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(GZ-9-2023)
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► Positionspapier:

 

Behandlung von kommunalem Abwasser

 

Die Europabüros der bayerischen, baden-württembergischen und sächsischen Kommunen haben ein gemeinsames Positionspapier zum Vorschlag der EU-Kommission über die Neufassung der Richtlinie zur Behandlung von kommunalem Abwasser veröffentlicht. Grundsätzlich begrüßen sie die Überarbeitung, „denn die kommunale Ebene ist sich ihrer Verantwortung zur Erreichung der Klima- und Umweltziele auch im Kontext des kommunalen Abwassers bewusst und investiert kontinuierlich in die Modernisierung kommunaler Abwasseranlagen. Zudem schafft die Richtlinie eine Basis für die Verbesserung des Qualitätszustands sowie zum Schutz der Gewässer und der Umwelt vor den schädlichen Auswirkungen durch Einleitungen von kommunalem Abwasser und von Abwasser bestimmter Industriebranchen“, heißt es.

Der aktuelle Vorschlag enthält nach Auffassung der Europabüros positive Aspekte wie die erstmals angedachte Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung als Umsetzung des Verursacherprinzips. Jedoch führe sie auch mehrere widersprüchliche Zielvorgaben auf. Dies werde insbesondere deutlich bei der Verpflichtung zur Energieneutralität von Kläranlagen bis 2040 bei gleichzeitiger Verpflichtung zum Ausbau der vierten Reinigungsstufe.

Der Vorschlag der EU-Kommission enthält eine Verpflichtung zur Energieneutralität von Kläranlagen bis 2040, weshalb kommunale Kläranlagen in Großstädten bis 2025 und in Kleinstädten bis 2030 verpflichtend Energieaudits durchführen müssen. Dabei müssen die Mitgliedstaaten bis 31. Dezember 2040 sicherstellen, dass der jährliche nationale Endenergieverbrauch aller kommunalen Kläranlagen durch die Erzeugung von Erneuerbaren Energien gedeckt ist (50 % bis 2030). Insbesondere mit der gleichzeitigen Verpflichtung zum Ausbau auf die vierte Reinigungsstufe ist dies aus Sicht der Bürogemeinschaft „eine sehr ambitionierte und widersprüchliche Zielvorgabe“. Unklar sei, wo die zu kompensierende Energie erwirtschaftet werden soll, da dies in den Anlagen selbst nur begrenzt möglich ist.

Vierte Reinigungsstufe in Bayern kaum umgesetzt

In Sachsen und Bayern sei die vierte Reinigungsstufe bislang kaum umgesetzt worden, heißt es in dem Papier. Die investiven Kosten für eine Nachrüstung werden allgemein als enorm eingestuft, ebenso die laufenden Betriebskosten durch einen erheblichen Mehrbedarf an Energie. Gleichzeitig orientiere sich das nationale und nun auch europäische Recht an künftig energieneutralen Kläranlagen.

Kostenberechnungen zeigten, dass solche Maßnahmen ohne nachhaltige staatliche Förderung zu deutlichen Gebührenerhöhungen führen werden. Zudem fehle es an einer ausführlichen wissenschaftlichen Aufbereitung des gesamten Abwasserzyklus, damit auch die „Nebenprodukte“ identifiziert werden können. So sei man in der Fachwelt derzeit von der Einführung einer vierten Reinigungsstufe nicht gänzlich überzeugt, da durch Ozonierung und Aktivkohle problematische Nebenprodukte entstehen können.

Für die von der Kommission vorgeschlagene weitere Erhöhung der Anforderungen an Kläranlangen bzgl. der Reduktion von Nährstoff- und Spurstoffeinträgen müsse sorgfältig geprüft werden, welche Anlagen konkret für eine wirksame Spurenstoffreduzierung im Sinne von Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit geeignet sind. Hierzu bedürfe es klarer Kriterien unter Berücksichtigung der Situation vor Ort, um für die Betreiber die notwendige Planungssicherheit und Investi-
tionssicherheit zu gewährleisten.

Maßgeblich aus kommunaler Sicht ist auch der Umstand, dass die EU-Mitgliedstaatenverpflichtet werden sollen, als Beitrag zur öffentlichen Gesundheit ein nationales System zur Überwachung kommunaler Abwässer einzurichten. „Es obliegt den Mitgliedstaaten, wie dies organisiert wird und welche Daten dafür erhoben werden sollen. Konkret wird jedoch vorgeschrieben, dass mindestens 70 % der nationalen Haushalte auf Nachweise von Coronaviren (Covid) überwacht werden müssen, bis diese keine Gefahr mehr für die Bevölkerung darstellen. Anlagen über 100.000 EW müssten zudem auf Antibiotikaresistenzen in den kommunalen Kläranlagen überprüft werden“, erläutern die Europabüros.

Abwasser-Monitoring

Das Abwasser-Monitoring sei grundsätzlich eine wichtige Aufgabe, um etwa auch Verursacherbereiche (Landwirtschaft – Stadtentwässerung) belegen zu können. Das Festlegen auf 70 % der Haushalte sei jedoch wissenschaftlich ebenso wenig begründet wie das Kriterium der Einschätzung der Covid-Gefahrenlage. In diesem Zusammenhang müsse auch unmittelbar im EU-Recht klargestellt werden, dass diese gesundheitsrechtlichen Pflichten nicht mehr zum Aufgabenkreis der Wasserdienstleistungen zählen und damit auch nicht mehr zum originären Aufgabenkreis der abwasserbeseitigungspflichtigen Körperschaften und Unternehmen. Insofern könne darauf nicht der Kostendeckungsgrundsatz nach § 6a WHG, der zwingendes EU-Recht in nationales Recht transformiert hat, zur Anwendung gelangen.

„Es handelt sich um eine gesundheitsrechtliche Aufgabe, die durch den Mitgliedstaat zu finanzieren ist und nicht durch den Gebührenzahler“, betont die Bürogemeinschaft. Dafür seien auskömmliche Zuschüsse an die Aufgabenträger und Unternehmen vorzusehen.

DK

 

 

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