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(GZ-3-2023)
Gastbeiträge

► Leiser Abschied vom Geldautomaten:

 

Werden Geldautomaten zum Auslaufmodell?

 

Ein Gastbeitrag von Dr. Jürgen Gros

Laut Erkenntnissen der Bundesbank vom Jahresende 2022 wohl kaum. Die Bargeldversorgung scheint flächendeckend gesichert und die Abdeckung mit Geldautomaten gut. „Eine Unterversorgung speziell von ländlichen Gebieten ist nicht zu beobachten“, schreibt die Bundesbank in ihrem Monatsbericht vom Dezember. Frei von Sorge ist die Bundesbank freilich nicht und lässt aufhorchen. Denn würde die Bargeldinfrastruktur ausgedünnt, dann könnte das „der Beginn einer Abwärtsspirale sein, in der eine schlechtere Bargeldversorgung zu einer geringeren Nutzung von Bargeld führt und umgekehrt,“ hält die Bundesbank mahnend fest.

Die Befürchtung der Frankfurter Notenbanker ist nicht aus der Luft gegriffen. Denn aktuelle Entwicklungen im Finanzbereich sprechen eher für das schleichende Aus des Geldautomaten. Noch stehen rund 7.000 Bankautomaten im Freistaat. Den weit überwiegenden Anteil stellen Sparkassen und Genossenschaftsbanken mit knapp 6.600 Geräten. Allerdings haben allein die beiden Verbundgruppen im laufenden Jahrzehnt bereits mehr als 700 Geldmaschinen für immer ausgeschaltet. Die Tendenz wird anhalten, wie Branchenexperten hinter vorgehaltener Hand bestätigen.

Kauf- und Zahlungsverhalten der Bundesbürger ändern sich. Das zeigt eine wissenschaftliche Studie der Bundesbank vom Sommer 2022 zum baren und unbaren Zahlungsverkehr. Die Bevölkerung in Deutschland kauft nicht nur zunehmend gerne im Internet, was entsprechende unbare Bezahlmethoden zur Folge hat. Darüber hinaus zahlen Kunden auch im stationären Handel immer öfter mit Zahlungskarten, Smartphone oder anderen digitalen Endgeräten.

Akzeptanz von Karten und Smartphonezahlungen

Corona hat die Akzeptanz von Karten- und Smartphonezahlungen in Geschäften befördert, aber der Trend besteht schon länger, wie Zahlen der Bundesbank vom Juli 2022 zeigen. Wurden 2017 noch 74,3 Prozent aller alltäglichen Zahlungen in bar getätigt, so waren es 2021 mit 58 Prozent schon deutlich weniger. Es finden sich auch abseits der Metropolen zunehmend mehr Händler, Cafes, Bäckereien und Metzger, die bereits auf der Ladentür darauf hinweisen, dass (ausschließlich) Kartenzahlung erwünscht ist.

Und selbst auf Parkplätzen in Städten, zunehmend aber auch an Ausflugszielen im ländlichen Raum, kann nur zu oft lediglich mit Karte oder Bezahlapp das notwendige Ticket gelöst werden. Wenn aber zunehmend Karten und digitale Bezahlformen zum Einsatz kommen, dann braucht es immer weniger Bargeld und damit Automaten, die es verfügbar machen.

20.000 Euro Betriebskosten für einen Automaten

Das kommt den Banken entgegen. Insbesondere in Zeiten steigender Energiekosten. Höherer Stromkosten und Energiekosten rund um die Befüllung der Automaten mit Bargeld schlagen sich spürbar in den Betriebskosten nieder. Sie lagen schon vor der Energiekrise oft deutlich jenseits der 20.000 Euro per annum für einen Automaten. Abgesehen von hochfrequentierten Standorten werden Bankomaten so zunehmend zum Zuschussgeschäft für Kreditinstitute.

Das kann sich aber kaum noch ein Kreditinstitut leisten. Zumal viele Banken nach wie vor unter Druck stehen, was die Reduzierung der Kosten angeht. Die Bilanzkonferenzen im Frühjahr werden zudem zeigen, dass eine Reihe von Banken mit sinkenden Erträgen zu kämpfen hat. Bisherige Ertragsquellen wie das Baufinanzierungsgeschäft lahmen, die turbulente Börsen- und Zinsentwicklung im letzten Jahr ist an vielen Kreditinstituten nicht spurlos vorgegangen, steigende Lohnkosten drücken aufs Ergebnis. In Summe werden die Sparbemühungen der Banken weiter steigen. Manches der bisherigen Bankeninfrastruktur wird dann zur Debatte stehen – und damit eben auch die Geldautomaten.

Geldautomatensprengungen mehr als verdoppelt

Wenig förderlich sind für dessen Zukunft die zahlreichen kostenintensiven Regulierungsanforderungen, was den Betrieb von Geldausgabemaschinen angeht. So dürfen Kreditinstitute nur dann Banknoten wieder ausgeben, wenn sie zuvor auf Echtheit und Umlauffähigkeit geprüft sind. Ein regulatorischer Nachteil gegenüber Abhebungen an einer Ladenkasse, denn dort „wird das für die Auszahlung verwendete Bargeld zuvor nicht maschinell auf Echtheit geprüft“, wie die Bundesbank in ihrem Dezember-Bericht festhält. Zur echten Kostenbelastung wird für Banken aber die zunehmende Häufigkeit von Geldautomatensprengungen. Binnen Jahresfrist hat sich die Zahl der gesprengten Geldautomaten im Freistaat laut LKA auf 37 mehr als verdoppelt. Der angerichtete Sachschaden und die Gefährdung von Leib und Leben der im Umfeld von Geldautomaten wohnenden Menschen sind mittlerweile erheblich. Die besorgniserregende Entwicklung hat die Politik alarmiert. Unter dem Vorsitz von Bundesinnenministerin Nancy Faeser fand Anfang November 2022 in Berlin ein Runder Tisch „Geldautomatensprengung“ statt. Die teilnehmenden Versicherungs- wie Bankenvertreter verabschiedeten einen umfangreichen Maßnahmenkatalog zur Schadenprävention. Die wird für die Kreditinstitute gleichwohl nicht zum Nulltarif zu haben sein, wie Brancheninsider anführen. Es sei nicht auszuschließen, dass es zu der im Papier genannten „Ultima Ratio“ komme, nämlich den Abbau von Standorten.

Dass aber noch nicht aller Tage Abend ist, was den Geldautomaten angeht, zeigt das Beispiel der Raiffeisen-Volksbank Bad Staffelstein. Auch sie ist ein Kreditinstitut, das zwei Automaten durch Sprengung verloren hat. „Wir haben nach der Sprengung entschieden, die Filiale nicht zu schließen und den Geldautomaten nicht abzubauen“, sagt Vorstand Norbert Gellert. Und so steht in der oberfränkischen Marktgemeinde Ebensfeld zwischenzeitlich einer der modernsten Geldautomaten Bayerns. Aber wie Gellert dann doch selbst einräumt, „ist das vielleicht gegen den Trend.“

Über unseren Autor

Der an der Ludwig-Maximilians-Universität in München promovierte Politikwissenschaftler Jürgen Gros (53) war zwei Jahrzehnte im Management verschiedener bayerischer Verbände tätig, zuletzt als Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern. Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich mit finanzwirtschaftlichen und mittelstandspolitischen Themen.

Dr. Jürgen Gros


TV-Beitrag von TV-Bayern.

 

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