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(GZ-1/2-2023)
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► Pumpspeicherkraftwerke:

 

Ohne Energiespeicher keine Energiewende

Der Wirtschaftsbeirat Bayern widmete sich ein Mal mehr dem politisch so unbeliebten Thema: Wohin mit den zur falschen Zeit produzierten Unmengen Ökostrom und woher Strom nehmen, wenn die Sonne (zum Beispiel nachts und bei wolkenverhangenem Himmel) nicht scheint und/oder auch kein verwertbares Lüfterl für die Windräder weht, was ja erfahrungsgemäß öfters in der kühleren dunklen Jahreszeit vorkommt (Stichwort: Dunkelflaute). Das Zauberwort heißt Energiespeicherung im großen Stil. Der parteiübergreifende kleinste gemeinsame Nenner ist die Einsicht, dass ohne die Bereitstellung von Energiespeicherkapazitäten eine erfolgreiche Energie- und Klimawende Wunschdenken bleibt. Zu klären, wie, wann und wo diese Speicher herkommen sollen, ist eine wichtige Aufgabe der Bundespolitik.

Eine bewährte und ökologisch akzeptable Technik gäbe es in Form von hoch effizienten Pumpspeicherkraftwerken, wie sie vor allem auch in Österreich betrieben werden. Aus welchen technischen, ideologischen und wirtschaftlichen Gründen die Kapazitäten der deutschen Pumpspeicheranlagen zu gering sind, mag dahin gestellt bleiben. Fakt ist, dass versorgungssichernde Stromspeicherkapazitäten nicht annähernd vorhanden sind. Allein im sonnigen Bayern steht eine installierte Photovoltaikleistung von über 18.000 Megawatt (das entspricht rund 12 Kernkraftwerken Isar 2), die bestenfalls bis zu 1.500 Volllaststunden Stromerzeugung pro Jahr schaffen (im Bundesdurchschnitt ein gutes Drittel weniger; demgegenüber laufen deutsche Kernkraftwerke rund 8.000 Volllaststunden (bei 8.760 Stunden im Jahr)). Dr. Albrecht Schleich, Vorsitzender des Ausschusses Energie- und Rohstoffpolitik beim Wirtschaftsbeirat Bayern, lud daher kompetente Gesprächspartner zu einem hochkarätig besetzten Auditorium in München ein.

Dr. Karl Heinz Gruber, Geschäftsführer und Vorstand der österreichischen Verbund-Wasserkraftgesellschaften in Österreich und Deutschland, referierte zur Wasserkraft und deren Speichermöglichkeiten in Energiespeichern wie dem 300-Megawatt-Projekt Riedl, südlich von Passau. Das Vorhaben steckt mitten im behördlichen Genehmigungsverfahren und erfreut sich breiter politischer Unterstützung; nur der Bund Naturschutz Bayern und einzelne Bewohner vor Ort opponieren. Gruber ist überzeugt, dass mit der jahrzehntelangen Erfahrung seines Unternehmens beim Bau und Betrieb von großen Wasserkraft- und Pumpspeicheranlagen und den zahlreichen Ausgleichsmaßnahmen im Bereich Naturschutz das Projekt Riedl ökologisch voll und ganz vertretbar ist und außerdem dem aktuellen Stand der Pumpspeicher-Technik entspricht.

Energiespeicher Riedl

Seit über zehn Jahren läuft das Planungs- und Genehmigungsverfahren. Die Anlage ist so konzipiert, dass sie Netzsystemdienstleistungen perfekt erbringen kann. Zwei getrennt arbeitende, hochmoderne Pump- und Turbinensätze können innerhalb von 20 bis 30 Sekunden vom Hochpumpen des Wassers in das Oberbecken (Pumpbetrieb) auf Stromerzeugung (Turbinenbetrieb) - und umgekehrt – umschalten. Der Wirkungsgrad liegt dabei bei rund 80 Prozent. Die Technik ermöglicht es, die starken Schwankungen im Netz durch die unregelmäßige Einspeisung vornehmlich von Solarstrom hocheffizient auszugleichen. Der Stauraum des Donaukraftwerks Jochenstein fungiert als Unterbecken. Die mittlere nutzbare Fallhöhe im unterirdischen Triebwasserstollen zwischen dem Oberbecken in einer landwirtschaftlich genutzten Geländemulde oberhalb der streng geschützten Donauleiten und dem Stauraum Jochenstein beträgt rund 330 Meter.

Zahlreiche ökologische Ausgleichsmaßnahmen, wie z.B. die Schaffung von Strukturen für Reptilien und Vögel oder der Bau von Amphibien-Habitaten, die als CEF-Maßnahmen zum Teil schon im vergangenen Jahrzehnt umgesetzt wurden, schaffen einen Mehrwert für die regionale Natur. Auch ist der Bau eines weitläufigen Umgehungsgewässers als Organismuswanderhilfe mit dem Leitfisch Wels um das Flusskraftwerk Jochenstein im Genehmigungsverfahren.

Angesichts der aktuellen Energiekrise stellt sich zum Thema Riedl die Gretchenfrage: wann, wenn nicht jetzt ist der Zeitpunkt, das Projekt Riedl zeitnah umzusetzen, wenn die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen stimmen; insofern hofft Gruber, dass nach dem öffentlichen Erörterungstermin in diesem Jahr der positive Planfeststellungsbeschluss 2024 erteilt wird.

An der Notwendigkeit von Riedl wollte Dr. Johann Niggl, Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, keinen Zweifel lassen. Er beleuchtete die derzeit bestehende politisch relevante Position im Freistaat zur Wasserkraft und zur Energiespeicherung mittels Pumpspeicherkraftwerken. Sie sind ein wichtiger Teil für das Funktionieren der geplanten Energiewende, denn sie bieten große Speicherkapazitäten für erneuerbare Kilowattstunden, die sonst ungenutzt verloren gehen. Jede Kilowattstunde zählt und hilft der Stabilität der Stromnetze. Die grundlastfähige Wasserkraftnutzung und ihr Ausbau könnte dafür ein wesentlicher Baustein sein. Die Forderung mancher NGOs, auf die Nutzung bzw. den Ausbau der in Bayern im nennenswerten Umfang konstant verfügbaren regenerativen Wasserkraft zu verzichten, ist nicht nachvollziehbar. Keine Energieform bringt so viel Zusatznutzen für die Gesellschaft wie die Wasserkraft.

JK

 

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