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(GZ-10-2024 - 16. Mai)
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► § 13b BauGB:

 

Der Ober sticht den Unter

Gründe und Folgen der Uni­ons­rechts­wid­rig­keit

 

Auf Ein­la­dung von Prof. Dr. Win­fried Baus­back, MdL und Lan­des­vor­sit­zen­der des Ar­beits­krei­ses Ju­ris­ten der CSU, re­fe­rier­te Prof. Dr. Andreas Decker, Richter und Mit­glied des 4. Senats des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts, über „§ 13b BauGB – Gründe und Folgen der Uni­ons­rechts­wid­rig­keit“. Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in Leipzig hat am 18.07.2023 den § 13b BauGB als mit Eu­ro­pa­recht un­ver­ein­bar be­ur­teilt und des­we­gen den in diesem Ver­fah­ren auf­ge­stell­ten Be­bau­ungs­plan „Oberer Kittel/Wüstes Stück“ der Ge­mein­de Gaiberg in Ba­den-Würt­tem­berg für un­wirk­sam erklärt.

V.l.: Prof. Dr. Andreas Decker gemeinsam mit Prof. Dr. Winfried Bausback, MdL. Bild: CH
V.l.: Prof. Dr. Andreas Decker ge­mein­sam mit Prof. Dr. Win­fried Baus­back, MdL. Bild: CH

Die Vor­schrift regelte die Über­pla­nung von Frei­flä­chen au­ßer­halb des Sied­lungs­be­reichs einer Ge­mein­de im be­schleu­nig­ten Ver­fah­ren. Wenn­gleich durch den Ge­setz­ge­ber mit § 215a BauGB zwi­schen­zeit­lich eine Re­pa­ra­tur­vor­schrift er­las­sen wurde, hat die vor­ge­nann­te Ent­schei­dung wei­ter­hin große Aus­wir­kun­gen auf Bau­her­ren und Kom­mu­nen, denn das Ver­fah­ren be­trifft nicht nur die Ge­mein­de Gaiberg, sondern, nach Aussage von Decker, mehrere hundert Ge­mein­den allein in Bayern, die im Ver­trau­en auf die Recht­mä­ßig­keit der ge­setz­li­chen Re­ge­lung Be­bau­ungs­plan­ver­fah­ren be­gon­nen oder – wie im Fall von Gaiberg – bereits beendet haben.

Hin­ter­grund

Auf Grund­la­ge von § 13b wurden im Jahr 2017 be­fris­tet Au­ßen­be­reichs­flä­chen in das be­schleu­nig­te Ge­neh­mi­gungs­ver­fah­ren für Be­bau­ungs­plä­ne ein­be­zo­gen. Ziel war es, die Er­rich­tung von Wohn­raum im Au­ßen­be­reich zu er­leich­tern. Diese Be­fris­tung wurde im Zuge einer spä­te­ren No­vel­lie­rung des BauGB durch das „Bau­land­mo­bi­li­sie­rungs­ge­setz“ vom 14. Juni 2021 bis zum 31. De­zem­ber 2022 ver­län­gert.

Gegen den von der Ge­mein­de Gaiberg 2018 auf­ge­stell­ten Be­bau­ungs­plan wurde in meh­re­ren Ver­fah­ren geklagt. Den Nor­men­kon­troll­an­trag hat der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof als un­be­grün­det ab­ge­wie­sen, denn er hielt § 13b BauGB für uni­ons­rechts­kon­form, er ging davon aus, dass das Auf­stel­lungs­ver­fah­ren ord­nungs­ge­mäß durch­ge­führt wurde und der Be­bau­ungs­plan, je­den­falls in seiner letzten Fassung, auch ma­te­ri­ell-recht­lich nicht zu be­an­stan­den war. Al­ler­dings hat der BUND als An­trag­stel­ler die vom Ver­wal­tungs­ge­richts­hof zu­ge­las­se­ne Re­vi­si­on ein­ge­legt, sich aber darauf be­schränkt, die Uni­ons­rechts­wid­rig­keit des § 13b BauGB zu rügen. Der 4. Re­vi­si­ons­se­nat hat deshalb nur geprüft, ob § 13b BauGB mit den Vor­ga­ben aus Art. 3 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 5 und Abs. 7 SUP-Richt­li­nie im Ein­klang steht. Das Er­geb­nis des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts in Leizig lautete: § 13b
BauGB wurde als mit Eu­ro­pa­recht un­ver­ein­bar be­ur­teilt.

Die Vor­sit­zen­de des BUND Ba­den-Würt­tem­berg, Sylvia Pi­lar­s­ky-Grosch, be­grüß­te das Urteil. In einer Pres­se­mit­tei­lung heißt es: „Deut­sches Bau­recht darf eu­ro­päi­sches Um­welt­recht nicht aus­he­beln. … Denn § 13 b BauGB hat dazu geführt, dass hier in Gaiberg, wie auch in vielen wei­te­ren Kom­mu­nen, Bau­ge­bie­te ohne Um­welt­prü­fung aus­ge­wie­sen wurden.“ Der Anwalt des BUND, Dirk Teßmer, er­gänz­te: „Das Urteil geht in seiner Be­deu­tung weit über den kon­kre­ten Fall hinaus. Da § 13b BauGB für eu­ro­pa­rechts­wid­rig be­fun­den wurde, gilt das – deutsch­land­weit – auch für alle anderen Be­bau­ungs­plä­ne, die im Ver­fah­ren nach § 13b BauGB auf­ge­stellt wurden.“

Wie es weiter geht, erklärt die Ge­mein­de in einer Pres­se­mit­tei­lung: „Die vom BVerwG als eu­ro­pa­rechts­wid­rig und damit als un­an­wend­bar be­zeich­ne­te Norm be­trifft das Ver­fah­ren, nicht den Inhalt des Be­bau­ungs­plans. Der Be­bau­ungs­plan kann ohne wei­te­res mit dem­sel­ben Inhalt, le­dig­lich in einem anderen Ver­fah­ren erneut auf­ge­stellt werden. Das BauGB sieht für feh­ler­haf­te Be­bau­ungs­plä­ne ein „Hei­lungs­ver­fah­ren“ (§ 214 Abs. 4 BauGB) vor.“ Für die Käufer und Bau­her­ren im Bau­ge­biet be­deu­tet das, dass die Ver­wal­tung dem Ge­mein­de­rat vor­schlägt, ein Hei­lungs­ver­fah­ren durch­zu­füh­ren.

CH

 

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