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(GZ-8-2024 - 18. April)
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► Statistik Kommunalfinanzen 2023:

 

Hohe Defizite

 

Inflation, Wachstumsschwäche und zunehmende Aufgaben lassen die Defizite der Kommunalhaushalte weiterwachsen. Der finanzielle Druck auf die Kommunen ist erheblich. Damit bestätigt die nun vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Kassenstatistik den Negativ-Trend für die kommunalen Finanzen.

Laut Destatis ist der kommunale Finanzierungssaldo um mehr als 9 Mrd. Euro abgestürzt, von einem geringen Überschuss von 2,6 Mrd. Euro im Jahr 2022 auf ein Defizit von 6,8 Mrd. Euro im vergangenen Jahr. Einen vergleichbaren Einbruch gab es zuletzt im Zuge der Finanzmarktkrise ab dem Jahr 2008.

Das Ergebnis setzt sich aus kommunalen Kern- und Extrahaushalten zusammen: Das Defizit der Kernhaushalte belief sich im Jahr 2023 auf 6,2 Mrd. Euro, nach einem Überschuss von 2,2 Mrd. Euro im Vorjahr. Die Extrahaushalte verzeichneten im Jahr 2023 ein Defizit von 0,7 Mrd. Euro. Im Vorjahr hatte sich ein Überschuss von 0,5 Mrd. Euro ergeben.

Ausgaben steigen um 12 %

Die bereinigten Ausgaben der Gemeinden und Gemeindeverbände stiegen im vergangenen Jahr im Vergleich zum Jahr 2022 sehr stark um 12,0 Prozent bzw. 39,2 Mrd. Euro auf 364,9 Mrd. Euro. Treiber der Ausgabenseite waren vor allem die Sozialausgaben. Sie stiegen um 11,7 Prozent auf 76,0 Mrd. Euro. Hauptgrund für den Anstieg waren die zum 1. Januar 2023 erhöhten Regelsätze für das Bürgergeld nach SGB II und für die Sozialhilfe nach SGB XII. „Aber auch die Berechtigung von Schutzsuchenden aus der Ukraine zum Bezug von Bürgergeld trug dazu bei, wenngleich im Gegenzug die Ausgaben nach dem Asylbewerberleistungsgesetz im Jahr 2023 mit 3,7 Mrd. Euro um 7,9 Prozent niedriger ausfielen als im Vorjahr“, heißt es in dem Bericht.

Die kommunalen Leistungen nach SGB II entfielen zum größten Teil auf Unterkunft und Heizung und waren in der Folge auch erheblich vom Anstieg der Energiepreise betroffen. Die Leistungen lagen im Jahr 2023 mit +14,7 Prozent deutlich höher als im Vorjahr und betrugen 14,8 Mrd. Euro. Im Gegenzug nahm die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft und Heizung um 19,0 Prozent auf 9,4 Mrd. Euro zu. Auch die übrigen wesentlichen kommunalen Sozialleistungsausgaben stiegen 2023 beträchtlich: Die Ausgaben für Eingliederungshilfen nach SGB IX erhöhten sich gegenüber dem Vorjahr um 10,9 Prozent auf 19,9 Mrd. Euro, die Leistungen der Sozialhilfe nach SGB XII um 12,5 Prozent auf 18,7 Mrd. Euro und die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe nach SGB VIII um 15,2 Prozent auf 15,7 Mrd. Euro.

Teure Personalkosten

Neben den Ausgaben für Sozialleistungen wuchsen auch andere bedeutsame Ausgabearten kräftig: In den Kernhaushalten stiegen die Personalausgaben um 7,4 Prozent auf 80,9 Mrd. Euro, was vor allem auf den Tarifabschluss 2023 im öffentlichen Dienst zurückzuführen ist, insbesondere auf die Sonderzahlung zum Inflationsausgleich im Juni 2023. Die laufenden Sachaufwendungen stiegen um 8,2 Prozent und die Sachinvestitionen um 12,3 Prozent, was auch auf die allgemeine Teuerung zurückzuführen ist. Der sprunghafte Anstieg der Zinsausgaben der Kernhaushalte um 37,4 Prozent im Jahr 2023 ist laut Destatis mit der „Refinanzierung und Neuaufnahme von Verbindlichkeiten zu höheren Zinssätzen als in den Vorjahren“ zu erklären.

Die bereinigten Einnahmen der kommunalen Kern- und Extrahaushalte waren im Jahr 2023 mit 358,1 Mrd. Euro zwar um 9,0 Prozent oder 29,7 Mrd. Euro höher als im Vorjahr, sie konnten damit aber den Anstieg auf der Ausgabenseite nicht ausgleichen. Die Einnahmen aus Steuern (netto) waren mit 130,3 Mrd. Euro im Jahr 2023 um 7,3 Prozent höher als im Jahr 2022. Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer (netto) nahmen dabei stärker als erwartet um 7,3 Prozent zu. Während die Gewerbesteuereinnahmen (netto) in Rheinland-Pfalz im Vergleich mit den besonders hohen Einnahmen im Vorjahr um 26,9 Prozent zurückgingen, stiegen sie in den übrigen Ländern um durchschnittlich 9,5 Prozent.

Die von den Ländern an die kommunalen Kern- und Extrahaushalte gezahlten Zuweisungen für Investitionen wuchsen im Jahr 2023 kräftig um 15,6 Prozent und damit nahezu im gleichen Umfang wie die von den Kommunen verausgabten Sachinvestitionen (+15,7 Prozent). Dagegen blieb der Anstieg der Schlüsselzuweisungen der Länder zur allgemeinen Finanzierung der kommunalen Haushalte (+6,1 Prozent) ebenso wie das Wachstum der von den Ländern gezahlten Zuweisungen für laufende Zwecke und Kostenerstattungen (+6,2 Prozent) hinter dem allgemeinen Anstieg der Ausgaben zurück.

Deutschlandticket

„Wegen der Einführung des Deutschlandtickets und der damit verbundenen größeren Abhängigkeit von öffentlichen Zuweisungen wurden etwa 370 kommunale ÖPNV-Unternehmen und -verbände ab dem 2. Quartal 2023 erstmals als Extrahaushalte in die vierteljährliche Kassenstatistik einbezogen“, so das Statistische Bundesamt. „Diese Neuaufnahmen beeinträchtigen den Vorjahresvergleich insbesondere bei den Personalausgaben, den Ausgaben für den laufenden Sachaufwand und den Einnahmen aus Verwaltungs- und Benutzungsgebühren der zusammengefassten Ergebnisse der Kern- und Extrahaushalte.“

Weg vom Förderwirrwar

„Die Zeiten ausgeglichener Haushalte sind für die Kommunen vorbei. Inflationsbedingte dramatische Ausgabensteigerungen und gering wachsende Einnahmen bilden eine unheilvolle Allianz“, kommentierte die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Städtetages, Verena Göppert. „Wenn Bund und Länder die Finanzausstattung der Kommunen nicht nachhaltig verbessern, werden hohe Defizite auch in den kommenden Jahren unvermeidbar sein. Die Kommunen werden dann nicht ausreichend investieren können.“

Deshalb sei es geboten, grundsätzlich an die Finanzausstattung heranzugehen, fuhr Göppert fort. „Wir müssen weg vom Förderwirrwarr, insbesondere für die zentralen Transformationsaufgaben, die von den Kommunen umgesetzt werden müssen. Es ist klüger, stattdessen grundsätzlich den Steueranteil der Städte und Gemeinden zu erhöhen, zum Beispiel an der Umsatzsteuer. Es ist wichtig, dass die Städte wieder mehr investieren können.“

DK

 

 

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