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(GZ-6-2020)
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► Bayern rüstet sich im Kampf gegen das Corona-Virus:

 

Umsichtiges Handeln als Gebot der Stunde

 

Mit Umsicht und Entschlossenheit rüstet sich der Freistaat gegen die Ausbreitung des neuartigen Corona-Virus. Erstmals in seiner Geschichte ruft er vorerst für zwei Wochen landesweit einen Katastrophenfall aus, um insbesondere Entscheidungen zu beschleunigen und einen direkten Durchgriff auf alle Behörden zu haben. Wie Ministerpräsident Dr. Markus Söder feststellte, bestehe kein Anlass zur Panik, aber zu sehr ernsthafter Sorge. Da es derzeit noch keinen Impfstoff oder ein Medikament zur Behandlung des Corona-Virus gibt, gelte es, Maßnahmen zu ergreifen, um die Verbreitung zu verlangsamen. Söder: „Es ist uns klar, dass das für die gesamte Gesellschaft eine Belastung ist, aber sie ist notwendig zum Schutz der Menschen. Die Gesundheit hat Vorrang!“

V.l.: Dr. Eberhard Sasse, Ministerpräsident Dr. Markus Söder, BHT-Präsident Franz Xaver Peteranderl und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger bei der PK zum Spitzengespräch der bayerischen Wirtschaft. Bild: Schuhmann
V.l.: Dr. Eberhard Sasse, Ministerpräsident Dr. Markus Söder, BHT-Präsident Franz Xaver Peteranderl und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger bei der PK zum Spitzengespräch der bayerischen Wirtschaft. Bild: Schuhmann

Aufgrund der weiteren Verbreitung des Corona-Virus werden Veranstaltungen bis zum 19. April verboten, mit Ausnahme privater Feiern in kleinem Rahmen und Wohnräumen. Eine Ausgangssperre plant der Freistaat nach Söders Worten nicht. Zu kontrollieren, ob all diese Verbote eingehalten werden, ist Sache der Kommunen. Bei Verstößen drohen Geldstrafen von bis zu 25.000 Euro, im Extremfall sogar Freiheitsstrafen.

Regelungen für Gastronomie und Einzelhandel

Bis zum 19. April sind nun auch alle Freizeiteinrichtungen und kulturellen Einrichtungen in Bayern geschlossen. Von den gastronomischen Betrieben dürfen nur noch Speiselokale und Kantinen geöffnet bleiben, jedoch nur von 6 bis 15 Uhr. Danach gibt es von dort allenfalls Essen-to-go, Drive-in-Restaurants oder eine Lieferung nach Hause. In Lokalen gilt ein Mindestabstand von 1,50 Meter zwischen den Gästen und maximal 30 Personen in einem Lokal. Dies gilt bis zum 30. März.

Ebenfalls bis zum 30. März sind nunmehr auch alle Geschäfte geschlossen. Um die Versorgung mit dem alltäglichen Bedarf sicherzustellen, gilt das aber nicht für Lebensmittelläden, Getränkemärkte, Banken, Apotheken, Tankstellen und Autowerkstätten, Drogeriemärkte, Reinigungen, Sanitätshäuser, Optiker, Hörgeräteakustiker, Geschäfte mit Tierbedarf sowie Bau- und Gartenmärkte. Für diese Zwecke dürfen auch Einkaufszentren und Kaufhäuser öffnen. Werktags können all diese Geschäfte nun sogar von 6 bis 22 Uhr und auch an Sonntagen von 12 bis 18 Uhr öffnen. Söders Appell: „Überlegen Sie genau, was sie einkaufen wollen oder nicht.“ Für Hamsterkäufe gebe es keinen Anlass. Post und Onlinehandel werden nicht eingeschränkt. Betriebe, auch Handwerksbetriebe werden nicht geschlossen, auch der öffentliche Nahverkehr bleibt erhalten.

Kindergärten, Schulen und Hochschulen

Schulen, Kindergärten und Krippen bleiben bis zum Ende der Osterferien geschlossen. Auch die Vorlesungszeiten an den Universitäten, Hochschulen für Angewandte Wissenschaften sowie Kunst- und Musikhochschulen werden auf den 20. April 2020 verschoben. Für Schüler soll es digitale Lernangebote geben. Wer vor Abschlussprüfungen steht, soll keine Nachteile haben. Dringend empfohlen wird, die Kinderbetreuung nicht über die Großeltern zu organisieren.

Notfallbetreuungen werden eingerichtet. Um die Kinderbetreuung in Bayern während der Kita-Schließungen wegen der Corona-Epidemie zu gewährleisten, appelliert die Staatsregierung an die Arbeitgeber. Arbeitszeiten sollten flexibel gestaltet werden, betonte Arbeitsministerin Carolina Trautner. Wo es möglich ist, solle im Homeoffice gearbeitet werden. Wenn dies nicht machbar ist, solle zunächst Urlaub in Betracht gezogen werden. Der Bund müsse prüfen, welche Regelungen hierzu greifen könnten.

Deutlich schränkt Bayern auch das Besuchsrecht in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Altenheimen ein. Krankenhäuser werden unter einen Schutzschirm gestellt. Operationen, die nicht notwendig sind, werden verschoben, um zusätzliche Intensivbetten zu schaffen.

Umbau in der Gesundheitsversorgung

Die Kapazitäten an Notfall-Telefonen, in den Gesundheitsämtern und auch in Testlabors sollen ausgebaut werden. Die Krankenhäuser werden darauf ausgerichtet, freie Kapazitäten für Coronavirus-Patienten vorzuhalten, insbesondere in den Intensivstationen, wo es bislang etwa 4.000 Betten gibt. An den Uni-Kliniken wird jetzt alles auf die Versorgung der Bevölkerung umgestellt. Die Staatsregierung will auch Medizinstudenten zur Mitarbeit gewinnen, zudem sollen Mediziner im Ruhestand oder in Elternzeit aktiviert werden. Auch bereitet man sich darauf vor, zur Not Behelfskliniken in Messehallen oder dergleichen einzurichten. 

Für kommende Stichwahlen bei der Kommunalwahl wird die Briefwahl deutlich erleichtert, indem automatisch Briefwahlunterlagen verschickt werden. Ein Antrag ist nicht mehr erforderlich.

Der Freistaat und die bayerische Kreditwirtschaft haben ein Bündnis zur Begrenzung der negativen Auswirkungen des Coronavirus in Bayern vereinbart. Die gemeinsame Erklärung unterzeichneten v. l.: Dr. Otto Beierl (Vorstandsvorsitzender LfA Förderbank Bayern), Dr. Jürgen Gros (Präsident Genossenschaftsverband Bayern), Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, Roland Schmautz (Vizepräsident Sparkassenverband Bayern) und Dr. Michael Diederich (Präsident des Bayerischen Bankenverbands). Bild: Bayerische Staatkanzlei
Der Freistaat und die bayerische Kreditwirtschaft haben ein Bündnis zur Begrenzung der negativen Auswirkungen des Coronavirus in Bayern vereinbart. Die gemeinsame Erklärung unterzeichneten v. l.: Dr. Otto Beierl (Vorstandsvorsitzender LfA Förderbank Bayern), Dr. Jürgen Gros (Präsident Genossenschaftsverband Bayern), Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, Roland Schmautz (Vizepräsident Sparkassenverband Bayern) und Dr. Michael Diederich (Präsident des Bayerischen Bankenverbands). Bild: Bayerische Staatkanzlei

Vereinbarung mit der Kreditwirtschaft

Um die negativen Auswirkungen des Corona-Virus in Bayern zu begrenzen, haben der Freistaat und die bayerische Kreditwirtschaft ein Bündnis vereinbart. Die gemeinsame Erklärung unterzeichneten Wirtschaftminister Hubert Aiwanger, Dr. Michael Diederich (Präsident des Bayerischen Bankenverbands), Dr. Jürgen Gros (Präsident Genossenschaftsverband Bayern), Roland Schmautz (Vizepräsident Sparkassenverband Bayern) und Dr. Otto Beierl (Vorstandsvorsitzender LfA Förderbank Bayern).

Vereinbart wurde, dass der Freistaat Bayern und die Kreditwirtschaft alle bankmäßigen Mittel nutzen, damit wirtschaftlich gesunde Unternehmen in Bayern durch die gegenwärtige Coronakrise nicht in ernsthafte Liquiditätsschwierigkeiten geraten. Konkret stellt der Freistaat Bayern über die LfA Förderbank Bayern betroffenen Unternehmen bankmäßige Unterstützungsangebote zur Verfügung. Der aktivierte Mittelstandsschirm erweitert die Handlungsmöglichkeiten der LfA, um bedrängten Unternehmen kurzfristig zu helfen. Die Bayerische Staatsregierung stellt 100 Millionen Euro für eine globale Rückbürgschaft gegenüber der LfA bereit. Zur Umsetzung der Maßnahmen hat die LfA eine Taskforce eingerichtet.

Entscheidende Rolle der Hausbanken

Bei der Umsetzung dieser Unterstützungsmaßnahmen kommt aufgrund des Hausbankenprinzips den Sparkassen, Genossenschaftsbanken und privaten Banken in Bayern eine entscheidende Rolle zu. Der Weg zu den Finanzierungshilfen der LfA führt über die Hausbanken der Unternehmen – sie beraten die Unternehmen und beantragen die finanziellen Hilfen bei der LfA. Die Ausreichung der zur Verfügung gestellten Hilfen der LfA an die Betriebe erfolgt ebenfalls über die Hausbanken der Unternehmen.
Die bayerische Kreditwirtschaft sichert zu, den bayerischen Mittelstand rasch und lageangepasst zu unterstützen. Die LfA wird nach eigenem Bekunden alles unternehmen, um den Hausbanken die Kreditvergabe in dieser schwierigen Situation zu erleichtern. Dazu stellt sie Darlehen sowie Risikoentlastungen in Form von Haftungsfreistellungen und Bürgschaften zur Verfügung.

„Whatever it takes - was immer auch notwendig ist: Wir spannen einen großen Schutzschirm für unsere Unternehmen auf“, betonte Markus Söder nach einem Spitzengespräch mit der bayerischen Wirtschaft, an dem auch Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und die Präsidenten der Handwerkskammer für München und Oberbayern, Franz Xaver Peteranderl, der IHK Oberbayern, Eberhard Sasse, und der vbw Bayern, Wolfram Hatz, teilnahmen. Söder bekräftigte, dass die Staatsregierung alles tun werde, um einen Stillstand der Wirtschaft zu verhindern. Man arbeite u.a. an einem „Bayernfonds“, der Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten helfen könnte.

Liquidität sicherstellen

Aiwanger zufolge „müssen wir jetzt zeitnah die Liquidität der Betriebe sicherstellen und gleichzeitig bereits die Förderung von Zukunftsinvestitionen vorbereiten, um nach Ende der Pandemie die Geschäfte rasch wieder anzukurbeln“. Mit Blick auf die 100-Millionen-Bürgschaft, die die Staatsregierung zur Verfügung stellt, appellierte der Minister an die bayerischen Hausbanken, „nun so unbürokratisch wie möglich Kredite an Betroffene zu vergeben und auch flexible Laufzeiten anzubieten“. Für kleinere Betriebe und Selbstständige in Zahlungsnöten soll schon in den kommenden Tagen über die Bezirksregierungen eine Soforthilfe von jeweils 5.000 bis 30.000 Euro abrufbar sein.

Aussetzung der Schuldenbremse

Für alle Hilfen für die Wirtschaft und das Gesundheitssystem will der Freistaat bis zu zehn Milliarden Euro bereitstellen. Eine davon aus laufenden Mitteln, den Rest aus Krediten. Dafür wird die Schuldenbremse für den Staatshaushalt ausgesetzt, wenn der Landtag zustimmt.
Die Bundesregierung forderte Wirtschaftsminister Aiwanger erneut auf, zusätzliche Maßnahmen zur Stabilisierung der Betriebe zu ergreifen: „Wir brauchen jetzt für das produzierende Gewerbe eine Reduzierung des Industriestrompreises auf 4 Cent pro Kilowattstunde. Zur Unterstützung der schon jetzt schwer getroffenen Tourismuswirtschaft ist eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent nötig.“

Söders Fazit: „Es ist die größte Bewährungsprobe seit 70 Jahren, aber wir sind entschlossen, diese Bewährungsprobe zu meistern.“

DK

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