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(GZ-5-2023)
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► Neujustierung:

 

Neue Perspektiven für die Windenergie

 

Von Rechtsanwältin Katharina Bader und Rechtsanwalt Dr. Bernd Wust, Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB, München

Am 1.2.2023 ist das Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) in Kraft getreten. Flankiert wird das Gesetz durch Ergänzungen im Baugesetzbuch (BauGB) und Anpassungen in der Bayerischen Bauordnung (BayBO). Die gesetzlichen Neuerungen führen zu einer vollständigen Neujustierung des Planungsrechts für die Windenergie.

Bisheriges Planungsregime

Windenergieanlagen sind im Außenbereich als privilegierte Anlagen grundsätzlich zulässig. Der Planungsvorbehalt des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB ermöglicht aber eine Steuerung der Windenergie. Danach kann durch eine Ausweisung von Flächen für die Windenergie im Regionalplan oder entsprechende Darstellung im Flächennutzungsplan ein Ausschluss der übrigen Flächen für Windenergieanlagen erreicht werden. Eine solche „Konzentrationsflächenplanung“ setzt ein schlüssiges Planungskonzept voraus, das sich auf den gesamten Planungsraum bezieht und der Windenergie „substanziellen Raum“ einräumt.

In Bayern war dieses Konzept durch Art. 82 Abs. 1 BayBO (10 H-Regelung) in seiner bisherigen Fassung faktisch außer Kraft gesetzt. Die 10 H-Regelung setzte an der Privilegierung selbst an und hob diese auf, wenn die Anlagen keinen Abstand vom 10-fachen ihrer Höhe zur Wohnbebauung einhielten. Das betraf fast alle potenziellen Standorte. Die Folge war ein völliger Einbruch des bayerischen Windkraftausbaus.

Neues Planungsregime

Das WindBG verpflichtet die Länder, feste prozentuale Anteile ihrer Landesfläche als Windenergiegebiet auszuweisen (sog Flächenbeitragswert). Für Bayern gelten 1,1 Prozent bis zum 31.12.2027 und 1,8 Prozent bis 31.12.2032. Die derzeitigen Ausweisungen liegen deutlich darunter (ca. 0,6 Prozent).

Nach dem Entwurf des LEP müssen die Flächenziele durch die Ausweisung von Vorranggebieten durch die regionalen Planungsverbände erreicht werden. Das 1,1 Prozent Ziel gilt zunächst für alle 18 Planungsregionen gleichermaßen, die Verteilung des 1,8 Prozent Ziels auf die Regionen ist noch offen. Bestehende kommunale Planungen bleiben bestehen und werden auf die Flächenziele angerechnet. Auch Bestandsanlagen außerhalb von Windenergiegebieten werden im Umfang ihres Rotorüberstrichs angerechnet.

Mit Erreichen der Flächenziele entfällt die Privilegierung von Windkraftanlagen außerhalb der Windenergiegebiete. Weitreichende Ausnahmen bestehen aber für Repowering-Vorhaben. Werden die Flächenziele hingegen nicht fristgerecht erreicht, greift eine uneingeschränkte Privilegierung der Windenergie, die weder durch Planungen noch durch Abstandsregelungen eingeschränkt werden kann.

Das neue Bundesrecht leitet

einen Wechsel von der Ausschlussplanung hin zu einer rei-nen Positivplanung ein. Wenn die Flächenziele erreicht sind, müssen Ausschlussgebiete nicht mehr durch Tabukriterien begründet werden. Die Planung wird damit voraussichtlich schneller und weniger fehleranfällig.

Gleichzeitig wurde in Bayern die 10 H-Regelung gelockert. U.a. im Wald, in einem 500 m Streifen entlang von Autobahnen, vierstreifigen Bundesstraßen und Schienenwegen, im Umkreis von 2.000 m um Gewerbe- und Industriebetriebe, wenn der Strom zum Verbrauch durch die Betriebe in den Gebieten bestimmt ist und beim Repowering gilt künftig nur ein Mindestabstand von 1.000 zur geschützten Wohnbebauung. In ausgewiesenen Vorrang- und Vorbehaltsgebieten oder Sondergebieten in einem Flächennutzungsplan gilt ab dem 31.05.2023 kein Mindestabstand mehr.

Durch die Lockerungen werden zum einen die bestehenden Ausweisungen in Regional- und Flächennutzungsplänen wieder nutzbar. Dies gilt auch, wenn eine Gemeinde bei Inkrafttreten der 10 H-Regelung durch gemeindlichen Beschluss (Widerspruch) festgelegt hat, dass die 10 H-Regelung auf Ausweisungen in Flächennutzungsplänen angewendet werden soll. Der Widerspruch wird wirkungslos. Die übrigen Ausnahmen führen hingegen nur in den Gebieten zu einem unmittelbaren Baurecht, in denen durch die Regionalplanung oder der Flächennutzungsplanung bislang keine Steuerung der Windenergie stattgefunden hat. In den übrigen Gebieten greift bis auf weiteres die Ausschlusswirkung der bestehenden Pläne.

Rechtsanwältin Katharina Bader und Rechtsanwalt Dr. Bernd Wust, Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB, München

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