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(GZ-20-2022)
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► DSGV-Pressekonferenz:

 

„S-Mittelstands-Fitnessindex“

Die mittelständischen Unternehmen hierzulande leiden massiv unter den aktuellen Energiepreisen. Besonders für die energieintensiven Betriebe bedeutet das einen massiven und oft allein nicht zu bewältigenden Anstieg bei den Produktionskosten. „Auch Unternehmen, die an sich grundsolide aufgestellt sind, könnten an ihre Belastungsgrenze kommen. Wenn wir gemeinsam die wirtschaftliche Bedrohung durch Russland bestehen wollen, dann benötigen diese Unternehmen Hilfe“, betonte Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, in Berlin bei der Vorstellung des S-Mittelstands-Fitnessindex. Für die Publikation wurden die anonymisierten Unternehmensbilanzen des Jahres 2021 von mehr als 300.000 Firmenkunden der Sparkassen-Finanzgruppe ausgewertet.

Schleweis wies darauf hin, dass sich in der Corona-Phase öffentliche Förderprogramme als sehr effizientes Hilfsmittel erwiesen hätten. Wegen der Vielzahl der betroffenen Unternehmen sei jetzt aber eine klare Begrenzung der Energiepreise das wirksamste Mittel zur Unterstützung. Die wichtigste Aufgabe der Wirtschaftspolitik sei es deshalb, die Strom- und Gaspreise nach oben zu begrenzen und dafür zu sorgen, dass der Strompreis nicht mit einem politischen Gaspreis davongaloppiert.

Zugleich forderte der DSGV-Präsident konsequentes Sparen von Energie in Unternehmen und in Privathaushalten. „Wenn wir alle unsere industrielle Basis in Deutschland – und damit Arbeitsplätze – schützen wollen, dann müssen sowohl Unternehmen wie Privathaushalte im Durchschnitt mindestens 20 Prozent Energie einsparen. Jede nicht verbrauchte Kilowattstunde Strom, jeder nicht verbrauchte Kubikmeter Gas entlastet die eigenen Kosten, steigert die Versorgungssicherheit im kommenden Winter, sichert Arbeitsplätze und reduziert zugleich im Sinne des Klimaschutzes den Ressourcenverbrauch. Wir plädieren dafür, dass Wirtschaft und Politik dies gemeinsam noch viel deutlicher kommunizieren“, unterstrich Schleweis.

Aus seiner Sicht ist spätestens jetzt der richtige Zeitpunkt, massiv in die Unabhängigkeit von fossilen Energien zu investieren. Dies gelte für die Unternehmen, aber eben auch für Privathaushalte. „Die Energiekosten werden hoch bleiben, solche Investitionen rechnen sich in aller Regel schon nach wenigen Jahren – und sie helfen dem Klima.“

Gutes Rüstzeug

Schleweis wies darauf hin, dass die mittelständischen Unternehmen in Deutschland für die anstehenden Aufgaben gut gerüstet sind. Sie hätten das Kapital zur Verfügung, das für die anstehenden Investitionen nötig ist: Im Durchschnitt beträgt die Eigenkapitalquote knapp 40 Prozent. Daneben stehe eine sichere Kreditversorgung – rund 42 Prozent des Kreditvolumens für Unternehmen und Selbstständige allein aus der Sparkassen-Finanzgruppe.

Allein im ersten Halbjahr 2022 wurden rund 60 Mrd. Euro an neuen Firmenkrediten zugesagt – ein Zuwachs von 19 Prozent. Aktuell verzeichneten die Sparkassen in vielen wichtigen Transformationsbranchen nicht nur hohe Neuzusagen, sondern auch wachsende Kreditbestände, wie der Präsident darlegte: Für die wirtschaftsnahen Dienstleister, darunter Forschung und Entwicklung, Information und Kommunikation, erhöhten sich die Bestände im ersten Halbjahr um 3,8 Prozent, für das Verarbeitende Gewerbe um 3 Prozent. Im Baugewerbe steht ein Zuwachs der Kreditbestände von fast 5 Prozent zu Buche – noch einmal deutlich mehr als im ebenfalls sehr starken Vorjahr.

Solide Aufstellung

Insgesamt wuchsen bei den Sparkassen die Bestände an Gewerbe- und Unternehmenskrediten im ersten Halbjahr 2022 um 3,8 Prozent bzw. 19 Mrd. Euro auf insgesamt 515 Mrd. Euro. „Wir bekennen uns klar dazu, die notwendige Transformation in den Unternehmen – und auch in den Privathaushalten – zu finanzieren und dazu alle unsere Kräfte einzusetzen. Die Sparkassen-Finanzgruppe ist dazu sehr solide aufgestellt. Und auch die Zinswende der Europäischen Zentralbank wird sich erst auf lange Sicht als wesentlicher Faktor in der Kostenstruktur der Unternehmen auswirken. Schließlich sind über 80 Prozent der Sparkassenkredite an Unternehmen und Selbstständige langfristige Kredite mit einer Laufzeit von mehr als fünf Jahren“, machte Schleweis deutlich und ergänzte: „Die große Mehrheit unserer Firmenkundenexperten bestätigt dies aus der Kenntnis der konkreten Unternehmen. Danach wird die Ertragslage primär beeinflusst von den Entwicklungen der Materialpreise und von Lohnsteigerungen. Für einzelne Branchen, etwa die kapitalintensive Immobilienbranche, sind steigende Zinsen allerdings durchaus eine ernstzunehmende Herausforderung.“

Ein enorm wichtiger Faktor für den deutschen Mittelstand und insbesondere für konsumnahe Branchen werde in den nächsten Monaten die Einkommenssituation und die Konsumneigung der privaten Haushalte sein. Die erheblichen Preissteigerungen der vergangenen Monate seien ein massiver Dämpfer: Bei den aktuellen Preissprüngen benötigten eigenen Berechnungen zufolge 60 Prozent der Haushalte ihre gesamten monatlichen Einkünfte und mehr, um die laufenden Ausgaben zu decken. Haushalte mit monatlichen Nettoeinkommen unter 3.600 Euro werden am Monatsende kein Geld mehr übrighaben und Lücken teilweise durch eigene Ersparnisse ausgleichen müssen. Für Gastgewerbe, Tourismus, Einzelhandel und andere persönliche Dienstleister bedeute das, dass sie sich auf massive Änderungen im Kundenverhalten einstellen müssen.

Fazit: „Die Unternehmen und das Land als Ganzes stehen vor einer enormen Kraftanstrengung: Energie sparen, Energie effizienter einsetzen und sich unabhängiger machen von fossiler Energie – das ist die eine große Herausforderung“, so der DSGV-Chef. Die andere bestehe in der Neuaufstellung der Lieferketten, der Diversifizierung der Lieferbeziehungen und dem Knüpfen neuer globaler Geschäftsbeziehungen. Diese Herausforderung müsse Hand in Hand gehen mit einer Neudefinition der globalen Wirtschaftspolitik Europas und Deutschlands. „Wir müssen jenseits von Diktaturen und Autokratien mehr Handelsbeziehungen knüpfen und uns international breiter aufstellen.“

Mit der aktuellen Krise entschlossen und klug umzugehen, bedeute zugleich, künftigen Krisen vorzubeugen sowie Wohlstand und Lebensqualität langfristig zu sichern. Die deutschen Unternehmen, vor allem der Mittelstand, trage maßgeblich zur Krisenresilienz Deutschlands bei. „Nur mit ihm wird es eine erfolgreiche ökologische und energetische Transformation geben. Die Sparkassen stehen dabei klar und verlässlich an der Seite der mittelständischen Unternehmen“, stellte Schleweis fest.

DK

 

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