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(GZ-04-2018)
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► Freistaat eilt beim Tourismus von Rekord zu Rekord:

 

Der Mythos Bayern wirkt

Ilse Aigner: Aber der Erfolg ist kein Selbstläufer - Zahlreiche Wünsche und Anregungen der Branche

Bayern eilt als Tourismusland von Rekord zu Rekord. Mit Stolz und Genugtuung verkündete Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner in der Jahrespressekonferenz Tourismus, dass der Freistaat zum sechsten Mal in Folge bei der Tourismusbilanz ein Rekordergebnis erzielt habe, was die Ministerin mit der Bemerkung kommentierte, „mir gehen langsam die Superlative aus“. Und im laufenden Jahr dürfte Bayern vermutlich kaum schlechter abschneiden, denn es gibt zwei Jubiläen zu feiern, die natürlich touristisch genutzt werden und den Mythos Bayern pflegen sollen: „200 Jahre Verfassungsstaat“ und „100 Jahre Freistaat“.

Die „hervorragende Jahresbilanz für 2017 weist aus, dass die Zahl der Gästeankünfte um 4,9 % auf 37,3 Mio. und die Zahl der Gästeübernachtungen um 3,7 % auf 94,4 Mio. zugenommen hat. „Damit“, so Aigner, „haben wir die magische Zahl von 90 Mio. Übernachtungen, die wir im Vorjahr angesprochen haben, deutlich hinter uns gelassen. Besonders erfreulich sei, dass der gesamte Freistaat seinen Anteil daran habe und Stadt und Land gleichermaßen profitierten. Alle vier Tourismusregionen hätten sich sehr gut entwickelt. Differenziert man nach Übernachtungen, führt Oberbayern mit einem Anteil von knapp 43 % vor Franken mit 21,7 %, Ostbayern mit 18,4 % und Schwaben mit 17,2 %. Die Ministerin: „Bayern ist ein attraktives Reiseland.“

Der Tourismus hat für den Freistaat große Bedeutung. Bayern hat an der touristischen Wertschöpfung in Deutschland einen Anteil von rund 18,5 %. Touristen geben jährlich im Freistaat mehr als 31 Mrd. Euro aus. Vollständig vom Tourismus leben in Bayern etwa 560.000 Menschen.

Die Touristen nutzten ein vielseitiges Angebot. So nahm der Städtetourismus bei den Ankünften um 8 % und bei den Übernachtungen um 8,3 % zu. Beim Campingtourismus lauten die Zuwachsraten 4,5 bzw. 6,6 %, in der Hotellerie 5,4 bzw. 4,4 % und bei den Heilbädern 1,5, bzw. 0,4 %. Auch die kleinen Tourismusorte (unter 100.000 Einwohner) hätten zulegen können.
Bayern werde zunehmend attraktiver für Gäste aus aller Welt. Die Zahl ihrer Ankünfte legte um 8,7 %, die ihrer Übernachtungen um 8,3 % zu. Gemessen an den Ankünften, stammten die meisten ausländischen Gäste aus Österreich, gefolgt von den Niederländern, den US-Amerikanern, den Schweizern, den Italienern, den Briten und Chinesen.

Investitionen in die Qualität

Bei allen Erfolgen müsse man aber feststellen, dass Tourismus in Bayern kein Selbstläufer sei, denn Konkurrenz gebe es nicht nur im Inland, sondern in vielen anderen Regionen der Welt. Deshalb seien Investitionen in die Qualität unerlässlich. Dieser Erkenntnis folgt Bayern mit der 2017 gestarteten Premiumoffensive, die Ankervorhaben mit Signalwirkung im gehobenen und hochwertigen Bereich fördert. Weil manche Tourismusorte an die Grenzen ihrer Belastung stießen, gelte zunehmend das Motto Qualität vor Quantität, „denn hochwertige Angebote ziehen neue Gäste an und werten eine Tourismusregion insgesamt auf.“ Im digitalen Marketing sei Bayerntourismus hervorragend aufgestellt.

Naturverbundenheit und Barrierefreiheit

Besonderen Wert misst die Staatsregierung dem Naturtourismus bei, den die Gäste „so authentisch wie möglich“ erleben sollen. Bei allen Aktivitäten aber stehe ein Ziel ganz oben an: die Teilhabe aller Menschen am Tourismus durch die Herstellung weitgehender Barrierefreiheit in den Einrichtungen des Tourismus.

Klaus Holetschek, Vorsitzender des Bayerischen Heilbäderverbandes, wies darauf hin, dass es in Bayern 47 prädikatisierte Heilbäder und Kurorte gibt. Diese generieren durchschnittliche Tagesausgaben pro Gast von 59,20 Euro. Profiteure sind zu 57,5 % das Gastgewerbe, zu 25,3 % Dienstleistungserbringer und zu 17,0 % der Einzelhandel. Ingesamt bringen es die Heilbäder und Kurorte auf einen Bruttoumsatz von 4,5 Mrd. Euro. Etwas mehr als 86.000 Personen beziehen ihr Primäreinkommen durch die touristische Nachfrage.

Leitökonomie

Der Heilbäderverband sieht im Gesundheitstourismus einen Wachstumsmarkt. Deshalb werde in die Marke „Gesundes Bayern“ kräftig investiert, von 2014 bis 2016 mehr als 200 Mio. Euro. Gemeinsam mit dem Hotel- und Gaststättenverband, vertreten durch seine Präsidentin Angela Inselkammer, forderten die beiden Verbände die Schaffung eines Kompetenzzentrums für Tourismus und einer Akademie für nachhaltigen Tourismus. 

Ein besonderes Anliegen haben die beiden Verbände mit Blick auf die Kommunen. In vielen kommunalen Haushalten kämen die Anliegen der Tourismusbranche immer wieder mit dem Hinweis, zunächst gehe es um die kommunalen Pflichtaufgaben, zu kurz oder fielen ganz unter den Tisch. Deshalb müsse die Förderung von Tourismus als Leitökonomie im ländlichen Raum, der wie wenige andere Faktoren zu gleichwertigen Lebensverhältnissen in ganz Bayern beitrage, zu einer kommunalen Pflichtaufgabe werden, weil es kaum Spielraum für freiwillige Aufgaben wie den Tourismus gebe.

Der Hotel- und Gaststättenverband kämpft mit Angela Inselkammer an der Spitze mit Vehemenz um die Zukunft des bayerischen Gastgewerbes, das zu 90 % aus Familienbetrieben besteht. Weil in den Jahren 2006 bis 2015 Bayern fast ein Viertel seiner Schankwirtschaften verloren hat und damit auf Rang zwei beim Gaststättenrückgang in Deutschland steht, hat die DEHOGA Bayern eine Rettungskampagne initiiert, die von der Staatsregierung unterstützt wird, „denn bereits heute be- sitzen etwa 500 bayerische Gemeinden kein Wirtshaus mehr. Wirtshäuser aber hätten nicht nur eine lange Tradition, sondern auch einen großen sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Stellenwert, besonders außerhalb der Ballungszentren.

Deshalb denkt man bei der DEHOGA daran, in Gasthäusern künftig zusätzliche Dienstleistungen anzubieten, um den Umsatz zu steigern. Vorstellen kann man sich Shop-im-Wirtshaus-Konzepte wie Tante-Emma-Läden, Paketannahme-Dienste, EC-Automaten-Services, Essen-to-Go-Konzepte bis hin zum Angebot von Gemeinschaftsverpflegung für Kindergärten und Schulen.

DHG

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