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(GZ-23-2017)
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► 50-Jahr-Feier zum Bayerischen Verfassungstag:

 

Für eine wehrhafte Demokratie

 

Bayerischer Verfassungstag

Schwabens Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert gemeinsam mit Landtagspräsidentin Barbara Stamm. r

Unter dem Generalthema: „Verfassungspatriotismus – Vernunft und Leidenschaft“ stand der Festakt zum diesjährigen Bayerischen Verfassungstag im Herkulessaal der Münchner Residenz. Organisiert wurde der Festakt von der Bayerischen Einigung e.V. sowie der Bayerischen Volksstiftung unter Vorsitz von Florian Besold (Präsident der Bayerischen Einigung und Vorsitzender der Bayerischen Volksstiftung). Der Bayerische Verfassungstag erinnert alljährlich an die Annahme der Bayerischen Verfassung durch das bayerische Volk am 1. Dezember 1946.

Vor rund 1.000 geladenen Gästen ging Peter Küspert, Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs, in seinem Grußwort zunächst auf die Gefahren für die Menschen der heutigen Zeit ein. So führten etwa häufige Wohnortwechsel zu innerer Obdachlosigkeit und Entwurzelung.

Bedeutung der Bayerischen Verfassung

Florian Besold ließ die vergangenen 50 Jahre Verfassungs-Feiern Revue passieren und beschwor die Bedeutung der Bayerischen Verfassung. Seit der ersten Verfassungsfeier am 1. Dezember 1967 habe der Verein Bayerische Einigung rund 100 Verfassungsfeiern in allen Regierungsbezirken veranstaltet.

„Uns war der Mut zum Feiern, wenn es um Staat und Staatsordnung ging, nach 1945 lange vergangen  – bis zum Jahr 1967, als die Bayerische Einigung erstmals zur Feier des Bayerischen Verfassungstags aufrief in der Erkenntnis, dass man sich ‚niemals der Feiern schämen wird müssen, die nicht Diktatoren und Kriegsherrn in den Mittelpunkt stellen, sondern die Würde des Menschen, die Grundrechte verantwortungsbewusster Individuen und deren Solidarpflichten, das Bekenntnis zum Volk als souveränen Staatsherrn und das Bekenntnis zum Kulturstaat“, betonte Besold.

Diese Überlegungen seien auch im Jahr 1967 wesentlicher Antrieb für die damals Verantwortlichen der Bayerischen Einigung gewesen, „die Feier zu einem Bayerischen Verfassungstag“ ins Leben zu rufen. Getragen war dies Besold zufolge auch von der Erkenntnis, dass „Demokratie und Menschenrechte kein Wiegengeschenk der Geschichte“ sind, sondern ihre Ursprünge in der verfassungsgeschichtlichen Entwicklung des 19. Jahrhunderts haben, die zum Teil auch blutig verlaufen ist.

Herrmann für bundesweite Volksentscheide

Als Festredner sprach sich Innenminister Joachim Herrmann für bundesweite Volksentscheide aus. „In Bayern haben wir mit solchen direktdemokratischen Elementen hervorragende Erfahrungen gemacht. Von daher wünsche ich mir solche Instrumente auch auf Bundesebene, etwa wenn es um die Zukunft der Europäischen Union geht“, erklärte der Minister. Zwar sei dafür eine Verfassungsänderung notwendig, „jedoch bedeutet Verfassungspatriotismus ja nicht nur tradierte Werte zu konservieren“. Richtig verstanden müsse Verfassungspatriotismus auch neuen Entwicklungen gestaltend begegnen und offen sein für Neues und bislang noch nicht Bedachtes.

Laut Herrmann ist der Begriff des Verfassungspatriotismus aktueller denn je. Ihm komme „für unser Selbstverständnis und ein friedvolles Zusammenleben“ eine ganz entscheidende Rolle zu. Darunter sei die besondere Wertschätzung zu verstehen, die der Bürger seiner Verfassung, den darin enthaltenen gemeinsamen Werten und den garantierten Grundrechten entgegenbringe.

Gemeinsame Werte

Die gemeinsamen Werte der Verfassung und somit auch ein gesund gelebter Verfassungspatriotismus trügen zur Identifikation und damit auch zur Integration in unserem Gemeinwesen bei, fuhr der Minister fort. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Zuwanderungsentwicklung gelte es Menschen unterschiedlichster Herkunft mit  verschiedensten religiösen Überzeugungen, sozialen Prägungen und Ansichten zu integrieren und ein geordnetes Zusammenleben zu ermöglichen.

Herrmann forderte eine wehrhafte Demokratie, in der Verfassungspatriotismus nicht nur eine inhaltsleere Hülse oder eine Floskel bleiben dürfe: „Es gilt, sich aktiv einzubringen.“ Dabei hob er ganz besonders das Bürgergutachten „2030. Bayern Deine Zukunft“ hervor. Bis Frühjahr 2018 können die Bürgerinnen und Bürger in Bayern in einer mehrstufig angelegten Bürgerbeteiligung im Online-Verfahren ihre wertvollen Anregungen und  Ideen einbringen, die dann in einem Bürgergutachten zusammengefasst und bei einem Bürgergipfel dem Ministerpräsidenten überreicht werden.

Eine herausragende Würdigung nahmen Vertreter der Jugendverbände und BJR-Präsident Matthias Fack im Anschluss stellvertretend für die vielen Ehrenamtlichen und Hauptberuflichen in der Jugendarbeit entgegen: Der Bayerische Jugendring wurde mit dem Verfassungspreis „Jugend für Bayern“ 2017 ausgezeichnet, gemeinsam gestiftet von der Bayerischen Staatsregierung und der Bayerischen Volksstiftung.

Junge Menschen teilhaben lassen, Verantwortung fürs Gemeinwesen übernehmen: Dafür setzten sich, wie Herrmann in seiner Laudatio hervorhob, Ehrenamtliche und Hauptberufliche seit der Gründung des Bayerischen Jugendrings im Jahr 1947 ein: Mit seinen 103 Stadt-, Kreis- und Bezirksjugendringen sowie 34 landesweiten Mitgliedsverbänden bilde der BJR eine bundesweit einmalige Form der demokratischen Willensbildung von Kindern und Jugendlichen.

Haltung zeigen

„Zivilgesellschaft zu gestalten und für politische Rahmenbedingungen einzutreten, rücken wir in der nächsten Zeit verstärkt in den Mittelpunkt unseres Tuns“, unterstrich BJR-Präsident Matthias Fack in seiner Dankesrede. Mit dem Motto „Gemeinsam Haltung zeigen“ setze der BJR im 70. Jahr seines Bestehens ein deutliches Zeichen gegen rassistisches und nationalistisches Gedankengut.

Die musikalische Umrahmung des Festakts erfolgte durch das Ensemble Blechschaden unter der Leitung von Bob Ross. Diese Gruppe erhielt schließlich den Anerkennungspreis der Bayerischen Volksstiftung 2017.

DK

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