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(GZ-24-2023 - 21. Dezember)
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► Digital-Gipfel 2023 der Bundesregierung:

 

Vom Risiko der verpassten Chance

 

Unter dem Leitmotiv „Digitale Transformation in der Zeitenwende: Nachhaltig. Resilient. Zukunftsorientiert.“ diskutierten rund 1.000 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und der Zivilgesellschaft beim Digital-Gipfel der Bundesregierung in Jena unter anderem darüber, ob und wie Künstliche Intelligenz die Verwaltung effizienter und bürgerfreundlicher machen kann.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zufolge will die Bundesregierung eine zu strenge Regulierung der Künstlichen Intelligenz in der Europäischen Union verhindern. Dazu hat sie gemeinsam mit den Regierungen von Italien und Frankreich ein Positionspapier vorgelegt, das sich an die spanische Ratspräsidentschaft der EU richtet. Darin wird zwar allgemein die Notwendigkeit einer KI-Regulierung befürwortet, jedoch solle das KI-Gesetz nur die Anwendung von KI regeln und nicht die Technologie als solche. Dieser risikobasierte Ansatz sei notwendig und diene dazu, Innovation und Sicherheit gleichzeitig zu bewahren, heißt es.

Neben einer angemessenen KI-Regulierung macht sich die Bundesregierung dafür stark, Investitionen der Privatwirtschaft in Digitaltechniken zu ermöglichen. Laut Habeck muss Deutschland im Risikokapital-Bereich eine Welle auslösen, damit Unternehmen eigene Geldgeber aufspüren oder aber Geldgeber die geeigneten Unternehmen finden können. Defizite räumte der Minister bei der Digitalisierung der Verwaltung ein. „Die innere Trägheit eines aufgebauten Systems, die man überwinden muss“, sei hierfür ursächlich.

Regelungen abstimmen

Um Deutschland als Standort für die Entwicklung Künstlicher Energie zu fördern, müssen aus Sicht von Bundesdigitalminister Volker Wissing die Regelungen international abgestimmt sein. Dann könne man in einem Wettbewerbsumfeld weltweit agieren. Die klügsten Köpfe im Bereich KI dürften nicht durch falsche Regulierung aus Europa vertrieben werden.

Wissing zog eine positive Zwischenbilanz nach fast zwei Jahren im Amt und zeigte sich zufrieden, mit der Gigabitstrategie auf die Überholspur gegangen zu sein. Mit der Bund-ID sei zum ersten Mal ein digitales Verwaltungsportal für die öffentliche Verwaltung geschaffen worden, das Deutschlandticket sei ein Digitalisierungserfolg und auch i-KFZ zeige, wie moderne, volldigitale Zulassung zu funktionieren hat. Allein durch die internetbasierte Fahrzeugzulassung würden zwar 60 Millionen Euro eingespart, jedoch mache lediglich die Hälfte der Kommunen davon Gebrauch.

Föderalismus und Digitalisierung müssten kein Widerspruch sein, aber dass jeder für sich arbeite, passe nicht zur digitalen Gesellschaft, unterstrich Wissing. Das Augenmerk liege auf Interoperabilität und Standardisierung sowie in Einzelfällen auch klaren Vorgaben. Erforderlich sei eine „Digitalisierungsdividende für die Bürger“, d.h. Gebühren müssten entsprechend den Digitalisierungseinsparungen gesenkt werden, wodurch sich auch ein Druck auf die Verwaltung aufbauen würde.

Maßnahmen für schnellen Glasfaserausbau umsetzen

In einem Pressestatement zum Digitalgipfel rief der Bundesverband Breitbandkommunikation e.V. (BREKO) die Bundesregierung dazu auf, Maßnahmen für einen schnellen und nachhaltigen Glasfaserausbau umzusetzen: „Flächendeckende Glasfasernetze bilden die zukunftssichere Grundlage für die digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft. Nur durch den umfassenden Einsatz digitaler Technologien kann Deutschland die Energiewende erfolgreich meistern und somit seinen Verpflichtungen zum Klimaschutz nachkommen. Die Telekommunikationsunternehmen sind sich dieser großen Verantwortung bewusst und wollen die Glasfaserinfrastruktur so schnell wie möglich flächendeckend ausrollen. Damit der Glasfaserausbau weiter schnell vorankommt, appellieren wir an die Bundesregierung, für stabile und investitionsfreundliche Rahmenbedingungen zu sorgen.“

Gegen Doppelausbau von Glasfasernetzen

Wichtig seien dafür insbesondere schnelle und digitale Genehmigungsverfahren. Hierfür hätten Bund und Länder im gemeinsamen „Pakt für Planungs- Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“ wichtige Akzente gesetzt, die im laufenden Gesetzgebungsverfahren zum Telekommunikations-Netzausbau-Beschleunigungsgesetz aufgegriffen werden müssen.

Außerdem sollte die Bundesregierung jetzt eine wirksame Maßnahme gegen den strategischen und ressourcenverschwendenden Doppelausbau von Glasfasernetzen durch das marktbeherrschende Unternehmen Deutsche Telekom ergreifen. Dazu habe der BREKO dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr bereits einen konkreten und schnell umsetzbaren Vorschlag unterbreitet.

„Ein Deutschland-Tempo für die Digitalisierung“ fordert der Digitalverband Bitkom von Politik und Wirtschaft. Was beim Breitbandausbau, der Chipindustrie und bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens gelingt, muss nach den Worten von Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst zum neuen Standard des digitalen Deutschlands werden: „Ambition in der Zielsetzung, Tempo und Konsequenz in der Umsetzung.“

Behörden und Rathäuser von analog auf digital umstellen

Jetzt müsse es erstens darum gehen, den Digitalpakt Schule über den Mai 2024 hinaus fortzusetzen. Zweitens müssten Deutschlands Behörden und Rathäuser ihren Betrieb umgehend und durchgängig von analog auf digital umstellen. Und drittens müsse Deutschland seine Technologieförderung auf die wichtigsten Schlüsseltechnologien ausrichten und dort eine internationale Spitzenposition anstreben. Das gelte für Künstliche Intelligenz, Quantum Computing und Halbleiter als Basistechnologien und für das autonome Fahren, digitale Medizin und IT-Sicherheit im Anwendungsbereich.

„Wir sind in der Forschung im weltweiten Vergleich ganz vorne mit dabei, wir schaffen es aber zu selten, unser Know-how in Produkte zu übersetzen und auf den globalen Märkten erfolgreich zu positionieren“, erläuterte Wintergerst. So müsse zum Beispiel die KI raus aus den Hochschulen und Forschungsinstituten und rein in die Wirtschaft und den Markt. Hier sei auch die Wirtschaft selbst gefragt, Wissen und Handeln klafften oftmals weit auseinander.

Wie eine repräsentative Befragung des Bitkom zeigt, sind nach Auffassung von 87 Prozent der Unternehmen digitale Technologien zwar für die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit entscheidend, aber nicht einmal jedes dritte Unternehmen will seine Digitalinvestitionen steigern. Wintergerst: „Wir brauchen ein digitales Deutschland, das die Möglichkeiten der Digitalisierung unverkrampft und mutig ergreift, um die Herausforderungen des globalen Wettbewerbs, des Klimawandels, der Demografie und des gesellschaftlichen Zusammenhalts zu bewältigen. Deutschlands größtes Risiko ist das Risiko der verpassten Chance. Der Digitalgipfel ist ein Chancen-Gipfel.“

DK

 

 

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