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(GZ-21-2022)
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► Sonderdruck - 8. Bayerisches WasserkraftForum in Gersthofen:

 

Wasserkraft als unverzichtbare Säule für die Energiewende in Bayern

Dr. Johann Niggl, STMWI

Die neuerwachte Wertschätzung der Wasserkraft im Freistaat machte Dr. Johann Niggl, Abteilungsleiter für Erneuerbare Energien und Energiedialog im Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, in seinem Eröffnungsreferat auf dem 8. Bayerischen WasserkraftForum der Bayerischen GemeindeZeitung deutlich. Demnach ist die Wasserkraft eine zuverlässige Energiequelle in Bayern, die unverzichtbar zum Gelingen der Energiewende beiträgt. Sie ist neben der Biomasse die einzige grundlastfähige, rund um die Uhr verfügbare Stromerzeugungsquelle, die nach der Abschaltung der Kernkraftwerke im Freistaat noch CO2-freien Strom produzieren wird. Weitere Vorzüge sind die Schwarzstartfähigkeit und Schaffung von regionalen Versorgungsinseln nach einem Blackout sowie die Stabilisierungsfähigkeit des Stromnetzes durch die Wasserkraft.

Dr. Johann Niggl
Dr. Johann Niggl

Der russische Überfall auf die Ukraine mit noch immer unabsehbaren Folgen auf die sichere Energieversorgung für Wirtschaft und täglichen Bedarf führt die Bedeutung erneuerbarer Energie drastisch vor Augen. Umso deutlicher positionierte Niggl dabei die heimische Wasserkraft als einen Garanten für Klimaschutz, regionale Versorgungssicherheit und eine klimagerechte, bezahlbare und verlässliche Energieversorgung aus erneuerbarer Energie.

Um aber das vorhandene Ausbaupotenzial der Wasserkraft in Bayern zu heben, ist es allerdings unvermeidlich, dass die bisweilen fest zementierten Ansichten gegen die Nutzung der Wasserkraft hinterfragt werden, schließlich gibt es auch bei einer Traditionsenergie wie der Wasserkraft Fortschritte hin zu einer ökologisch verträglicheren Nutzung mit weniger Eingriffen in die Umwelt.

Die Wasserkraft ermöglicht einen gleichbleibenden Strom an Energie, was bei Wind und Sonne nicht in dieser Weise der Fall ist. Eine Energieform wie Wasserkraft ist notwendig, und sie trägt mit 12,5 Milliarden Kilowattstunden im langjährigen Mittel ganz wesentlich zur Versorgung mit erneuerbaren Energien in Bayern bei (Jahresstrom-erzeugung aus erneuerbaren Energien in Bayern insgesamt: etwa 40 Milliarden kWh).

Die Wasserkraft in Bayern ebenso gut zu nutzen wie alle anderen verfügbaren erneuerbaren Energien ist eine wichtige Antwort auf energiepolitische Abhängigkeiten. Erneuerbare Energien sind damit nicht nur Heimatenergien, sie sind auch Freiheitsenergien. Die Antwort auf Abhängigkeiten kann nur sein, soviel „saubere“ Energie vor Ort zu erzeugen und zu nutzen, wie irgend möglich. Dabei kommt der Wasserkraft und insbesondere auch der kleinen Wasserkraft eine wesentliche Rolle zu.

Wasserkraftnutzung ist für Bayern systemrelevant. Insofern ist es ein großes Glück für Deutschland, besonders aber auch für Bayern, dass die jüngsten, existenzbedrohenden Planungen gegen die Wasserkraftnutzung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2023) eine Minute vor 12 Uhr abgewendet werden konnte. Dieses sogenannte Osterpaket drohte zu einem Danaergeschenk zu werden, das vor allem der für Bayern so wichtigen Wasserkraft buchstäblich das Wasser abgedreht hätte.

Dank des unermüdlichen Engagements von bayerischer Politik und Wirtschaftsverbänden bleibt die Wasserkraft im EEG 2023 gleichberechtigt mit den anderen erneuerbaren Energien von überragendem öffentlichem Interesse. Dieser gesetzlich festgeschriebene Status bedeutet für die Wasserkraftbetreiber künftig eine entsprechende Verantwortung im Sinne einer Nach- bzw. Neujustierung ausgewogener ökologischer, ökonomischer und sozialer Projektlösungen. Insbesondere auch die zuständigen Behörden müssen sich entsprechend dem neuen EEG 2023 in ihren Genehmigungsverfahren für die Wasserkraftnutzung bewegen und anpassen.

Niggl wies darauf hin, dass der künftige Ausbau auch der kleinen Wasserkraft zudem von einem Urteil des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 23. März 2022 (https://bit.ly/3DqFans) gestützt werden sollte, nach dem jeder kleine Beitrag, auch der Kleinste, der zur CO2-Minderung und zum Klimaschutz beiträgt, zählt.

Umso mehr zeigte Niggl seine Irritation über die stets wiederholte Kritik durch Wasserkraftgegner, dass die kleine Wasserkraft ja nur zu einem geringen Prozentsatz zu den erneuerbaren Energien beitragen, dafür aber unverhältnismäßig großen Umweltschaden anrichten. Diese nicht nachvollziehbare Haltung der Wasserkraftgegner, dass die Wasserkraft der Ursprung allen Übels für die Fischfauna sein soll, bleibt für Niggl rätselhaft. Allerdings sind Proteste bei allen Vorhaben inzwischen state of the art und Teil des Meinungsbildungsprozesses in Deutschland. Für die Wasserkraft bedeutet der Widerstand, dass die Hebung der vorhandenen Ausbaupotenziale sehr beschränkt bleibt. Ein signifikanter Quantensprung zur Steigerung der Wasserkraftproduktion wird nicht gesehen.

Unabhängig davon unterstützt das Bayerische Wirtschaftsministerium seit vergangenem Jahr im Rahmen eines Förderprogramms mit maximal 200.000 Euro pro Anlage bzw. 25 Prozent der zuwendungsfähigen Ausgaben die umweltverbessernde Modernisierung und den Ausbau von Kleinen Wasserkraftanlagen. Demnach werden die erforderlichen ökologischen Anpassungsmaßnahmen gefördert, wenn nach der Modernisierung mindestens 10 Prozent mehr Strom produziert werden kann. Die Wasserkraftbetreiber sollten Niggl zufolge das Förderprogramm nutzen und damit die Bedeutung der Kleinen Wasserkraft für Bayern erhöhen.

Ziel aller Maßnahmen in der Kleinen wie der Großen Wasserkraft ist es, eine Anhebung der Stromproduktion aus Wasserkraft um mindestens eine Milliarde Kilowattstunden pro Jahr zu erreichen. Daneben ist laut Niggl vorgesehen, den Photovoltaikanteil an der erneuerbaren Stromerzeugung von derzeit 15 Milliarden Kilowattstunden bis 2030 auf rund 40 Milliarden Kilowattstunden auszubauen, die Anzahl der Windkraftanlagen, laut dem Ministerpräsidenten, um rund 800 zu erhöhen und die Biomassenutzung in begrenztem Rahmen von zehn auf elf Milliarden Kilowattstunden zu steigern.

Niggl verwies darauf, dass die Wasserkraft einen wichtigen Zusatznutzen für die Gesellschaft bringt. Als Beispiel nannte er die Bedeutung der kleinen Wasserkraft gerade auch für Kommunen im Falle eines längeren flächeneckenden Stromausfalls, denn mit Hilfe der örtlichen Wasserkraftkapazitäten kann das Stromnetz regional stabilisiert und die Stromversorgung regional-punktuell wieder aufgebaut werden. Das ist eine nicht zu unterschätzende Stärke gerade auch der kleinen Wasserkraft, die man stärker in die Köpfe der Menschen vor Ort bringen müsste, so Niggl an die Betreiber der kleinen Wasserkraftwerke.

Unabhängig von den „Zahlenspielereien“ über die schon erreichten Anteile erneuerbarer Energien an der Energieversorgung in Bayern stellte Niggl klar, dass es noch ein weiter Weg zum Ziel ist, unseren Energiebedarf tatsächlich komplett mit erneuerbaren Energien zu decken. Dafür müssten vor allem auch zahlreiche ideologische Gräben überwunden werden, die die Energien in gute und schlechte einteilen. Vielmehr kann unser Land auf keinerlei erneuerbare Energieformen verzichten.

 

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