine wichtige Rolle. Obwohl junge Menschen vermehrt in die Städte ziehen, um dort ihre Ausbildung zu beginnen, schaffen es Familienunternehmen in ländlichen Regionen, attraktiv für junge Menschen zu bleiben. Der Fortzug von Menschen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren fällt geringer aus, wenn der Anteil an Familienunternehmen höher ist.

In Kreisen mit den höchsten Familienunternehmensanteilen ziehen im Mittel nur 13 junge Menschen je 1.000 Einwohner in dieser Altersgruppe im Saldo weg, in der Gruppe der Kreise mit den geringsten Anteilen sind es dagegen 34 junge Menschen. Der Kreis Marburg-Biedenkopf (Hessen) liegt unter allen ländlichen Räumen an der Spitze im Hinblick auf die Ausbildungswanderung. Der Saldo liegt hier bei rund +80.

Attraktiver Arbeitsmarkt stoppt die Landflucht

Die Analyse zeigt demnach auch, dass ein attraktiver Arbeitsmarkt die Landflucht stoppen kann. In Regionen mit einem hohen Anteil an Familienunternehmen legte die Bevölkerungszahl zwischen 2008 und 2018 im Schnitt um zwei Prozent zu, während sie in Regionen mit geringem Familienanteil um 2,6 Prozent sank. Den stärksten Bevölkerungszuwachs konnte der Kreis Erding mit einem Anstieg um rund elf Prozent verzeichnen. Im Kreis Freising sind es 10,8 Prozent, in Pfaffenhofen an der Ilm zehn Prozent.

Der Studie zufolge stehen Landkreise mit einem hohen Anteil an Familienunternehmen wirtschaftlich besser da als Kreise mit sehr wenigen solcher Firmen. So liegt etwa die Arbeitslosenquote in Landkreisen mit einem starken Anteil an Familienfirmen mit 2,8 Prozent deutlich niedriger und der Beschäftigungszuwachs der letzten Dekade mit 21 Prozent deutlich höher als in jenen Kreisen, in denen nur wenige oder keine Familienfirmen ihren Sitz haben. An der Spitze liegt der Landkreis Eichstätt mit einer Arbeitslosenquote von 1,3 Prozent, gefolgt von den Landkreisen Donau-Ries und Pfaffenhofen mit jeweils 1,6 Prozent.

Privater und öffentlicher Wohlstand

Die vergleichsweise hohe und stabile Beschäftigung in Kreisen mit vielen Familienbetrieben wirkt sich der Untersuchung zufolge auch auf den privaten und öffentlichen Wohlstand aus. In Regionen mit zahlreichen Familienfirmen erreichte das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf durchschnittlich 33.200 Euro gegenüber knapp 28.500 Euro in Kreisen, die kaum Familienfirmen haben. Zugleich liegt die Verschuldung der öffentlichen Hand in stark von Familienunternehmen geprägten Regionen um elf Prozent niedriger als dort, wo es wenige solcher Firmen gibt.

Musterland Bayern

Dass Bayern in der Untersuchung gut abschneidet, spiegelt sich in der Auswahl der Positivbeispiele wider. DingolfingLandau und Regensburg sind zwei von fünf Landkreisen, auf die das IW genauer eingeht. Im Kreis Dingolfing-Landau sind 60,3 Prozent der dort ansässigen Unternehmen ab 50 Mitarbeitern Familienunternehmen. Damit gehört der Landkreis zu den 25 Prozent der ländlichen Räume mit den höchsten Familienunternehmensanteilen. Er ist auch wirtschaftlich besonders erfolgreich. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von rund 71.000 Euro pro Einwohner rangiert Dingolfing-Landau auf Platz 1 aller ländlichen Räume.

Im Hinblick auf die gemeindliche Steuerkraft unter allen Kreisen der ländlichen Räume erreicht Dingolfing-Landau die Spitzenposition (rund 1.600 Euro pro Einwohner). Damit sind die wirtschaftlichen Bedingungen dort besonders gut ausgeprägt. Die meisten Beschäftigten des Kreises finden sich im Verarbeitenden Gewerbe. Mehr als die Hälfte aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist in diesem Wirtschaftszweig tätig (52,8 Prozent). Diese starke Bedeutung der Industrie spiegelt sich auch darin wider, dass der Landkreis den höchsten Anteil an MINT-Beschäftigten in den ländlichen Räumen aufweist. 44,1 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten lassen sich dem MINT-Bereich zuordnen.

Positive Beispiele

Eines der bekanntesten Unternehmen ist das Unternehmen Einhell mit Sitz in Landau an der Isar. Das einst als Handwerksbetrieb gegründete Unternehmen hat sich inzwischen zu einem weltweit führenden Werkzeughersteller, insbesondere für Gartengeräte und Elektrowerkzeuge, entwickelt. Rund 82 Prozent aller Patentanmeldungen in dem Kreis lassen sich auf Einhell zurückführen, was ebenfalls die Innovationskraft dieses Familienunternehmens verdeutlicht.

Ein weiteres Familienunternehmen, das im Kreis Dingolfing-Landau ansässig ist, ist die SAR-Group. Dieses Unternehmen entwickelt Systeme für die Industrie- und Prozessautomation. Mit seinen rund 300 Mitarbeitern am Hauptstandort Dingolfing ist es der zweitgrößte Arbeitgeber in der Stadt. Auch dieses Unternehmen ist hochinnovativ. Es profitiert dabei von der Nähe zum Technologiezentrum für Produktions- und Logistiksysteme in Dingolfing.

Hochinnovative Patente im Kreis Regensburg

Die meisten Patentanmeldungen unter den ländlichen Räumen kann der Kreis Regensburg vorweisen. Mit im Schnitt 793 Anmeldungen je 100.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten liegt er deutlich an der Spitze vor dem Kreis Eichstätt mit rund 418 Patentanmeldungen. Auch bei den digitalen Patentanmeldungen ist der Kreis Regensburg führend. Rund 18 Prozent aller Patente wurden in digitalisierungsaffinen Technologiebereichen angemeldet.

Absolut gesehen sind das die meisten Anmeldungen unter allen ländlichen Kreisen. Dabei ist auch im Landkreis Regensburg der Anteil der Familienunternehmen mit 60,7 Prozent hoch. Damit gehört der Kreis ebenfalls zu den 25 Prozent der ländlichen Räume mit den höchsten Familienunternehmensanteilen.

Rund 97 Prozent aller von Unternehmen in der Region angemeldeten Patente stammen von Krones. Das in Neutraubling ansässige Familienunternehmen fertigt Anlagen und Maschinen zur Herstellung, Abfüllung und Verpackung von Getränken und Nahrungsmitteln. Dabei werden die Produkte stetig weiterentwickelt, denn das Unternehmen investiert stark in den Forschungs- und Entwicklungsbereich. Bis Dezember 2019 wurden nach eigenen Angaben rund 5.900 Patente und Gebrauchsmuster von Krones angemeldet. Dies verdeutlicht das dort vorhandene Innovationspotenzial.

Zweitstärktes Unternehmen hinsichtlich Patentanmeldungen ist im Kreis Regensburg agrotop mit Sitz in Obertraubling. Das Familienunternehmen ist im Bereich Düsentechnologie und Pflanzenschutzmittel tätig.

DK

 

Dieser Artikel hat Ihnen weitergeholfen?
Bedenken Sie nur, welche Informationsfülle ein Abo der Bayerischen GemeindeZeitung Ihnen liefern würde!
Hier geht’s zum Abo!

 

GemeindeZeitung

Kommunale Praxis

AppStore

TwitterfacebookinstagramYouTube

Google Play

© Bayerische GemeindeZeitung