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(GZ-24-2023 - 21. Dezember)
Gastbeiträge

► Eine Bestandsaufnahme zum Jahrestag der ersten Transaktion:

 

Mythos Bitcoin entzaubert

 

Ein Kommentar von Dr. Jürgen Gros

Am 12. Januar ist es so weit. Dann jährt sich zum fünfzehnten Mal die erste Bitcoin-Transaktion. Es war zunächst kaum mehr als ein Test, als der/die Bitcoin-Erfinder/in unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto Anfang 2009 dem amerikanischen Krypto-Spezialisten Hal Finney 10 Bitcoins digital übermittelte. Damals waren die nahezu nichts wert.

Dr. Jürgen Gros. © Barbara Obermaier
Dr. Jürgen Gros. © Barbara Obermaier

Seitdem hat sich viel verändert. Nicht zuletzt der Kurs des Finanzinstruments. Er liegt heute weit über dem von 2009, doch überschlägig eben auch nur bei rund der Hälfte seines Allzeithochs von 60.000 Euro pro Bitcoin im November 2021. Damit hat sich der Bitcoin nach seinem Absturz auf rund 15.500 Euro zu Jahresanfang zwischenzeitlich immerhin erholt.

Die Schwankungsbreite des Kurses zeigt allerdings: Der Bitcoin hat zwar seinen Wert in den letzten 15 Jahren rasant gesteigert, ist jedoch für konservative Anleger als Aufbewahrungsmittel der Spargroschen oder als Finanzinstrument zum strukturierten Vermögensaufbau wohl eher weniger geeignet. Es wundert da kaum, dass zwei Drittel der Kryptoassets in Deutschland von Personen mit einem jährlichen Einkommen von mehr als 300.000 Euro gehalten werden. Zudem hat sich der Bitcoin als Zahlungsmittel nicht wirklich durchgesetzt. Weltweit besitzen ihn weniger als 1 Prozent der Bevölkerung.

Die Akzeptanzstellen bleiben überschaubar und damit der praktische Anwendungsnutzen des Finanzinstruments. Darüber täuschen auch Leuchtturmprojekte wie im schweizerischen Lugano oder im Kanton Zug nicht hinweg, in denen Bürger Gebühren und Steuern in Bitcoin bezahlen und ihn in zahlreichen Geschäften nutzen können.

Teil des Finanzestablishments

Gemessen an dem, was Nakamoto mit dem Bitcoin erreichen wollte, ist das Ergebnis bescheiden. Der Plan, ein Zahlungssystem zu schaffen, das ohne Banken oder Vermögensverwalter auskommt, ist jedenfalls bislang nicht aufgegangen. Mitunter scheint das Gegenteil der Fall. Schließlich ist der Bitcoin auf dem besten Wege, Teil des Finanzestablishments zu werden. Seine aktuelle Kursrally ist ganz wesentlich der Frage geschuldet, ob die amerikanische Börsenaufsicht einen ETF genehmigt, der den Kurs des Bitcoins nachbildet. Beantragt hat das der Vermögensverwalter Blackrock.

Der Bitcoin als Spekulationsobjekt – das war mit Sicherheit nicht die Idee seines Schöpfers Ende der Nullerjahre, als die Finanzkrise das Vertrauen in die Bankenwelt tief erschütterte.

Nur konsequent ist vor diesem Hintergrund, wenn der Gesetzgeber Bitcoin und Co als das behandelt, was sie wohl mittlerweile in weiten Teilen sind, nämlich Assets. In Deutschland unterliegt der Kryptomarkt, je nach Ausprägung, bereits seit 2019 dem Zahlungsaufsichtsgesetz, Kreditwesengesetz und Geldwäschegesetz. Um die Gefahr einzudämmen, dass Kryptoassets für Geldwäsche, Betrugsmaschen und andere Finanzmanipulationen missbraucht werden, ist 2023 auf EU-Ebene zudem eine Verordnung verabschiedet worden.

Die wesentlich von Nachhaltigkeitserwägungen getriebene Absicht, das Krypto-Mining EU-weit ganz zu verbieten, konnte sich politisch zu Recht nicht durchsetzen. Ein – wenn auch anders motiviertes – Verbot des Bitcoin-Schürfens Mitte 2021 in China zeigt, dass sich global schnell alternative Produktionsstätten finden.

15 Jahre Bitcoin

15 Jahre Bitcoin verdeutlichen, dass er bislang nicht den Zauber entfalten konnte, der ihm einst zugemessen wurde. Ob er es je schaffen wird, bleibt ungewiss. Gänzlich anderes dürfte für die dahinter liegende Technologie der Blockchain gelten. Ins Deutsche übersetzt also eine digitale Datenbank, die Informationen in miteinander verketteten Blöcken speichert.

Die Datenbank wiederum wird von einem Netzwerk von Computern verwaltet. Das macht sie manipulationssicher, transparent und gewährleistet die Integrität der Informationen. Entsprechend hoch ist die Praxisrelevanz von Blockchains für viele Wirtschaftsbereiche und insbesondere die staatliche Verwaltung auf allen Ebenen. Insbesondere dann, wenn es darum geht, öffentliche Register digital abzubilden oder staatliche Dokumente aller Art (Ausweise, Bildungsabschlüsse, Führerscheine, Leistungszusagen) zu verwalten. Womöglich liegt hier das wahre Vermächtnis von Nakamoto, auf jeden Fall aber viel Potential, um Deutschland digitaler zu machen.

Über unseren Autor

Der an der Ludwig-Maximilians-Universität in München promovierte Politikwissenschaftler Jürgen Gros (*1969) war zwei Jahrzehnte im Management verschiedener bayerischer Verbände tätig, zuletzt als Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern. Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich mit finanzwirtschaftlichen und mittelstandspolitischen Themen.

Dr. Jürgen Gros


 

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