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(GZ-24-2019)
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► BKG-Mitgliederversammlung in München:

 

Schlechte Stimmung im Krankenhaus

 

In deutschen Kliniken herrscht dicke Luft, wie bei der diesjährigen Mitgliederversammlung der Bayerischen Krankenhausgesellschaft (BKG) in München deutlich wurde. Aus Sicht der BKG-Vorsitzenden, Landrätin Tamara Bischof, ist das Verhalten der Politik gegenüber den Beschäftigten in den Kliniken von Misstrauen und Kontrollwahn geprägt. Die Krankenhäuser würden mit überbordender Bürokratie und überzogenen Forderungen belastet.

Landrätin Tamara Bischof. Bild: Atelier zudem Dirk Nitschke
Landrätin Tamara Bischof.
Bild: Atelier zudem Dirk Nitschke

Hinzu kommen laut Bischof nun noch ungerechtfertigte Strafzahlungen, wie jüngst vom Bundestag mit dem MDK-Reformgesetz beschlossen. Danach müssen die Krankenhäuser künftig ab der ersten beanstandeten Abrechnung neben der Differenz zwischen dem ursprünglichen und dem geminderten Rechnungsbetrag einen nach oben nicht gedeckelten „Aufschlag“ von zehn Prozent dieses Differenzbetrages an die Krankenkassen zahlen – mindestens jedoch 300 Euro pro Fall.

Unrealistische Vorgaben

Es sei „ein schlechter Witz und geradezu zynisch“, wenn Krankenhäuser künftig mit Strafzahlungen belegt würden, wenn sie Patienten nach der eigentlichen Behandlung noch einige Tage weiter versorgten, bis eine geeignete Anschlussversorgung – d. h. ein Reha- oder Pflegeplatz – gefunden sei, betonte Bischof. Sie beklagte, dass bundesweit immer mehr Krankenhäuser Insolvenz anmelden müssten, weil Politik und Krankenkassen mit wirtschaftlichen und unrealistischen Vorgaben möglichst viele Kliniken aus dem Markt drängen wollten. „Diese ungeordnete kalte Strukturbereinigung durch die Hintertür muss beendet werden“, forderte die Präsidentin.

Strukturwandel unausweichlich

BKG-Geschäftsführer Siegfried Hasenbein stieß in dasselbe Horn: „Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen kennt nur einen Weg: Bei jeder Gelegenheit die Latte so hoch zu legen, dass möglichst viele Krankenhäuser daran scheitern und aus der Versorgung aussteigen.“ Selbstkritisch merkte die Mitgliederversammlung freilich an, dass der Strukturwandel in der Krankenhausversorgung unausweichlich sei und die Klinikverbände sich in dieser Frage bislang zu passiv und abwehrend gezeigt hätten. Notwendig sei jetzt ein Krankenhausgipfel in Berlin, in dem Bund und Länder zusammen mit den Kliniken die Krankenhausversorgung der Zukunft gestalteten.

Unausgegorene Gesetze

Kurskorrekturen müsse auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vornehmen, betonte Tamara Bischof: 20 Gesetze in 20 Monaten vorweisen zu können, sei noch lange keine Erfolgsbilanz. Damit könne man vielleicht weite Teile der Öffentlichkeit und die Medien beeindrucken. Viele Gesetze würden aber im Eiltempo durchpeitscht und seien „unausgegoren und handwerklich unsolide“, so die BKG-Vorsitzende.

Als gravierendstes Beispiel nannte sie die von Spahn verordneten Pflegepersonaluntergrenzen. Statt besserem Schutz sei eine zusätzliche Gefährdung der Patienten eingetreten. Kliniken müssten aufgrund der praxisuntauglichen und unerfüllbaren Vorgaben immer häufiger Betten stilllegen und Patienten abweisen. Bischof warf dem Gesundheitsminister „Starrsinn“ vor, wenn er an diesem Weg festhalte.

In einer breiten Allianz hätten Krankenhausträger, Pflegeverbände und die Gewerkschaft ver.di einen sachgerechten Alternativvorschlag zur Bemessung des Pflegepersonals vorgeschlagen. „Einem Konzept, getragen von Krankenhausträgern, Pflegeverbänden und Arbeitnehmervertretung kann sich ein Minister nicht verschließen“, unterstrich Geschäftsführer Hasenbein.

Huml: Leistungsfähige und dichte Krankenhausstruktur in Bayern

Teile des beschlossenen Reformgesetzes für den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung wurden auch von Gesundheitsministerin Melanie Huml scharf kritisiert: Durch das Gesetz sollten eigentlich Streitigkeiten zwischen Kassen und Krankenhäusern über die hochkomplexen Abrechnungen vermieden werden.

Die Verschärfung der Regelungen zu Strafzahlungen für Krankenhäuser werde aber dazu führen, dass es künftig Auseinandersetzungen auch bei vergleichsweise geringen Rechnungskürzungen geben wird. Statt der in das MDK-Reformgesetz eingebrachten Verschärfung sollte zu der von Jens Spahn ursprünglich eingebrachten Regelung zurückgekehrt werden.

Dieser Regelung zufolge hätten Krankenhäuser je nach Anteil der unbeanstandeten Abrechnungen an allen durch den Medizinischen Dienst geprüften Schlussrechnungen neben der Rückzahlung der Differenz zwischen dem ursprünglichen und dem geminderten Abrechnungsbetrag einen „Aufschlag“ in Höhe von 25 bis 50 Prozent zu zahlen, höchstens jedoch 1.500 Euro pro Fall. „Weil aktuelle Daten zur Ermittlung dieses Anteils fehlen und die Regelung deshalb für das Jahr 2020 nicht umsetzbar ist, muss für das Jahr 2020 eine Sonderregelung für den von den Krankenhäusern zu entrichtenden Aufschlag getroffen werden“, erläuterte die Ministerin.

Mit Blick auf eine mögliche Klagewelle wegen des MDK-Reformgesetzes, das nun ab dem 1. Januar 2020 bei Abrechnungsstreitigkeiten einen zwingenden Erörterungstermin vor Klageerhebung vorsieht, riet Huml zur Gelassenheit: „Ich teile die Rechtsauffassung des Bundesgesundheitsministeriums, dass diese Neuregelung nur zukünftige Fälle betrifft. Dennoch wäre eine dahingehende gesetzgeberische Klarstellung wünschenswert.“

Zugleich verwies sie darauf, dass es in Bayern eine leistungsfähige und dichte Krankenhausstruktur für die Versorgung der Patientinnen und Patienten gibt. „Zwar finden auch in der bayerischen Krankenhauslandschaft erhebliche Veränderungen statt und der Anpassungsprozess wird weitergehen. Ungeachtet dessen will ich aber keine rein zentrale Krankenhauslandschaft, sondern ein flächendeckendes Netz einander ergänzender Einrichtungen. Ziel ist ein maßvoller Ausgleich zwischen Wohnortnähe, Qualität und Wirtschaftlichkeit. Mit unserer Krankenhausplanung wollen wir stets konkrete, funktionierende Lösungen für die individuelle Situation vor Ort erreichen.“

DK

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