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(GZ-22-2020)
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► Bayerischer Energiepreis 2020:

 

Energienutzung intelligent steuern

 

„Wir wollen ein effizientes und nachhaltiges Energiesystem aus und für Bayern. Auch in diesem Jahr beweisen die Preisträger, dass bayerische Unternehmen, Kommunen und Forschungseinrichtungen hierfür hervorragend vorbereitet sind“, gratulierte Hubert Aiwanger bei der Verleihung des Bayerischen Energiepreises im Bayerischen Wirtschaftsministerium.

Mit dem Hauptpreis ausgezeichnet wurde die Kurtz GmbH, Kreuzwertheim, für ihr Projekt „Chemiefreies Recycling von EPS-Material durch Radiofrequenz-Fusionstechnologie“.

Damit wird das Verschweißen von Partikelschäumen, wie z.B. Styropor, zu Formteilen ohne Dampf und Wasserkühlung möglich: Diese Verschweißung erfolgt mittels elektromagnetischer Wellen von innen nach außen.

Im Vergleich zum herkömmlichen Herstellungsverfahren spart dieses innovative Verfahren ca. 70 % an CO2-Emissionen und 90 % an Primärenergie. Zudem lässt sich EPS mit einem deutlich höheren Rezyklatanteil von bis zu 100 % verarbeiten.

Die Technologie wird über die Anwendung in der Kunststoffindustrie (z.B. Isolierplatten, Kühlboxen, Fahrradhelme) hinaus auch auf weitere Anwendungsbereiche übertragen und kann einen erheblichen Beitrag zur nachhaltigen wirtschaftlichen Effizienzsteigerung leisten.

Stadtwerke Rosenheim

Neben dem Hauptpreis vergab das Wirtschaftsministerium weitere Preise in acht Kategorien. In der Kategorie „Kommunale Energiekonzepte“ siegten die Stadtwerke Rosenheim und die SolarNext AG mit ihrem Innovationsprojekt „Umweltfreundliche Kälteversorgung Bahnhof Nord“.

Die Stadtwerke Rosenheim setzen auf eine nachhaltige sowie volkswirtschaftlich sinnvolle Energieversorgung und arbeiten seit Jahren konsequent an der Umsetzung ihrer ehrgeizigen Klimaschutzziele, dokumentiert in einem fundierten Energiekonzept.

Die umweltfreundliche Kälteversorgung des Quartiers Bahnhof Nord ist die Weiterentwicklung des Gedankens, den Kunden stets energieeffizient und CO2-minimiert Kälte zur Verfügung zu stellen. Das Konzept wurde mit der hierzu beauftragten SolarNext AG aus Bernau entwickelt und umgesetzt.

Statt wie oftmals üblich, elektrisch angetriebene Kompressionskältemaschinen mit relativ hohem Strombedarf und F-Gasen als Kältemittel einzusetzen, kommen in diesem Projekt überwiegend thermisch betriebene Absorptionskältemaschinen, die mit dem natürlichen Kältemittel Wasser arbeiten, zum Einsatz.

Als Antriebsenergie wird Abwärme verwendet, die durch das ebenfalls von den Stadtwerken Rosenheim betriebene Müllheizkraftwerk im Sommer zur Verfügung steht. Damit wird vorhandene Wärme besser genutzt. Das Kältenetz hat das Potential sich später über die gesamte Innenstadt von Rosenheim zu erstrecken.

Umweltfreundliche Kälteversorgung

Der Strombedarf für die gesamten Absorptionskälteanlagen (inklusive Pumpen und Rückkühlwerk) ist bis zu 90 % geringer als bei Kompressionskälteanlagen, die CO2-Emissionen sind im Vergleich zu einer traditionellen Kälteanlage um ca. 85 % reduziert. Ein Konzept, das – mit entsprechenden Anpassungen – auf andere Stadtwerke und Kommunen übertragbar ist.

Die Stadtwerke Rosenheim hoffen, dass diese Option bei der Entwicklung von Quartierskonzepten und Verbundlösungen vermehrt evaluiert wird, so dass künftig in vielen anderen Kommunen in heißen Sommermonaten Wohnungs-, Arbeits- und Serverräume mit dieser nachhaltigen Lösung (h)eis(s)-kalt gekühlt werden.

Die Versorgung mit Kälte wächst in ihrer Bedeutung, da einerseits die Nachfrage steigt und andererseits die Kälte in großen zentralen Anlagen sehr viel effizienter erzeugt werden kann als in Kleinanlagen. Dies erfordert die Errichtung von Kältenetzen, die die verschiedenen Kälteanlagen und Verbraucher miteinander verbinden.

In Kombination mit der bestehenden Fernwärme entsteht hier ein System der Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung (KWKK), das langfristig die Innenstadt sehr umwelt- und klimafreundlich, aber auch preiswert und sicher mit Kälte versorgen kann.

Die Integration von Strom, Wärme, Kälte und Wärmespeichern ist ein Musterbeispiel der Sektorenkopplung und gestattet es, sehr flexibel Erneuerbare Energie aus Wind und Solarstrom je nach Situation zu nutzen und zu ergänzen.

Stadt Freilassing

Ein weiterer Preisträger ist die Stadt Freilassing. In der Kategorie „Energieerzeugung – Strom, Wärme“ belegte sie mit dem Projekt Energieverbund Freilassing (ENVER) den ersten Platz.

Bereits im Jahr 2011/12 hat man mit der Generalsanierung von zwei Freilassinger Schulen und der Stadtbücherei den Grundstein für den Energieverbund Freilassing gelegt. Da für die neue Sport- und Freizeitanlage „Badylon“ mit Dreifachsporthalle und Hallenbad ohnehin die Energieversorgung neu geplant werden musste, wurde die Gelegenheit genutzt und ein Energieverbund zwischen mehreren städtischen Gebäuden genauer untersucht und auch umgesetzt.

Der Energieverbund Freilassing versorgt die Sport- und Freizeitanlage Badylon, die Grund- und Mittelschule, die städtische Kläranlage sowie das Jugendvereinsheim mit Fernwärme auf einer Leitungslänge von insgesamt 936 Metern. Die Versorgung erfolgt über Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen, die überwiegend mit Klärgas aus der Kläranlage versorgt und mit Erdgas als zweitem Brennstoff betrieben werden. Ergänzend kommt ein Biomassekessel zum Einsatz, der auch städtische Grüngutabfälle verwerten kann.

„Parallel zum Wärmenetz wurde ein Stromverbund zwischen den genannten städtischen Gebäuden aufgebaut. In dieser Form ist ein solcher Zusammenschluss zur Energiegewinnung bisher einmalig“, freut sich Freilassings Bürgermeister Markus Hiebl.

Die elektrische Versorgung erfolgt über mehrere Photovoltaikanlagen und über die Blockheizkraftwerke in der Kläranlage und der Heizzentrale. Die über das Stadtgebiet verteilten Gebäude bilden aus energierechtlicher Sicht ein eigenes Areal, das sich vollständig selbst mit Wärme und zu einem großen Teil selbst mit Strom versorgt.

Gegenentwurf zu elektrischen Großspeichern

Der Energieverbund Freilassing ist ein Gegenentwurf zu elektrischen Großspeichern, die derzeit in einzelnen Kommunen zwar bereits umgesetzt werden, jedoch noch sehr aufwändig und ressourcenintensiv in der Herstellung sind. Das in Freilassing umgesetzte Modell kann als Blaupause für eine Vielzahl weiterer bayerischer Kommunen dienen, die ihre vor Ort vorhandenen regenerativen Ressourcen bestmöglich nutzen und ihre Energiekosten senken wollen.

Das Bayerische Wirtschaftsministerium zeichnet alle zwei Jahre herausragende Leistungen für effiziente und innovative Energiegewinnung, -nutzung, -verteilung und -speicherung aus.

Mit 170 eingereichten Bewerbungen war das Interesse bei Unternehmen, Kommunen, Forschungsstellen und Institutionen auch in diesem Jahr wieder erfreulich groß. Zum zwölften Mal wählte eine unabhängige Jury mit ausgewiesenen Energieexperten die vorbildhaften Preisträger aus.

DK

 

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