Als erste Gemeinde in Deutschland hatte Tübingen 2022 eine Verpackungssteuer eingeführt. Jede Einwegverpackung wird mit 50 Cent besteuert, Strohhalme oder Einweg-Besteck mit 20 Cent. Zahlen müssen die Unternehmen. Die Steuer gilt für Verpackungen, die mit Speisen und Getränken befüllt werden, und dann direkt konsumiert werden, wie etwa Burger, Pizza, Pommes oder Kaffee. Essen, dass man sich im Restaurant einpacken lässt, gehört nicht dazu.
Fast ein Million Euro
Mit der Verpackungssteuer kassierte Tübingen allein 2022 fast eine Million Euro. Die Einnahmen fließen in den städtischen Haushalt und werden für die Müllentsorgung und weitere Umweltmaßnahmen verwendet. Als „wichtige Entscheidung für die Städte“ bezeichnete Städtetags-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy die erfolglose Verfassungsbeschwerde. In Deutschland würden jede Stunde rund 320.000 Einwegbecher für Heißgetränke verbraucht. Einwegverpackungen für Gerichte und Getränke zum Mitnehmen sorgten in den Städten für viel Müll und zusätzliche Entsorgungskosten. Eine kommunale Verpackungssteuer könne einen Anreiz schaffen, häufiger auf Mehrweggeschirr zurückzugreifen und zudem ein wirksames Instrument gegen Littering in den Städten sein. „Wir müssen die Wegwerfkultur stoppen“, erklärte Dedy.
Lokale Verpackungssteuer
Mit den Einnahmen aus der Verpackungssteuer könnten die hohen Reinigungskosten ein Stück weit abgefedert werden. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hätten die Städte mehr Planungssicherheit. „Wir rechnen damit, dass jetzt mehr Städte eine Verpackungssteuer lokal einführen werden. Gleichzeitig würden wir eine bundesweite Regelung begrüßen, eine solche Steuer einführen zu können. Darum werden wir bei einer neuen Bundesregierung werben“, unterstrich Dedy.
Kampf gegen Vermüllung
Nach den Worten von DStGB-Hauptgeschäftsführer Dr. André Berghegger ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts „aus kommunaler Sicht zu begrüßen“. Die Zielrichtung, Anreize zur Verwendung von Mehrwegsystemen zu setzen, widerspreche nicht der sonstigen Konzeption des Abfallrechts in Bund und Ländern. Im Ergebnis würden damit die kommunalen Handlungsspielräume im Kampf gegen die Vermüllung der Innenstädte und der Umwelt durch Einwegverpackungen sinnvoll gestärkt. Städte und Gemeinden wendeten jährlich bis zu 700 Millionen Euro für die Sammlung und Reinigung öffentlicher Straßen, Wege und Plätze auf. „Hier brauchen wir eine Trendumkehr. Mehrweglösungen müssen gestärkt und auch das Bewusstsein der Endverbraucher für eine Vermeidung von Verpackungsmüll geschärft werden“, forderte Berghegger.
Ungeordnetes Wegwerfen von Müll
Im Zusammenspiel mit dem neuen Verpackungsgesetz des Bundes, das schon seit dem Jahr 2023 verpflichtende Mehrwegangebote für Speisen und Getränke To-Go vorsieht, könne auf diesem Weg das ungeordnete Wegwerfen von Müll im öffentlichen Raum effektiv reduziert werden. „Der Gesetzgeber wird aber weiterhin aufgefordert, die gesetzlichen Regelungen auf alle Materialien auszuweiten. Mehrwegalternativen sollten sowohl für Einwegkunststoffe als auch für andere Materialien gelten.“ Ob weitere Kommunen im Rahmen ihrer Abfallvermeidungskonzepte dem Tübinger Beispiel folgen, bleibe abzuwarten.
Auch der Deutsche Landkreistag befürwortet den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts. Gegenüber der FAZ wies Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Hans-Günter Henneke darauf hin, dass die Kommunen dadurch gestärkt würden. Damit sei zwar ein gewisses Einnahmepotenzial verbunden, im Vordergrund stehe aber eine Verhaltenssteuerung, die der örtlichen Gemeinschaft zugutekommt. Das Bundesverfassungsgericht habe somit in jüngerer Zeit mit Urteilen zur Bettensteuer, zu Gebühren bei Hochrisikoveranstaltungen und zur Verpackungsteuer die kommunale Gestaltungsfreiheit gestärkt.
Größere Geschütze müssen her
Diese Art lokaler Steuern werde die Finanznot der Städte, Landkreise und Gemeinden allerdings nicht spürbar lindern, fuhr Henneke fort. „Sie haben nicht das notwendige Potenzial in Anbetracht eines kommunalen Defizits von zum Jahresende 2024 um die 20 Milliarden Euro. Da müssen größere Geschütze her. Die von uns geforderte Verdreifachung des kommunalen Anteils an der Umsatzsteuer wäre eine solche sehr wirksame bundesgesetzliche Maßnahme.“
DK
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